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Neue Vahr Süd: Neue Vahr Süd

Neue Vahr Süd: Neue Vahr Süd

Titel: Neue Vahr Süd: Neue Vahr Süd
Autoren: Sven Regner
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ist, ist alles scheißegal.
    Das Mädchen stand auf und nahm den Teller mit dem halb aufgegessenen serbischen Reisfleisch in die Hand. »Ich geh dann mal«, sagte sie. Sie schaute Frank noch einmal an. Jetzt kommt wieder das letzte Wort, dachte er, mal sehen, was ihr
    diesmal einfällt.
    »Viel Spaß beim Bund«, sagte sie. Dann ging sie davon. Sie schauten ihr beide nach. »Das ist Sibille«, sagte Martin Klapp. »Aha… «
    »Kaffee. Und dann Unisee.<
    »Muß das sein?« sagte Frank.
    »Keine Ahnung. Immer no:h besser als Goethe.«
    »Ja«, sagte Frank. »Wahrscheinlich.«
    »Schade, daß sie nicht mitkommt«, sagte Martin Klapp.
    »Ja«, sagte Frank.
    Aber eigentlich war es ihm lieber so.
3. BRÜCKEN BAUEN
    »Und? Wie war dein letzter freier Tag?« fragte Franks Vater beinahe schelmisch, als sie zusammen beim Abendbrot saßen, Frank, sein Vater und seine Mutter.
    Frank sah seinen Vater an und rätselte kurz darüber nach, wie die Frage gemeint sein könnte. War sein Vater neidisch, weil er heute in die Firma gemußt hatte, sein Sohn aber nicht? Wollte er bloß beiläufig ein Gespräch anfangen, weil ihn die Stille am Tisch nervös machte? Lag ein ernsthaftes Interesse vor? Was will er hören? fragte sich Frank. Aber noch bevor er etwas sagen konnte, kam ihm seine Mutter zuvor.
    »Er war den ganzen Nachmittag zu Hause«, sagte sie empört. »War nur in seinem Zimmer und hat gelesen.«
    »Es hat geregnet«, sagte Frank. »Was soll ich machen, wenn’s regnet? Minigolf spielen?« Er hatte mit Martin Klapp gerade die Uni-Cafeteria verlassen, als es plötzlich wie aus Eimern zu regnen begonnen hatte. Daraufhin hatten sie sich getrennt, Martin Klapp war in sein Goethe-Seminar gegangen, Frank nach Hause gefahren.
    »Die gibt’s doch gar nicht mehr, die Minigolfbahn«, sagte seine Mutter. »Die haben sie doch weggemacht.«
    »Na siehst du«, sagte Frank zufrieden.
    »Naja, ab morgen sieht das dann anders aus«, sagte sein Vater, und schon wieder wußte Frank nicht, wie er das meinte.
    »Wie heißt das, wo du dich da melden sollst?« fragte seine Mutter.
    »4. PiBataillon 8«, sagte Frank.
    »Was heißt denn das?«
    »Das wird er schon rausfinden«, sagte sein Vater. Schadenfreude, tippte Frank. Er empfindet Schadenfreude.
    »Pioniere«, sagte Frank. Das hatte jedenfalls Martin Klapp gesagt, er hatte Achim, den Ex-Genossen, mit dem er ab morgen zusammenwohnte und der beim Bund gewesen war, gefragt, und der hatte ihm etwas von Pionieren gesagt.
    »Was für Pioniere?« fragte seine Mutter.
    Frank seufzte. »Pioniere halt«, sagte er. »Ich bin sicher, in einer Woche kann ich dir das ganz genau erklären.«
    »Das würde ich auch mal sagen«, sagte sein Vater. Frank schaute ihm direkt ins Gesicht. Was willst du? dachte er. Sein Vater schaute weg, aus dem Fenster hinaus. Frank tat es ihm nach. Sie wohnten im dritten Stock eines Neubaus und hatten vom Wohn- und Eßzimmer aus einen schönen Blick auf die Straße und einen kleinen Parkplatz. Es schien wieder die Sonne, und ein Wind fegte durch die Bäume und schüttelte die letzten Regentropfen herunter. Die Bäume sind groß geworden, dachte Frank, und die Häuser klein. Sie hatten immer hier gewohnt, hier war er aufgewachsen, und jetzt fiel ihm das plötzlich auf. Früher waren die Bäume kleiner gewesen und die Häuser größer, dachte er, und dieser Gedanke machte ihn traurig. Es ist vorbei, dachte er, ich bin wie einer dieser Bäume, ich bin irgendwie aus der Proportion geraten, ich sollte hier nicht mehr sein, dachte er, ich hätte es wie Manni machen sollen.
    »Was machen die denn so, die Pioniere?« ließ seine Mutter unterdessen nicht locker.
    »Was weiß ich?« sagte Franks Vater, »leb war nicht bei der Armee!«
    »Das mußt du doch wissen, schließlich gehst du da doch hin«, wandte sich seine Mutter an Frank. »Wenn du da schon hingehst, dann mußt du doch wissen, was die da von dir wollen?«
    »Sie werden ihm das schon erzählen, wenn es soweit ist«, sagte sein Vater mit einem, wie Frank fand, unangenehm sarkastischen Unterton. »Die werden ihm das schon beibringen, da braucht er sich um nichts zu kümmern!«
    »Aber man kann ja wohl mal fragen, schließlich hat er doch was gelernt, das müssen die doch wissen und berücksichtigen.«
    »Das mußt du schon denen überlassen«, sagte sein Vater. »Ansonsten kann er sich ja beschweren, schließlich ist er da freiwillig hingegangen, da werden sie schon auf ihn hören.«
    »Was soll das denn jetzt heißen?« fragte
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