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Nicht so laut vor Jericho

Nicht so laut vor Jericho

Titel: Nicht so laut vor Jericho
Autoren: Ephraim Kishon
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auf.
    Da ich aber unbedingt mit Zerkowitz sprechen muß, um die Telefonnummer seines Schwagers zu erfahren, hebe ich nach einer Weile den Hörer wieder ab und wähle die Nummer 72 95 56. Diesmal, Wunder über Wunder, höre ich sofort die Stimme der Telefonistin:
    »Naftali soll das Paket spätestens um vier Uhr abholen«, sagt sie. »Ich denke nicht daran, mich damit abzuschleppen, jetzt mußt du mich entschuldigen, hallo, 72 95 56, guten Morgen.«
    Nur mit Mühe gelingt es mir, die Spinnweben von meinem Gedächtnis zu entfernen. Ich kann mich nicht erinnern, das Telefonfräulein jemals um den Transport eines Pakets gebeten zu haben. Das ist Naftalis Sache. Er soll es um vier Uhr abholen oder meinetwegen um halb fünf, mich geht das nichts an. Ich beherrsche mich und sage abermals:
    »Hallo, ich warte auf Herrn Zerkowitz.«
    »Auf wen?!«
    »Zer-ko-witz.«
    »Und wer wünscht mit ihm zu sprechen?«
    Jetzt will sie es plötzlich wissen. Beim ersten Anruf bin ich ihr noch durchs Netz geschlüpft, jetzt aber muß irgend etwas in meiner Stimme ihr immer waches Mißtrauen erregt haben. Ich überlege, womit ich sie beeindrucken könnte. Vielleicht: ›Hier spricht die Elektrizitätszentrale, Dr. Schönfeld, Herr Zerkowitz wird sich erinnern, ich bin einer seiner ältesten Jugendfreunde…‹ Und ich sage: »Hier Amnon.«
    Amnon kommt immer durch. Ich habe keine Erklärung dafür, aber es ist so. Man kann sich ja auch andere Dinge nicht erklären. Zum Beispiel: wie es möglich ist, daß dann und wann trotz allem eine Telefonverbindung zustande kommt.
    Diesmal kommt keine zustande. Alles, was ich höre, sind wieder die Stöpsel und anschließend die absolute Stille.
    »Hallo«, rufe ich. »Hallo.«
    Weit, weit entfernt, vielleicht auf einem andern Kontinent, zwitschert eine Frauenstimme auf Jiddisch. Ihr hat die Allgewaltige am Schaltbrett eine Chance gegeben. Mir nicht. Ich bin schlechter dran als Naftali. Ich bin verloren. Die Telefonistin hat mich hinter den Mond verbannt. Wären wir doch nur ein einziges Mal persönlich zusammengekommen, nach den Bürostunden, Hulda und ich – wir hätten uns sicherlich sehr gut miteinander verständigt, wir hätten eine gemeinsame Sprache gefunden, wohl auch gemeinsame Interessen, sie sieht ja ganz nett aus, wenn auch ein bißchen mager, wir würden uns gut miteinander vertragen, Heirat nicht ausgeschlossen, nur die Zeit kann es lehren… Aber wie die Dinge jetzt liegen, haben wir weder Gegenwart noch Zukunft. Sie ist eine Telefonistin und ich bin ein Telefonierer, sonst nichts. Einer von vielen. Es ist das reinste Katz- und Mausspiel. Nicht, als wollte ich ihr das übelnehmen, warum denn auch, im Gegenteil, ich hege für Hulda die größte Hochachtung, ihre Macht imponiert mir, nur schade, daß es zwischen uns keine Verständigungsmöglichkeiten gibt. Da kann man nichts andres tun, als den Hörer wieder auflegen, ein paar gotteslästerliche Flüche ausstoßen, den Hörer wieder abheben und die vierte, entscheidende Runde starten.
    »Fräulein«, sage ich mit spitzer Stimme, als Hulda nach einiger Zeit sich meldet. »Fräulein, warum lassen Sie mich eine halbe Stunde lang vergebens warten?«
    »Wer spricht?«
    »Amnon. Vor ungefähr einer Stunde habe ich Sie zum erstenmal gebeten, mich mit Herrn Zerkowitz zu verbinden.«
    »Er ist nicht hier.«
    »Warum sagen Sie mir das nicht?«
    »Ich sage es Ihnen ja.«
    »Warum haben Sie es mir nicht früher gesagt?«
    »Weil er früher noch hier war.«
    »Und jetzt ist er weg?«
    »Ja.«
    »Wann kommt er zurück?«
    »Weiß ich nicht.«
    »Wo ist er?«
    »Weiß ich nicht.«
    »Kann ich eine Nachricht für ihn zurücklassen?«
    »Es wäre besser, wenn Sie später noch einmal anrufen.«
    Das war zuviel für mich.
    »Was?« brüllte ich. »Was sagen Sie da?! Es wäre ›besser‹?! Mit Ihnen am Telefon etwas zu tun haben, ist das überhaupt Schlimmste auf Erden. Es würde mit meinem Selbstmord enden. Wenn ich Sie nicht vorher umbringe. Hören Sie?!«
    Aber es war wieder die vollkommene Stille, die mir aus dem Hörer entgegenschlug. Na schön. Dann werde ich eben später noch einmal anrufen.
     
     

Die Rache des Kohlrabi
     
     
    Noch um die Jahrhundertwende waren ein dicker Bauch und eine dicke goldene Uhrkette das Status-Symbol des Bürgers. Heute wünscht er nichts sehnlicher, als so mager zu sein, daß ihm die Armbanduhr ums Handgelenk schlottert. Das ist nicht leicht im Land wo Milch und Honig fließt. Von Palatschinken mit Schokoladefüllung
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