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Neferets Fluch ( House of Night Novelle )

Neferets Fluch ( House of Night Novelle )

Titel: Neferets Fluch ( House of Night Novelle )
Autoren: P.C. Cast , Kristin Cast
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Bett, während der Arzt und die Schwester sich vergeblich mühten, den roten Strom aus ihrem Innern zum Versiegen zu bringen. Ich nahm ihre Hand und strich ihr das feuchte Haar aus der Stirn. Angsterfüllt und unter Tränen versuchte ich ihr Trost zuzusprechen, ihr zu versichern, alles werde gut, wenn sie sich nur etwas ausgeruht habe.
    Sie hatte meine Hand gedrückt. »Wie schön, dass du am Ende bei mir bist.«
    »Nein! Du wirst wieder gesund, Mutter!«, hatte ich protestiert.
    »Pssst«, hatte sie sanft gemurmelt. »Halte nur meine Hand.« Und ihre Stimme versagte, doch ihre smaragdfarbenen Augen, von denen jeder sagte, meine sähen ganz genauso aus, blieben auf mich geheftet, während ihr gerötetes Gesicht entsetzlich weiß wurde und ihr Atem abflachte, spärlicher wurde und dann, mit einem Seufzer, ganz erstarb.
    Da küsste ich ihre Hand, taumelte zurück in meine Fensternische und weinte bitterlich, unbemerkt von der Schwester, der die grausame Aufgabe zufiel, die blutgetränkten Leintücher fortzuschaffen und Mutter so herzurichten, dass ihr Anblick Vater zuzumuten war. Doch Vater wartete nicht, bis Mutter für ihn bereit war. Ohne dem Protest des Arztes Beachtung zu schenken, stürzte er ins Zimmer.
    »Ein Sohn, sagten Sie?« Vater warf nicht einmal einen Blick auf das Bett. Stattdessen eilte er zu der Kinderwiege, in die man Barretts verhüllten Körper gelegt hatte.
    »Es war in der Tat ein Knabe«, sagte der Arzt betrübt. »Zu früh geboren, wie ich Ihnen bereits sagte, Sir. Niemand hätte etwas tun können. Seine Lungen waren noch zu schwach, um Atem zu holen. Er gab nicht einen einzigen Schrei von sich.«
    »Tot … totgeboren.« Müde rieb Vater sich das Gesicht. »Ich weiß noch, als Emily geboren wurde, schrie sie so herzhaft, dass ich sie unten im Salon hörte und glaubte, es sei ein Sohn.«
    »Mr. Wheiler, ich weiß, nach dem Verlust der Gattin und des Sohnes ist es nur ein geringer Trost, aber Sie haben noch eine Tochter, deren Nachkommen die Ihren sein werden.«
    »Es war sie, die mir Nachkommen versprach!«, donnerte Vater und sah endlich zu Mutter hinüber.
    Da muss ich einen kleinen, wehen Laut von mir gegeben haben, denn sofort richteten sich Vaters Augen auf meine Fensternische. Sie verengten sich, und einen Moment lang schien es, als erkenne er mich nicht. Dann schüttelte er sich, wie um etwas Unangenehmes von sich abzustreifen.
    »Emily, was machst du denn hier?« Es klang so zornig, dass es mir schien, als wolle er etwas ganz anderes fragen als nur, warum ich zu jener Stunde in jenem Zimmer sei.
    »M-mutter wollte, d-dass ich bleibe«, stotterte ich.
    »Deine Mutter ist tot.« Aus dem Zorn wurde der knappe, harte Ton der Wahrheit.
    »Und dies ist kein Ort für eine junge Dame.« Errötend wandte sich der Arzt an meinen Vater. »Ich bitte um Verzeihung, Mr. Wheiler. Die Geburt verlangte all meine Aufmerksamkeit. Ich habe das Mädchen schlicht und einfach nicht bemerkt.«
    »Sie trifft keine Schuld, Dr. Fisher. Meine Gemahlin tat und sagte oft wunderliche Dinge. Dies war nun wohl das letzte Mal.« Mit einer Geste scheuchte er den Arzt, die Dienstmägde und mich selbst davon. »Lassen Sie mich mit Mrs. Wheiler allein. Alle.«
    Ich wollte aus dem Zimmer rennen – alldem so schnell wie möglich entfliehen –, doch von dem langen unbeweglichen Sitzen waren meine Füße kalt und taub geworden. Als ich an Vater vorbeiging, stolperte ich. Seine Hand ergriff mich stützend am Ellbogen. Erschrocken sah ich auf.
    Der Blick, mit dem er auf mich herabsah, schien plötzlich viel sanfter. »Du hast die Augen deiner Mutter.«
    Alles, was ich schwindelig und außer Atem hervorbrachte, war: »Ja.«
    »Warum auch nicht. Schließlich bist nun du die Dame des Hauses Wheiler.«
    Damit ließ Vater mich los und trat langsam, schweren Schrittes, an das blutgetränkte Bett.
    Während ich die Tür hinter mir schloss, hörte ich, wie er zu weinen begann.
    Auch für mich begann nun eine seltsame, einsame Zeit der Trauer. Wie betäubt brachte ich das Begräbnis hinter mich und brach danach zusammen. Es war, als habe der Schlaf die Herrschaft über mich übernommen und ich könne mich nicht befreien. Zwei volle Monate lang verließ ich kaum das Bett. Mich kümmerte nicht, dass ich dünn und blass wurde oder dass die Freundinnen meiner Mutter und ihre Töchter, die sich zu Kondolenzbesuchen anmelden wollten, keine Antwort erhielten. Ich nahm keine Notiz davon, dass ein Weihnachtsfest und ein Neujahrstag
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