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Nebenan: Roman

Nebenan: Roman

Titel: Nebenan: Roman
Autoren: Bernhard Hennen
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ankommenden Nachrichten studierst. Wenn dir etwas seltsam vorkommt, dann meldest du dich sofort bei mir. Und keine Widerrede mehr, sonst überlasse ich dich diesem Paragraphenreiter Laller. Der wartet schon lange darauf, mit dir ein Hühnchen zu rupfen und dich in irgendein abgelegenes Eifeldorf zu verbannen.«
    Der Monitor begann zu flimmern. Das Bild des Grafen verzerrte sich und verschwand. Stattdessen erschien ein Schriftzug.
    +++ Sorry, Chef. Muss die Berechnungen von gestern Mittag berichtigen. Die Wahrscheinlichkeit, dass Sie in spätestens drei Wochen Sharon Stone heiraten werden, beträgt leider nicht 99,999999999, sondern 0,000000001 Prozent. +++
    »Wie war das?- Für solchen privaten Unsinn werde ich doch nicht den intelligentesten Rechner der Welt bemühen?«
    »Zwischen deinem privaten Unsinn und meinem privaten Unsinn besteht ein großer Unterschied! Und jetzt mach dich auf den Weg zur Zentrale!«, knurrte Nöhrgel in einem Tonfall, der zu seinem Namen passte.
    »Natürlich«, murmelte Wallerich so leise, dass der Älteste ihn nicht mehr hören konnte. »Ich werde aufpassen, dass wir heute Nacht keinen Ärger mit einem Grafen haben, der schon seit mehr als zweihundert Jahren tot ist.«

2

    Martin legte die Hand flach auf die Gitarrensaiten und griff nach dem tönernen Becher. »Erzählst du eine Geschichte?«
    Till schüttelte müde den Kopf. »Nicht heute Nacht.« Seit mehr als einer Stunde starrte er in das Lagerfeuer, gebannt vom Tanz der Flammen. Seine Augen waren rot vom Rauch. Selbst auf dem Mond hätte er sich nicht weiter entfernt vom ausgelassenen Lärmen an den anderen Lagerfeuern fühlen können. Es war ein Fehler gewesen, zu kommen. Er war heute einfach nicht in der Stimmung für ein Samhaimfest. Laut keltischer Mythologie war es die Nacht, in der sich die Pforten zur Geisterwelt öffneten. Till lächelte zynisch. Für ihn war es heute wohl eher der Tag, an dem ihm Mukke für immer die Pforten ins wirkliche Leben verschlossen hatte. Er sah zum halb vollen Becher in seiner Hand. Nicht einmal Trinken half!
    An den drei großen Feuern hatte sich der Clan der Ui Talchiu versammelt, und wäre ein nächtlicher Wanderer auf den abgelegenen Hügel irgendwo zwischen Blankenheim und Schneeeifel gestiegen, dann hätte er wohl den Eindruck gehabt, eine Barbarenhorde aus vergangenen Jahrhunderten sei zurückgekehrt. Um die Feuer hockten junge Männer mit wilden Bärten und schlammbespritzten Umhängen, prosteten sich mit Methörnern und Tonbechern zu und prahlten lauthals mit ihren Heldentaten bei den Schwertkampfübungen am späten Nachmittag. Hin und wieder verstummte das ausgelassene Grölen, dann ertönten Gitarrenklänge und eine einzelne, leise Stimme schlug alle für ein Lied oder zwei in ihren Bann.
    Till spürte die Blicke der anderen auf sich lasten. »Nein, nicht heute Nacht«, erklärte er noch einmal laut. »Ich bin nicht in der Stimmung für eine Geschichte.«
    »Vielleicht überlegt es sich dein Prof ja noch mal«, wandte Bambam ein und schob einen großen Scheit ins Feuer. Sein richtiger Name war eigentlich Rolf. Er war ein stämmiger Kerl, mit langem blonden Haar und klaren blauen Augen. Zu seinem Spitznamen Bambam war er an jenem Tag gekommen, an dem er zum ersten Mal mit zwei Macheten statt wie sonst mit einem Bastardschwert zu den Fechtübungen kam. Zunächst hatten sie ihn ausgelacht, doch am Ende des Sommers lachte keiner mehr und Bambams Ruf als Schwertmeister war legendär.
    »Bevor Mukke seine Meinung ändert, fällt uns der Himmel auf den Kopf«, brummte Gabriela mürrisch und zog ihren Umhang aus schwarzen Rabenfedern enger um die Schultern. »Der hat auch meinen Ex über die Klinge springen lassen. Wenn der einen erst einmal auf dem Kieker hat, braucht man sich bei ihm nicht mehr blicken zu lassen.«
    »Danke für den herzlichen Beistand«, knurrte Till. »Das ist genau, was ich jetzt hören möchte!«
    Gabriela hob den Kopf und sah ihn geradewegs an. Mit ihrem scharf geschnittenen Gesicht, den hohen Wangenknochen und den funkelnden Augen wirkte sie wie ein wütender Raubvogel. Ein Windstoß bewegte ihr langes, schwarzes Haar und ließ die Federn auf ihrem Umhang rascheln. »Süßliches Gesäusel à la Es wird schon nicht so schlimm ist etwas für Weichlinge!« Sie warf Bambam einen spöttischen Blick zu.
    »Könntest du vielleicht versuchen dich wenigstens heute Nacht nicht wie die Morrigan aufzuspielen? Glaubst du, dass du Till damit hilfst?«, mischte sich Martin ein.
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