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Neferets Fluch ( House of Night Novelle )

Neferets Fluch ( House of Night Novelle )

Titel: Neferets Fluch ( House of Night Novelle )
Autoren: P.C. Cast , Kristin Cast
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das Wasser und ließ mich von ihm und der Geborgenheit der schattigen Zweige trösten, bis ich wusste, dass ich würde schlafen können. Dann erst kehrte ich langsam in mein Schlafzimmer im zweiten Stock zurück. In dieser Nacht träumte ich, ich sei Europa und der weiße Stier trüge mich hinweg auf eine herrliche Wiese, wo es keinen Tod gab und wo ich auf ewig jung und sorgenfrei sein würde.

15. April 1893
    Emily Wheilers Aufzeichnungen
    Ich hätte dieses Buch schon viel früher weiterführen sollen, aber die Monate nach meinem letzten Eintrag waren so sonderbar – so schwer –, dass ich nicht ganz bei mir war. In einer kindischen Hoffnung glaubte ich wohl, wenn ich nicht weiterschriebe, nicht schwarz auf weiß festhielte, wie alles sich entwickelte, könnte ich so tun, als sei es niemals passiert – und würde auch nicht weiter passieren.
    Welch dumme Einbildung.
    Alles hat sich so sehr verändert, und dieses Buch muss als Beweisstück dienen. Sollte ich wirklich den Verstand verlieren, so wird man ihm entnehmen können, wie mein Wahnsinn voranschritt und vielleicht auch wie man ihn behandeln kann, ganz wie ich ursprünglich hoffte. Und falls ich, wie ich inzwischen zu befürchten beginne, nicht verrückt bin, muss ich dringend schriftlich bewahren, was geschehen ist; mag sein, dass die Niederschrift mir irgendwie helfen kann, falls ich ein anderes Leben wählen muss.
    Aber noch einmal von vorn.
    Nach jener kalten Januarnacht, in der Vater betrunken heimkehrte, habe ich nie wieder auf ihn gewartet. Ich versuchte, nicht zu sehr darüber nachzudenken. Nicht an seinen Atem zurückzudenken, nicht an seine heiße, schwere Hand und nicht an die Dinge, die er gesagt hatte. Wenn er von nun an zu abendlichen Geschäftstreffen aufbrach, wünschte ich ihm einen angenehmen Abend und versprach, dafür zu sorgen, dass Carson ihn bei seiner Rückkehr erwartete.
    Zunächst dämpfte dies seinen brennenden Blick ein wenig.
    Ich war so damit beschäftigt, den Haushalt zu führen, dass ich Vater außer bei unseren gemeinsamen abendlichen Mahlzeiten kaum sah. Doch über die letzten Monate haben sich diese Mahlzeiten verändert. Das heißt, nicht die Mahlzeiten an sich – lediglich die Menge an Wein, die Vater trank. Und je mehr er trank, desto brennender bohrte sich sein Blick in mich, wenn er mir eine gute Nacht wünschte.
    Heimlich begann ich seinen Wein mit Wasser zu verdünnen. Bisher hat er es nicht bemerkt. Ansonsten stürzte ich mich darauf, ganz die Herrschaft über den Wheiler’schen Haushalt zu übernehmen. Sicher, Carson und Mary standen mir mit Rat und Tat zur Seite. Die Köchin machte Einkaufslisten, aber ich sprach das letzte Wort zu ihren Speiseplänen. Wie Mary einmal sagte, es war, als habe der Geist meiner Mutter mich übernommen und ich sei kein Mädchen mehr. Ich versuchte mir einzureden, dass das etwas Gutes, ja ein reizendes Kompliment war. Doch tatsächlich war es – und ist es noch – so, dass ich glaube, alles, was ich tat und tue, sei nur meine Pflicht. Ich bin mir nur nicht sicher, ob das wirklich etwas Gutes ist.
    Dass ich mich so verändert habe, liegt nicht nur an meinen Aufgaben als Dame im Hause Wheiler. Es liegt auch am veränderten Verhalten anderer Menschen mir gegenüber. Oh, zuerst war ich überwältigt von der Vielzahl von Mutters Pflichten. Ich hatte keine Ahnung gehabt, dass sie nicht nur über den Haushalt Regie geführt, den Dienstboten ihre Aufgaben zugeteilt, sich um jedes Detail von Vaters Zeitplan gekümmert und mich beaufsichtigt, sondern auch zweimal wöchentlich in der General Federation of Women’s Clubs mitgearbeitet hatte, wo sie half, sich um obdachlose Frauen und Kinder in Chicago zu kümmern. Seit Mutters Tod vor fünf Monaten hatte ich mich nur meiner Rolle als Hausherrin gewidmet. Als daher Evelyn Field und Camille mich eines Vormittags Anfang März fragten, ob ich nicht mit ihnen zusammen mit dem Fahrrad zum Strand fahren und dort picknicken wolle, war ich verständlicherweise überglücklich über die Aussicht auf ein wenig freie Zeit, vor allem, da ich dachte, Vater sei längst in die Bank aufgebrochen. »O ja!«, hatte ich fröhlich gesagt, meinen Federhalter weggelegt und die Einkaufsliste beiseitegeschoben, die ich überprüft hatte. Ich weiß noch, wie froh Evelyn und Camille waren, als ich zusagte. Spontan waren wir alle drei in Lachen ausgebrochen.
    Camille hatte mich umarmt. »Emily, ich freue mich so sehr, dass du mitkommst. Und du siehst wieder so
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