Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Navy Seals Team 6

Navy Seals Team 6

Titel: Navy Seals Team 6
Autoren: Howard E. Wasdin , Stephen Templin
Vom Netzwerk:
Agenten warteten, spielte ich in Gedanken verschiedene Szenarien durch: Ein Feind taucht an einer Stelle auf, dann ein anderer an einer anderen Stelle und so weiter. Ich tat so, als würde ich die Lage erfassen, zielen und den Abzug betätigen, und atmete dabei nach dem Muster, das ich jahrelang geübt hatte. Ich ging die ganze Routine durch und stellte mir den möglichen Ablauf vor. Dann tat ich so, als würde ich nachladen und wieder durch mein Leupold-10-Zielfernrohr blicken, immer auf der Suche nach neuen Feinden. Ich hatte diese Trockenübungen schon tausendmal gemacht und beinahe ebenso oft auch tatsächlich geschossen: nass oder trocken, im Schlamm oder Schnee, aus einem Erdloch heraus oder aus einem halb geöffneten Fenster in der Stadt – in jedem erdenklichen Szenario. Die Worte, die sie uns seit Beginn der SEAL-Ausbildung eingebläut hatten, stimmten: »Je mehr Schweiß du im Frieden vergießt, desto weniger Blut wirst du im Krieg vergießen.« An jenem Tag war ich dafür verantwortlich, dass keiner meiner Kameraden in der Delta Force auf der Strecke blieb, wenn sie in die Autowerkstatt eindrangen. Dass meine Kameraden im Krieg kein Blut vergossen, war mir ebenso wichtig, wie dass ich selbst kein Blut vergoss.
    Das Ziel dieses Auftrags war Osman Ali Atto – der größte Geldgeber des Kriegsherrn Aidid. Obwohl Casanova und ich das Ziel aus früheren Überwachungen kannten, mussten wir warten, bis ein Verbindungsmann der CIA ihn einwandfrei identifiziert hatte. Dann erst konnten wir angreifen.
    Ich fand es lachhaft, dass wir Atto zwar festnehmen, aber nicht töten sollten – denn er und sein Boss hatten schließlich Hunderttausende Somalier getötet. Ich dachte mir: Wenn wir Atto und Aidid töten würden, wäre der Krieg zu Ende, wir könnten den Menschen schnell etwas zu essen bringen und heil nach Hause zurückkehren.
    Es war bereits 0815, als unser Verbindungsmann endlich das vereinbarte Signal gab. Dies tat er nur, weil ihn die CIA gut dafür bezahlte. Als ich bei der CIA arbeitete, hatte ich selbst gesehen, wie die Loyalität plötzlich ins Wanken geraten kann, wenn Geld ins Spiel kommt.
    Auf das Signal hin legten Casanova und ich los: Kampfhubschrauber der Typen Little Bird und Black Hawk erschienen am Himmel. Die Männer der Delta Force hingen unterdessen sprichwörtlich in der Luft, denn die Stadt bot dem Feind zu viele Verstecke, zu viele Möglichkeiten zur Tarnung und zu viele Fluchtwege. Ein Feind musste nur ein paar Mal auf einen Heli oder Humvee schießen, zurück in ein Gebäude springen und seine Waffe ablegen. Wenn er dann wieder herauskam, galt er nicht mehr als Feind, da er keine Waffe bei sich trug. Hier musste alles schnell gehen und die Umgebung gestand uns keine Fehler zu.
    Die Männer der Delta Force seilten sich in die Autowerkstatt ab, Einzelkämpfer ließen sich in die Umgebung der Werkstatt hinab und Little Birds kreisten in der Luft, damit Scharfschützen die Sturmtruppen schützen konnten. Attos Leute stoben wie Ratten in alle Richtungen davon. Feindliche Kämpfer eröffneten das Feuer auf die Hubschrauber.
    Normalerweise arbeitet ein Scharfschütze immer mit einem Aufklärer zusammen. Der Aufklärer identifiziert die Ziele, berechnet ihre Entfernung und meldet sie dann dem Scharfschützen, damit er sie eliminieren kann. Bei diesem Einsatz hatten wir dafür keine Zeit – wir befanden uns mitten in einem Häuserkampf. In einer solchen Umgebung konnte überall ein Feind auftauchen und er unterschied sich optisch nicht von einem Zivilisten. Wir mussten abwarten, bis uns klar wurde, was er vorhatte. Selbst wenn er eine Waffe trug, könnte er zu einem Clan gehören, der auf unserer Seite stand. Wir mussten warten, bis die Person mit ihrer Waffe in unsere Richtung zielte. Dann konnten wir dafür sorgen, dass dieser Feind ausgeschaltet wurde. Zeit für Korrekturen oder einen zweiten Schuss gab es nicht mehr. Casanova und ich verwendeten 0,300-Winchester-Magnum-Scharfschützengewehre.
    Durch mein Leupold-10-Zielfernrohr sah ich, wie ein Kämpfer in 450 Metern Entfernung durch ein offenes Fenster die Hubschrauber beschoss. Ich versuchte, meine Herzfrequenz niedrig zu halten, und nahm ihn ins Fadenkreuz. Meine Muskeln führten die Bewegungen automatisch aus: den Gewehrkolben fest gegen die Schulter drücken, die Wange hinter dem Zielfernrohr, das Auge starr auf das Fadenkreuz richten statt auf den Feind und den Abzug gleichmäßig mit der mühelosen Kraft von zwei Pfund ziehen.
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher