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Neva

Neva

Titel: Neva
Autoren: Sara Grant
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konzentriert. Die Regierung sagt, es sei effizienter, die Menschen in Ballungsräumen zu sammeln. Aber so wie ich es mir aus Gerüchten zusammenreime, gibt es mittlerweile Probleme bei der Grundversorgung kleinerer Gemeinden mit Strom und Wasser und anderen Lebensnotwendigkeiten. Außerdem hat die Regierung es leichter, uns zu beobachten, wenn wir alle am selben Ort zusammengepfercht sind.
    »Was wissen wir denn wirklich über den Kerl?«, frage ich. Sie muss erfahren, was für eine Sorte Mensch er ist, aber ich kann es ihr nicht sagen. Mir dreht sich der Magen um. Er ist ein Mistkerl, egal wie er mit Nachnamen heißt.
    »Ich weiß alles, was ich zu wissen brauche.« Sie boxt mich auf den Arm. »Kannst du dich nicht einfach für mich freuen?«
    »Au!« Ich reibe mir den Arm, bin aber froh, bestraft worden zu sein. »Ich freu mich ja!« Und das stimmt auch. Zumindest in gewissem Sinne. Ich bin froh, dass sie jemanden gefunden hat, der sie glücklich macht. Ich hätte mir nur gewünscht, dass es jemand anderes gewesen wäre.
    »Bist du bereit für heute Abend?«, fragt sie, streckt sich aus und starrt in die Protektosphäre.
    »Na klar.« Ich lege mich neben sie. Wir wollten den Leuten keine Zeit geben, es sich anders zu überlegen und zu kneifen. Deshalb haben wir unsere erste Protestaktion gleich für diesen Abend geplant. »Und wir ziehen das tatsächlich durch?«
    Sanna nickt. »Das wird so aufregend!«
    »Und wenn man uns erwischt?«
    »Du machst dir zu viele Sorgen.« Mit der Schulter stupst sie mich an. »Warum hängen wir eigentlich noch hier ab?« Schon richtet sie sich auf und drückt einen Kuss auf den Namen ihrer Mutter. »Sorry, Mom, aber wir müssen gehen. Wir müssen ein paar Sachen besorgen und allmählich loslegen.« Sie lächelt dem Grabstein zu. »Du wirst stolz auf mich sein.«
    »Glaubst du denn, dass wir etwas bewirken können? Nur ein paar Jugendliche, die …«
    »Erwachsene«, berichtigt sie mich.
    »Erwachsene.« Ich muss lachen. Das ist absolut lächerlich. Gestern waren wir offiziell Kinder. Dann kriegen wir in einer Zeremonie ein Diplom in die Hand gedrückt und sollen plötzlich erwachsen sein.
    »Wir müssen etwas tun. Oder wir können uns hier einen Liegeplatz aussuchen – früher, als wir glauben.«
    Ich versuche mir vorzustellen, wie es sich wohl ohne synthetische Decke zwischen mir und dem Himmel lebt, aber es gelingt mir nicht.
    »Das ist es, was ich so an dir mag, Nev.« Sie steht auf und klopft sich die Kleidung ab. »Ich will es krachen lassen, und du willst etwas bewirken.«
    Meine Großmutter hätte das von mir erwartet.
    Sanna zieht mich auf die Füße. »Komm. Wir haben viel zu tun.«
    Dann rennt sie den Hügel hinauf, als würde sie dem Wind nachjagen. Mit ihr scheint das Unmögliche möglich. »Worauf wartest du?«, ruft sie von der Anhöhe und winkt wild.
    Ich verdränge die Gedanken an Braydon aus meinem Kopf und laufe ihr nach.

[home]
    4 . Kapitel
    E s gibt Momente, grell und flüchtig wie das Blitzlicht einer Kamera, da glaube ich, dass ich für Größeres geschaffen bin. Meine Großmutter hat immer gesagt, dass man alles tun kann, wenn man es nur wirklich von ganzem Herzen will. Aber das war, bevor die Regierung uns vorzuschreiben begann, welchen Beruf wir ergreifen müssen. Dennoch hat meine Großmutter mir den Optimismus wie ein winziges Saatkorn eingepflanzt. Und es kommt mir so vor, als würde es jetzt endlich keimen.
    Sanna hat sich über die Wanne gebeugt und mischt in einem Eimer Farbe. Mit dem Baseballschläger ihres Bruders stochert sie in der zähen Masse herum, als würde sie eine Verstopfung in der Toilette beseitigen, dann rührt sie wieder, dass der Metalleimer nur so scheppert. Schweiß glitzert auf ihrer Stirn und tropft ihr vom Kinn.
    Ich sitze auf dem Klodeckel und probiere Sprüche aus. »Protekto-Plage«, sage ich und lasse dabei die Ps knallen.
    »Protekto plagt nur, darum mengt und wehrt euch«, murmelt sie.
    »Klingt wie eine Beschwörungsformel.«
    »Ganz genau«, erwidert sie und wechselt vom Rühren erneut zum Stochern.
    »Es muss kurz sein, aber viel aussagen.«
    »Wie ein Wortspiel? Etwas Mehrdeutiges?«
    Ich nicke. Wir versuchen schon seit Wochen, den richtigen Slogan zu finden – seit wir die Zutaten für unser Farbrezept zu sammeln begonnen haben. Auf dem Markt habe ich mehrfach kleinere Mengen Chili- und Paprikapulver gekauft. Jeder weiß, dass meine Mutter aus unseren Gewächshaustomaten frische Soße macht, daher habe ich keinen
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