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Nick Stone 06 - Feind ohne Namen

Nick Stone 06 - Feind ohne Namen

Titel: Nick Stone 06 - Feind ohne Namen
Autoren: Andy McNab
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ein Jahresgehalt von zweiundachtzigtausendfünfhundert Dollar, wohnte mietfrei und erhielt nach jedem Einsatz eine Barprämie ausbezahlt. Das war finanziell weit lohnender, als für eine Pauschale von zweihundertneunzig Pfund am Tag als K für die Firma zu arbeiten. Als Hot-Black-Angestellter hatte ich eine Sozialversicherungsnummer bekommen und musste sogar Einkommensteuererklärungen abgeben. Das gab mir die Chance, ein fast normales Leben zu führen. Seit Georges Tochter Carrie mir den Laufpass gegeben hatte, hatte ich sogar ungefähr sechs Wochen lang eine neue Freundin gehabt. Sie war Bezirksleiterin des Dessousherstellers Victoria’s Secret für Washington, D.C. und Virginia, und wir wohnten im selben Apartmentgebäude. Wir hatten viel Spaß miteinander, bis ihr Mann beschloss, einen Versuch zu machen, ihre Ehe doch noch zu retten. Wahrscheinlich fehlten ihm die kostenlosen Musterexemplare, die sie immer mit nach Hause brachte.
    Ich zahlte sogar in einen Pensionsfonds ein. Das war eine der Methoden, wie George mir zusätzliches Geld zukommen lassen konnte, ohne dass die reale Welt etwas davon merkte: Wer heutzutage mit zwanzigtausend Dollar in bar bei einer Bank aufkreuzte, bewirkte mehr als nur ein paar hochgezogene Augenbrauen. Zum ersten Mal im Leben begann ich, mich finanziell ein wenig abgesichert zu fühlen.
    Der Aufzug kam herunter, öffnete sich mit einem Klingelzeichen, und ich stieg ein und drückte auf den Knopf für den zweiten Stock.

 
5
    Ich wusste noch immer nicht genau, bei welcher militärischen oder staatlichen Dienststelle George arbeitete und wer folglich mein Gehalt zahlte, aber ich dachte nicht daran, mich darüber zu beschweren. Seit ich mich auf Gedeih und Verderb mit ihm zusammengetan hatte, war ich sehr beschäftigt gewesen: Im vergangenen Vierteljahr war ich zu »Überführungen« in Indien und Griechenland gewesen; die Zielpersonen waren drei mutmaßliche al-Qaida-Terroristen gewesen, die jetzt wahrscheinlich mit kahl rasierten Köpfen und in orangeroten Overalls durchs Gefangenenlager Guantanamo Bay schlurften.
    Ich trank meinen Kaffee aus, als die Aufzugtür sich wieder hinter mir schloss, und ging den Korridor entlang nach links zu den Hot-Black-Büros. Dies war eine Welt aus glänzenden schwarzen Marmorwänden, Alabasterstatuen in Nischen und gleißend hellen Halogenspots in abgehängten Decken. Der erst vor kurzem renovierte Korridor roch intensiv nach dem hochflorigen Teppichboden. Hot Black Inc. war wirklich keine schäbige kleine Briefkastenfirma.
    Ich stieß die zweiflüglige Rauchglastür auf und betrat den menschenleeren Empfangsbereich. Ein großer, glänzend polierter Refektoriumstisch diente als Empfangstheke, aber er war unbemannt. Links davon stand ein gläserner Couchtisch zwischen zwei langen roten Samtsofas. Nirgends war auch nur eine Tageszeitung oder ein Exemplar von Marketing Monthly in Sicht. Auch auf dem Tisch stand nur ein Telefon. Selbst der große, umgekehrt aufgesetzte Plastikbehälter des Trinkwasserspenders fehlte; auf dem Wandregal neben ihm standen jedoch sechs schöne Kristallgläser.
    Ich ging zur Tür des Chefbüros weiter: hoch, tiefschwarz glänzend und massiv. Als ich sie fast erreicht hatte, wurde sie von innen aufgerissen. George machte ohne ein Wort der Begrüßung auf dem Absatz kehrt und ging mit großen Schritten zu seinem Schreibtisch zurück, der gut zehn Meter entfernt vor einem Fenster stand. Die Eisen an seinen Absätzen klackten übers Ahornparkett. »Sie kommen zu spät. Ich habe sieben Uhr gesagt.«
    Ich hatte gewusst, dass er das sagen würde. George war vermutlich um fünf aufgestanden und hatte seinen Morgenlauf gemacht, ein Gebet über seinem gesunden Müsli gesprochen und das Haus pünktlich zur vorgesehenen Zeit verlassen. Nicht fünf oder zehn Minuten nach der vollen Stunde, das war nicht präzise genug und hätte Zeitverschwendung bedeutet. Vermutlich ging er um Punkt 6.11 Uhr oder so ähnlich aus dem Haus, um wie jeden Morgen um 6.55 Uhr im Büro zu sein.
    Ich schloss die Tür hinter mir. »Ja, ich weiß, tut mir Leid. Die Metro hatte Verspätung.«
    Er äußerte sich nicht dazu. Die Washingtoner Metro hatte nie Verspätung. Dass ich zu spät dran war, lag an der Warteschlange bei Starbucks und dem nicht allzu hellen Personal hinter der Verkaufstheke.
    Er kam hinter dem Schreibtisch hervor. »Wie heißt
    der?«
    »Café crème.«
    Das Fenster hatte eine Dreifachverglasung, sodass ich den Verkehr hinter der
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