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Neonregen (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)

Neonregen (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)

Titel: Neonregen (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)
Autoren: James Lee Burke
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Mißverständnisse?«
    »Nein.«
    »Also gut, Wes. Wir werden uns später noch mal drüber unterhalten. Du verstehst doch, was das heißt, oder?«
    »Jawohl.«
    Ich erhob mich von seinem Schreibtisch und ging zur Tür. Hinter mir konnte ich ihn tief aufatmen hören.
    Dann plötzlich: »Lieutenant?«
    Ich drehte mich um und sah ihn an. Sein Gesicht wirkte schmal und blaß.
    »Wird Mr. Segura von unserer Unterhaltung erfahren?« fragte er. »Ein paar von den Latinos, die für ihn arbeiten ... grausame Jungs ... die waren früher mal Bullen oder Nationalgardisten oder so was in Nicaragua ... Mir wird ganz anders, wenn ich dran denke, was die machen.«
    »Keine Garantien, Wes. Wenn du das Gefühl hast, daß irgendwas in der Luft liegt, dann komm zu uns, und wir schaffen dich aus der Stadt.«
    Draußen brannte die Sonne. Auf der anderen Straßenseite, im Schatten der eisernen Kolonnaden, führten drei schwarze Jungen einen Steptanz für die Touristen auf. Die riesigen Platten, die sie an den Schuhen hatten, klangen wie Trommelstöcke auf Metall. Cletus stand im Schatten und sah zu, die Jacke über den Arm gehängt. »Na, was rausgekriegt aus dem alten Pottsie?«
    »Es hat was mit dem schwarzen Mädchen zu tun, das ich drüben im Bayou Lafourche gefunden habe. Es riecht nach Dope und den Barataria-Piraten. Hast du bei der Sitte irgendwann mal mit Julio Segura zu tun gehabt?«
    »Kann man wohl sagen. Der Bursche ist echt der Inbegriff von ’nem Schmalzkopf. Dem kommt die Pomade aus jeder Pore.«
    »Ich dachte, er ist Kolumbianer.«
    »Er steckt mit denen unter einer Decke, aber er ist aus Managua.Ich hab gehört, daß ihm da unten so ungefähr hundert Puffs gehört haben sollen. Es heißt, die Sandinisten haben sein Flugzeug völlig durchsiebt, als die Maschine grade abgehoben hatte. Der Kerl ist ein Überlebenskünstler. Wir haben zwei- oder dreimal vergeblich versucht, ihm was anzuhängen. Ich glaube, er hat ’n paar ausgezeichnete Beziehungen nach ganz oben, die ihn beschützen.«
    Wir spazierten im warmen Schatten zurück zur Royal Street und zum Wagen, den wir vor der Oyster-Bar abgestellt hatten. Unterwegs ging ich in einen dieser kleinen, dunklen Lebensmittelläden mit einem riesigen hölzernen Ventilator unter der Decke und kaufte mir eine Times-Picayune. Im Innern des Ladens roch es nach Bananen, Kaffee, großen Käsestücken und riesigen Holzkästen voller Rosinen und getrockneter Pflaumen. Im Weitergehen schlug ich den Sportteil der Picayune auf.
    »Habt ihr Lust, heut abend mit mir zum Rennen zu gehen?« fragte ich.
    »Vergiß die Rennen. Greifen wir uns den Kanaken. Wir sagen dem Captain vorher Bescheid, und dann fahren wir zu seinem Haus und ziehen ihn ein bißchen am Schlips.«
    »Ne. Zu früh.«
    »Quatsch. Diesen Jungs muß man sofort auf den Sack treten, das ist die einzige Art, wie man mit denen fertig wird. Und was diesen Fall betrifft, so soll er kapieren, daß das ’ne persönliche Sache ist. Wir stellen ihm die Glückwünsche direkt im Wohnzimmer zu.«
    »He, ich weiß es zu schätzen, Clete, aber ich sag dir Bescheid, wenn’s Zeit zum Loslegen ist. Keine Sorge, du wirst die Party nicht verpassen.«
    »Du nimmst das alles viel zu leicht. Ich sag dir, dieser Typ ist echt kein Mensch. Im Vergleich zu dem wirkt Didi Gee fast wie der Erzbischof.
    »Verdammt«, sagte ich.
    »Was ist?«
    »Nächstes Mal nehmen wir dein Auto, wenn wir essen gehen.«
    »Warum?«
    »Weil sie meinen Wagen grade abschleppen.«
    * * *
    Ein sanftes, weiches Licht lag über dem See, als ich mich am Abend auf meinem Hausboot anzog. Am Ufer sah ich die Palmen und Zypressen in der Brise schwanken, die vom Golf herüberwehte. Es roch wieder nach Regen. Ich fühlte mich ziemlich alleine, aber zugleich auch gelöst, und ich fragte mich, ob dieses Gefühl von Selbstsicherheit und Ruhe, von innerer Gelassenheit, nicht nur ein trügerisches Vorspiel für eine weitere turbulente Phase meines Lebens war. Vielleicht war es so etwas wie ein Anfall von Narzißmus. Mein Körper war immer noch schlank und kräftig und meine Haut sonnengebräunt, und die alte Narbe von dem mit Mist beschmierten pungi- Stock sah aus wie eine auf meinen Bauch tätowierte, seltsame graue Schlange. Mein Haar und mein struppiger Schnurrbart waren immer noch schwarz wie Tinte, abgesehen von einem kleinen weißen Fleck über meinem einen Ohr, und ich redete mir jeden Morgen vor dem Spiegel ein, die Tatsache, daß ich alleine lebte, habe ebensowenig mit Alter und
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