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Nextopia

Nextopia

Titel: Nextopia
Autoren: Micael Dahlén
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Fernsehbildschirmen auf aller Welt.
    Der Amtseid, den Barack Obama vor einem freudig erregten, nahezu hysterischen Millionenpublikum ablegt, kennzeichnet den Beginn seiner Präsidentschaftszeit und gleichzeitig das Ende seiner Regentschaft als beliebteste Führungspersönlichkeit aller Zeiten.
    Während der knapp acht Monate seiner Präsidentschaftskampagne erzeugte Barack Obama ein Interesse an seiner Person, wie es noch kein Politiker vor ihm erfahren hat. Tagtäglich fand er sich weltweit in Schlagzeilen und auf Titelseiten wieder, die 80 Millionen Google-Treffer zu seinem Namen waren fast das Doppelte von dem, was der noch regierende Präsident George W. Bush während seiner achtjährigen Amtszeit erreicht hatte.
    Anders als seine Rivalen um das Präsidentenamt und anders als alle vorhergehenden Präsidenten sagt Obama nichts über seine zurückliegenden Errungenschaften. Indem er sich als Präsident der Zukunft positioniert, gelingt es ihm, bei einer Umfrage der Washington Post sowohl von Amerikanern als auch im Ausland zum beliebtesten Präsidenten aller Zeiten gewählt zu werden – zwei Monate vor der Wahl, zwei Monate bevor er überhaupt zum Präsidenten gewählt worden ist.
    An jenem wunderschönen Januarmorgen seiner Vereidigung erreichen die Erwartungen ihren Höhepunkt, und sein Beliebtheitsgrad liegt bei rekordverdächtigen 83 Prozent. Im Frühling, weniger als 100 Tage nach diesem ruhmreichen Wintermorgen, wird der Beliebtheitsgrad des dann regierenden Präsidenten auf rekordverdächtige 28 Prozent gesunken sein.
    ERKENNEN SIE DAS MUSTER BEREITS? Oder möchten Sie erst noch etwas über Analverkehr lesen, bevor Sie eins und eins zusammenzählen?
    So wie Sie gerade die Erwartung hegen, bald etwas über Analsex zu lesen, erzeugten Menschen auf der ganzen Welt 75 Millionen Google-Treffer zu einem technischen Gerät, das gar nicht existierte. In einer Zeit, da Laptops, Smartphones und digitale Geräte dutzendweise zu haben sind, waren die Leute total verrückt nach dem einzigen Apparat, der ihnen nicht zur Verfügung stand. Millionen von Menschen begeisterten sich dafür und waren überzeugt, dies sei das beste Produkt, das sie je besessen hätten. Oder besser gesagt: das sie zu besitzen erwarteten.
    Genau wie die Erwartungen an ein nicht existierendes technisches Gerät die Menschen in Begeisterung versetzten, erzeugte das Versprechen einer Filmpremiere in vier Jahren unverzüglich Milliardenumsätze und hielt die Spielzeugbranche auf Trab. Da die Kinder der Zeit nicht vorgreifen konnten, wandelten sie ihre Erwartungen in den Konsum jedes flüchtigen Ausblicks um, den sie bis dahin erhaschen konnten.
    Und so wie die Kinder in Spielzeuggeschäften auf der ganzen Welt einen Blick in die Zukunft warfen, schauten die Menschen hoch zu dem Mann vor dem Washington Memorial, in der Erwartung, die größte Führungspersönlichkeit aller Zeiten zu sehen, den Mann ohne Vergangenheit, doch mit dem Versprechen einer Zukunft, die alles bisher Dagewesene in den Schatten stellen würde. Barack Obama ist mehr als der neueste Präsident der Vereinigten Staaten, er ist ein Symbol der Erwartungsgesellschaft. Einer Gesellschaft, die sich nicht darum schert, was gestern war. In der Erwartungsgesellschaftsind die Menschen weniger daran interessiert, was man getan hat, und stärker darauf konzentriert, was man als Nächstes tut.
    In der Erwartungsgesellschaft dreht sich die Welt ständig um das Bevorstehende. Das Heute ist die neueste Nachricht von gestern, und das Morgen sorgt für die Schlagzeilen von heute. Ruhm geht nicht mit Errungenschaften einher, sondern mit Erwartungen. Die 2.0-Version der Celebritys sind die Expectitys, die Aufsteigenden, das nächste ganz große Ding, die Erfolgsstorys von morgen. Jeder will wissen, wer morgen angesagt ist – und macht ihn damit schon heute angesagt. Jeder will einen Anteil von Google kaufen, dem Unternehmen, das in den letzten paar Jahren eine beispiellose Wertsteigerung erfahren hat, weil die Menschen erwarten , dass dort Gewinn gemacht wird. Genauso hat Google selbst YouTube gekauft in der Erwartung, aus dieser Video-Website einen Riesengewinn zu ziehen (nur dass sie immer noch nicht herausgefunden haben, wie sie das machen sollen).
    In der Erwartungsgesellschaft liegt die ganze Welt in Ihrer Reichweite. Glück und Erfolg warten gleich um die Ecke, denn es kommt nicht auf Ihre letzte Leistung an, sondern auf Ihre nächste. Das ist eine gute Nachricht: Sie müssen keinen Oscar
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