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Nina, so gefällst Du mir

Nina, so gefällst Du mir

Titel: Nina, so gefällst Du mir
Autoren: Berte Bratt
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graute.
    Nina lag in ihrem Bett, das Gesicht in einem warmen, feuchten Kopfkissen vergraben. Sie schämte sich, und sie war unglücklich, und sie war enttäuscht – und so verzweifelt, so hoffnungslos verliebt. Ach, warum hatte sie dies denn auch sagen müssen mit den Eulen nach Rom? Warum hatte sie sich denn überhaupt in die Unterhaltung zwischen Kirsten und Gunnar eingemischt? Warum war sie so unbeschreiblich aufgedreht gewesen? Warum hatte sie so mit Nils und mit den anderen geflirtet, daß es sicherlich aufgefallen war? Warum hatte sie so albern geplappert, als sie mit Gunnar tanzte?
    Und warum war sie mit so viel Hoffnung auf dieses Fest gegangen, mit einer Hoffnung, daß Gunnar ihre Autofahrt neulich erwähnen würde…?
    Die Autofahrt, ja, wie war die zustandegekommen? Auf ihr eigenes Betreiben! War sie nicht drei Tage hintereinander auf dem Strandweg spazierengegangen, bis sie endlich Espetun und Gunnar erwischte?
    Hatte sie nicht selber die Sache mit dem Vielliebchen angefangen? Hatte sie nicht selber eine Autofahrt als Gewinn vorgeschlagen?
    Und wäre diese Fahrt überhaupt zustandegekommen, wenn Onkel Espetun nicht für Gunnar geantwortet hätte?
    Und war es nicht Herr Espetun, der ihr Gunnar auf dem Ball zum Tischherrn gegeben hatte – was der Anfang von allem gewesen war?
    Nina war ehrlich gegen sich selbst in dieser verzweifelten, schlaflosen Nacht, und das Resultat ihrer tränenüberströmten Ehrlichkeit war mehr als demütigend. Jedes Beisammensein mit Gunnar war durch sie selbst und Herrn Espetun veranlaßt worden. Gunnar hatte nie mit einem Blick gezeigt, geschweige denn mit einem Wort verraten, daß er sich aus ihr oder ihrer Gesellschaft etwas machte.
    So war es – so schrecklich war es!
    Und im Grunde hatte sie es die ganze Zeit gewußt. Darum hatte sie angeläutet, als sie wußte, daß Gunnar nicht zu Haus war. Darum hatte sie es so eingerichtet, daß Frau Espetun die Einladung zum Fest der Haushaltungsschule überbringen sollte; denn wenn sie von der Tante kam, konnte er schlecht nein sagen…
    Ein Glück, daß er von dieser Einladung nichts wußte. So war ihr doch immerhin die Demütigung einer Absage erspart geblieben.
    Ach, warum – warum konnte sie sich diesen Jungen nicht aus dem Kopf schlagen? Diesen kalten, unpersönlichen Jungen, der nie ein heiteres und freundliches Wort für sie hatte, nur Gleichgültigkeit und obendrein noch Spott?
    Nina biß sich auf die Lippen, und die Tränen kullerten von neuem.
    Nur ein einziges Mal hatte sie Weichheit in seinem Blick bemerkt, hatte sie Wärme in seiner Stimme gehört – als er mit einem blinden Kind sprach.
    Ein blindes Kind – ja, in einem einzigen Augenblick hatte Gunnar ihr ein wenig Vertrauen gezeigt, ihr etwas erzählt, das ihn selbst betraf: „Ich habe eine kleine Schwester in der Blindenschule!“
    Weshalb hatte er das erzählt? War es auf die kleine blinde Ellen zurückzuführen, daß sein Herz sich öffnete, so daß diese kleine Bemerkung herausschlüpfte, ehe er sich wieder verschloß?
    Gunnar hätte es ihr nicht zu erzählen brauchen, hätte ihr gegenüber diesen schmerzlichen Punkt nicht zu berühren brauchen. Weshalb hatte er das getan?
    Vielleicht – vielleicht – war es ein kleines Zeichen dafür, daß er trotzdem so etwas wie Vertrauen zu ihr hatte?
    Bei diesem mageren kleinen Trost hörten Ninas Tränen auf zu fließen. Sie klammerte sich in diesem Augenblick an die Erinnerung an seine Stimme, klammerte sich an den Gedanken, daß er ihr etwas über sich selbst erzählt hatte, sogar etwas, was in seinem Leben sicher viel bedeutete.
    Dann endlich schloß sie die Augen, und als die ersten Sonnenstrahlen durch den Vorhang fielen, war sie tief eingeschlummert.

Aus dem Feld geschlagen
     
     
    „Du ißt ja nicht“, sagte Frau Löge. Ihre Augen ruhten auf der Tochter, die blaß und still beim Mittagbrot saß und nur im Essen stocherte.
    „Ich habe keinen Appetit, Mama. Mir tut der Magen weh, und mir ist so schlecht und…“
    „Aber, liebes Kind, du bist doch nicht etwa krank?“
    „Ach, ich weiß nicht. Aber ich kann nichts essen…“
    „Leg dich ein bißchen aufs Sofa. Ich mache dir eine Wärmflasche zu recht.“
    Die Mutter umhegte und pflegte die Tochter. Die Wärme tat gut. Etwas später fühlte Nina sich wieder frisch.
    Aber am nächsten Tag kam die Übelkeit wieder, stärker, und sie vermochte nicht ans Essen auch nur zu denken.
    „Ich glaube, du legst dich lieber ins Bett, mein Kind“, sagte die Mutter.
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