Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Nesthäkchen 07 - Nesthäkchen und ihre Küken

Nesthäkchen 07 - Nesthäkchen und ihre Küken

Titel: Nesthäkchen 07 - Nesthäkchen und ihre Küken
Autoren: Else Ury
Vom Netzwerk:
...« Jeden Morgen spielte sich dasselbe Manöver ab. »Meine Manschetten, schau, Vronli, du großes Mädle, du hast mir meine Manschetten schwarz gemacht; nun muß ich mich umziehen.« Der Vater war ungehalten. »Eine große Rechnung habe ich erst gestern für Feinwäsche bezahlen müssen, und nun macht einem das Schmierfinkle gleich ein frisches Hemd zunicht«, schimpfte Rudi beim Umziehen, während Annemarie seine Hosenbeine mit einer Bürste bearbeitete. Ja, die teure Herrenplättwäsche! Frau Annemarie sandte einen Stoßseufzer in die Lüfte. Einmal hatte sie probiert, selbst daran Hand anzulegen. Aber Rudi hatte ihr Kunstwerk mit Protest zurückgewiesen. Die Kragen schlängelten sich wie Regenwürmer, und die Hemdenmanschetten glichen einer dickgestandenen Mehlsuppe. Nein, daran wagte sie sich nicht wieder.
    So - nun konnte Doktor Hartenstein endlich in die Praxis. Am weißen Gartenzaun standen die drei Blondköpfe, schrien aus Leibeskräften: »Auf Wiedersehn« - »Tiederdehn« ... und warfen etwas sandige Kußhändchen hinter dem Vater her. Der nickte zurück, bis er um die Ecke bog.
    Der alte Junggeselle, der gegenüber mit seiner griesgrämigen Wirtschafterin eine Dreizimmerwohnung innehatte, beobachtete dieses Familienglück da drüben bei Doktor Hartensteins. Er lächelte über die kleinen Blondköpfe, die immer noch »Auf Wiedersehn« schrien, als der Vater schon längst ihren Blicken entschwunden war.

Eine Sandtorte
     
    Vronli, Hansi und Ursel liefen den Kiesweg entlang, zur Veranda ging es im Trab, laut rufend, daß man es über die ganze Straße hinweg hörte: »Muttißen, backen wir nu Tuchen?«
    Eine ganze Weile mußten sie sich noch gedulden, die drei. Erst hatte Mutti die tägliche Morgenarbeit noch zu erledigen. Betten machen - als sie dieses Kunststück zum ersten Mal in Tübingen in ihrer Studentenbude zustande gebracht hatte, hatten die Freundinnen lachend ihr Bett mit seinen Hügelchen und Schluchten »die Schwäbische Alb« genannt. Jetzt hätten sie mal sehen müssen, wie sie die Betten aufschichtete und glättete. Nur hatte Hansi eine besondere Vorliebe dafür, wenn Mutti eben mit Hochgefühl ihr tadelloses Kunstwerk betrachtete, sich mit einem Satz mitten hinein zu werfen in die weiße, schöngeglättete Fläche: »Bauz-da lieg' iß!« Daß Klein-Ursel sofort hinterhersprang, war selbstverständlich. So war das Bettenmachen täglich eine Quelle von Kinderjauchzen und Kindertränen. Denn sanft pflegte Annemarie die Übermütigen gerade nicht hinauszubefördern.
    Beim Säubern des Waschbeckens kam es ebenfalls zu Meinungsverschiedenheiten zwischen Annemarie und ihren Sprößlingen. Natürlich wollten alle drei helfen. Das Panschen war die Hauptsache dabei. Ursel war nicht wählerisch. Der Putzeimer schien ihr am verlockendsten, um sich Gesicht und Händchen darin zu baden. »Ursel ... du kleines Ferkel!« Entsetzt riß Annemarie ihr Nesthäkchen von dem unappetitlichen Bad.
    »Perkel!« Klein-Ursel strahlte, daß es ein neues Wort gelernt hatte, und Annemarie ... biß sich auf die Lippen.
    Hansi setzte sich inzwischen das wichtigste Utensil der Kinderstube, das Mutter soeben gescheuert hatte, auf den blonden Krauskopf und sang dazu: »Mein Hut, der hat dei Ecken!« was geometrisch nicht stimmte. Annemarie wurde erst aufmerksam, als ihr Nesthäkchen bewundernd in die Hände klatschte: »Pöpfchen-Hansi Pöpfchen.« Süß sah das Kerlchen aus! Annemarie stellte sich hin und lachte - lachte - daß ihr Tränen die Wangen entlang liefen, während das Trio jubelnd einfiel. Dann aber besann sie sich ihrer mütterlichen Erziehungspflicht. Ehe Hansi es sich versah, wurde er seiner eigenartigen Kopfbedeckung entkleidet, und er selbst befand sich zu seiner größten Verwunderung nicht mehr im Schlafzimmer, sondern in Gemeinschaft mit Klein-Ursel vor der geschlossenen Tür. Was konnten die beiden da draußen Besseres tun, als die Tür, die nicht wieder aufgehen wollte, mit Fäusten und Füßchen zu bearbeiten? »Vronli, geh ' aus zu den Kleinen, spielt zusammen im Garten«, wandte sich Annemarie an ihre Große.
    »Och ... immer soll ich bei den dämlichen Jören bleiben, und ich helfe dir doch so schön, Mutterli.« Vronlis Hilfe bestand darin, daß sie mit dem Handtuch den Fußboden aufwischte. »Ja, dann wird wohl heute nichts mehr aus dem Kuchenbacken werden!« Das klang erschreckend ernsthaft.
    »Rufste uns auch bestimmt, Mutti? Fängste auch nimmer ohne uns an?« Vronli vereinigte den Berliner
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher