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Noah: Thriller (German Edition)

Noah: Thriller (German Edition)

Titel: Noah: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sebastian Fitzek
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erzählt, nur dass er sich das Dasein auf der Straße freiwillig ausgesucht habe. In Anbetracht ihrer menschenunwürdigen Situation konnte er das nicht begreifen.
    »Wieso lebst du so?«, fragte er Oscar deshalb nicht zum ersten Mal, seitdem das Schicksal sie zusammengeführt hatte.
    »Ist eine lange Geschichte«, bekam er als Antwort zu hören. »Lass mich jetzt bitte schlafen, ja?«
    »Hat es etwas mit der Frau zu tun?«
    »Mit welcher Frau?«, stieß Oscar krächzend hervor, der sich nun doch gezwungen sah, sich unter lautem Papiergeraschel zu Noah herumzudrehen. Seine Ohren waren rot, als wäre er beim Lügen ertappt worden.
    »Die auf dem Foto, das du ständig bei dir trägst.«
    Noah zeigte auf den Hals seines Begleiters. Momentan wurde die silberne Kette vom Kragen des Pullis verdeckt, und das Medaillon, das an ihr hing, war ebenfalls nicht zu sehen.
    Das Blut schoss Oscar jetzt auch in die Wangen. »Hast du etwa geschnüffelt, du mieser, kleiner …«
    »Du klappst das Ding jeden Abend auf und küsst die Innenflächen des Amuletts, bevor du einschläfst«, fiel Noah ihm ins Wort. »Man muss wahrlich kein Sherlock sein, um zu ahnen, was es mit diesem Ritual auf sich hat.«
    Kaum hatte er es ausgesprochen, wunderte er sich, weshalb fiktive Namen von Romanfiguren in seinem Kopf gespeichert waren, der eigene hingegen nicht. Aber vielleicht war Oscar ja nicht nur Arzt, sondern auch Psychiater und konnte ihm dieses medizinische Phänomen irgendwann erklären.
    Dazu allerdings müsste der sture Hund endlich mal etwas mehr von sich preisgeben.
    Apropos Hund …
    Toto hob gerade den Kopf aus der Schüssel und schüttelte sich, als wäre er aus einem Bad im See gekommen.
    »Na, keinen Appetit mehr?«
    »Ja, genau. Kümmere dich mal lieber um den Köter, und lass mich in Ruhe«, blaffte Oscar und drehte sich wieder zur Wand, unverkennbar froh darüber, das Gespräch an dieser Stelle beenden zu können.
    Noah wollte noch etwas erwidern, aber dann machte Toto Anstalten, sich von ihrem Lager entfernen zu wollen, also nahm er ihn wieder hoch, kraulte ihn unter dem winzigen Kinn und legte ihn auf seinem Bauch ab. Der wilde Herzschlag des Welpen war selbst unter seiner dicken Jacke noch zu spüren. Toto schien seinen neuen Besitzer das erste Mal bewusst wahrzunehmen und musterte ihn aus großen Augen. Er wirkte erstaunt, aber gesättigt, im Gegensatz zu Noah, dem mit einem Mal der Magen knurrte.
    Kein Wunder.
    Das Letzte, was sie gegessen hatten, war der Döner heute früh, den sie von einem Teil ihres Pfandgelds erstanden und geteilt hatten. Noah überlegte kurz, ob er Oscar, der ihr Geld verwaltete, noch einmal um einen Euro bitten sollte, damit er sich etwas aus einem Automaten ziehen konnte. Aber er bezweifelte, dass Oscar auf eine weitere Ansprache reagieren würde. Außerdem wollte er das warme Knäuel auf seinem Bauch nicht wieder aufscheuchen. Schließlich ertappte er sich dabei, wie er die Hand vor den Mund hielt, weil er gähnen musste.
    Verdammt.
    Der Dicke ist nicht mal eingeschlafen, und ich mach jetzt schon schlapp.
    »Und nun?«, fragte er Toto, als ob der wüsste, wie man sich am besten wach halten konnte.
    Er griff sich die Zeitung, die er sich zurechtgelegt hatte, um sich später mit ihr zuzudecken. »Soll ich dir was vorlesen?«
    Toto atmete geräuschvoll aus und legte den Kopf auf beide Pfoten.
    »Ich nehme das mal als ein Ja.«
    Er schlug die erste Seite auf. »Interessierst du dich für Politik?«
    Neben ihm grunzte Oscar etwas unwirsch, und Noah begann zu flüstern, als er die erste Schlagzeile zitierte:
    »Europäische Gesundheitsminister beraten wegen der Manila-Grippe. In der kommenden Woche wollen die Gesundheitsminister von sieben europäischen Staaten in Brüssel zusammenkommen, um zu beratschlagen, wie man die Pandemie am besten . . .«
    Toto gähnte und räkelte sich dabei wie eine Katze auf Noahs Bauch.
    »Okay, okay. Langweilig. Verstehe. Also keine Politik. Lieber Sport?«
    Er blätterte weiter, konnte den Meldungen hier aber nichts abgewinnen. Fast die komplette Berichterstattung drehte sich um Fußball, eine Sportart, die in seinem früheren Leben wohl nicht zu seinen Steckenpferden gezählt hatte.
    »Hah, aber das hier hört sich doch interessant an, Kleiner.«
    Er hatte sich mittlerweile zur Rubrik Deutschland und die Welt vorgearbeitet.
    Wie ein Lottogewinn, den keiner abholt.
    Noah presste sein Kinn auf die Brust und sah dem Welpen direkt in die großen dunklen Augen, bevor er sich

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