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Nebelflut (German Edition)

Nebelflut (German Edition)

Titel: Nebelflut (German Edition)
Autoren: Nadine d’Arachart
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… Du hast all diese Morde begangen?«
    »Was dachtest du denn?« Sie musterte ihn kalt. »Dass du es warst, du Junkie?«
    Patrick wusste nicht, was er dazu sagen sollte. Amy, seine kleine Schwester, das kleine Mädchen mit dem Teddybären, sollte eine Mörderin sein?
    »Ich musste sie büßen lassen, Patrick.« Sie lehnte sich zurück. »Zuerst habe ich mir Douglas geschnappt, den schwarzen Mann.« Sie lachte kurz und schüttelte den Kopf. »Mit seinem Klumpfuß war er leichte Beute. Ich habe gewartet, bis er allein draußen war, um sich um die Schafe zu kümmern und dann …«
    »Du hast …«
    »Was? Ihn gefoltert? Auge um Auge, Paddy.« Sie schaute ihn einen Moment lang an, bevor sie weiter mit ihren Taten prahlte. »Dass die Jungs mit Mary fliehen würden, war klar. Sie war krank und schwach. Die Luft da draußen, der Moder und der Schimmel hatten ihr zugesetzt … Sie zu finden, war einfach. Ich musste nur nach diesem hässlichen Truck suchen. Und dann habe ich ihr das Hirn weggeblasen …«
    Patrick schloss die Augen. Er konnte Amys Tonfall nicht ertragen, diese Kälte in ihrer Stimme. Was war nur aus ihr geworden?
    »… und dafür gesorgt, dass sie ein für alle Mal ihr verdammtes Schandmaul hält. Das konnte Nate nicht ertragen, er war ihr absolut hörig, dabei hat sie mit ihm das Gleiche gemacht wie mit mir. Er wusste sogar, dass sie ihn gekidnappt hatten, aber …« Sie zuckte die Achseln. »Erstaunlich, was eine gute Gehirnwäsche aus einem Menschen machen kann.«
    »… ihr habt … sicher beide schlimme Dinge durchgemacht.«
    »Drei. Wir waren drei. Aber Nate war der Einzige, der sich ihr bedingungslos unterordnete. Alles hat er für diese Hexe geregelt. Er war klug, ein richtiges Superhirn und er wollte Mary unbedingt gefallen. Er hat sogar dafür gesorgt, dass uns die Leute aus der Stadt in Ruhe lassen, ist das zu fassen?«
    »Amy … bitte beruhige dich …« Wieder griff Patrick nach ihrer Hand, doch sie zog ihre zurück.
    »Ich bin ruhig. Es ist gut. Ich habe ihn erwischt, als er mir vor dem Haus dieses treuherzigen Bullen aufgelauert hat, um mich zu erledigen. Ironie des Schicksals, was?«
    Patrick wusste nicht, was er sagen sollte. Er blickte seine Schwester an und sah gleichzeitig eine Fremde, geformt auf dieser furchtbaren Farm, aus Schmerz und Leid und Entbehrungen, die er sich gar nicht vorzustellen vermochte. »… ich werde es niemandem sagen, Amy … Es kann immer noch alles gut werden … Mum und Dad–«
    »Mum und Dad haben mich beerdigt, und genau das sollten sie auch!«
    »Aber wieso? Sie würden …«
    »Sie würden mich nicht lieben können, Paddy. Lassen wir die kleine Amy ruhen.«
    »… du hast die Zähne auf dem Grundstück vergraben …?«
    »Unter dem Kreuz, das Mary für mich aufstellen ließ, nachdem sie glaubte, dass ich im Moor gestorben sei. In Wahrheit hatte ich seit Monaten meine Flucht geplant, meine Habseligkeiten in den Wald geschafft und mir überlegt, wie ich meinen Tod inszenieren würde. Am Ende fanden sie nur einen Fetzen meiner Kleidung im Geäst neben dem Moor – die arme Albia war ertrunken. Du glaubst nicht, wie glücklich ich war, als ich endlich den Mut dazu aufbrachte.« Sie schloss die Augen, massierte ihre Schläfen mit den Fingern.
    »… und du hast deine Sachen in den Fluss geworfen.«
    »Die Strömung ist schwach, deshalb musste ich einige hundert Meter von der Farm weg. Ich wusste, dass Mary und Douglas sie nicht finden würden. Sie hätten sich nie so weit von ihrem Zuhause entfernt. Tja und dann … dann musste ich einen Schlussstrich ziehen, das wurde mir klar, als ich nach Dublin kam. Ich merkte, dass ich keineswegs frei war. Dass es nichts gab, was mich mit den Leuten dort verband. Ich kam in einem Abrisshaus unter, beobachtete die Menschen und fand nichts, in dem ich ihnen glich. Ich musste verstehen, dass ich nur frei sein konnte, wenn ich mich ganz und gar von allem befreite, was früher gewesen war. Von euch, aber vor allem von Mary und Douglas und ihrem verkommenen Handlanger. Ich tat das für mich und für Toby. Er ist erst fünfzehn, Paddy, aber er war mir ein besserer Bruder als du. Unglücklicherweise hat er mich am Ende verraten … Pech für Brady McCarthy.«
    »… du hast ihn erschossen.«
    »Ich musste. Wenn es um Rache geht, muss man konsequent sein.«
    »Du hast dich auch an mir gerächt …«
    »Ja.«
    Er sah sie förmlich vor sich, wie sie ihre Pläne schmiedete. Wie sie, gerade dem Wahnsinn der Kidnapperfamilie entkommen,
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