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Natur

Natur

Titel: Natur
Autoren: Antje Flade
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Äste.
    Auch wenn manche Pflanzen und Bäume mit ihrer Höhe das menschliche Maß übersteigen, wirken sie nicht erdrückend und einschüchternd wie monomentale hohe Gebäude. Die Wuchskraft der Natur löst eher Bewunderung und Staunen aus.
    Noch ein weiteres Beispiel für die Wuchskraft der Natur ist das folgende: Die bei archäologischen Ausgrabungen mit einiger Mühe aufgedeckten Spuren früherer Kulturen würden in kurzer Zeit überwuchert und dann erneut nicht mehr auffindbar sein, wenn die schnell nachwachsende Vegetation nicht immer wieder entfernt würde.

    Abbildung 1-5: Zum Verhältnis zwischen Mensch und Natur (Niels Flade)
    Natur als Konstrukt
    Natur ist auch eine soziokulturelle Konstruktion, das heißt weit mehr als nur physische Umwelt. Jenseits der Natur der Naturwissenschaftler existieren Vorstellungen und Bilder von der natürlichen Umwelt, in denen diese zum Träger von Bedeutungen wird sowie zu einem Idealbild jenseits der Wirklichkeit, das auf eine schöne, bessere Welt verweist, oder zumindest auf eine Welt jenseits des Alltags in gebauten Umwelten. Der Wert der Natur liegt nicht zuletzt auch in ihrem Vermögen, Bedeutungen zu transportieren. Sie ist Symbol für vielerlei (vgl. Knopf, 1987; Romeiß-Stracke, 1996):
    • für das Ursprüngliche, Unberührte und eine heile Welt
    • für Leben, Lebendigsein, Wachstum und Wandel
    • für Kontinuität, Fortdauer, Universalität und Zeitlosigkeit
    • für Kraft
    • für das Metaphysische und Spirituelle, das über den Menschen und seine Welt hinausweist.
    Wie diese Auflistung zeigt, ist Natur gleichzeitig ein Symbol des Wandels als auch der Kontinuität. Die Jahreszeiten bringen einen Wandel mit sich, sie kehren jedoch Jahr für Jahr wieder. Kontinuität und Wandel schließen sich nicht aus. Die Natur als Symbol einer Urkraft verweist den Menschen der mächtigen Natur gegenüber in seine Schranken. Diese Naturbilder sind Vorstellungen, die sich auf die vermuteten Eigenschaften der Natur und auf das Verhältnis desMenschen zur Natur beziehen.

    Abbildung 1-6: Wuchskraft der Natur (eigene Fotos)
    Dieses wird in einer empirischen Untersuchung von Krömker (2004) bestätigt, die versucht hat, diese Naturbilder zu konkretisieren, indem sie Studierenden die Frage stellte, welches Wort für sie am besten Natur charakterisiert. Kulturelle Einflüsse erfasste sie dadurch, dass die Frage an Studierende aus vier Ländern nämlich Deutschland, Indien, USA und Peru gerichtet wurde. Insgesamt am häufigsten wurden mit Natur Wald, Bäume, Pflanzen, Tiere, Wasser und Luft assoziiert, was der Kategorie «Naturelemente» zugeordnet wurde. Das galt für alle Befragten unabhängig vom Land, in dem sie leben. Es ist die Natur als physische Umwelt, die als erstes in den Sinn kommt.
    Begriffe wie Leben oder Lebensgrundlage wurden der Rubrik versorgende Funktion von Natur zugeordnet. Aussagen wie «Natur ist ein Geschenk Gottes», «Natur ist der Ursprung» oder «Natur ist Gott», wurden in die Kategorie «Spiritualität» eingeordnet. Äußerungen wie prächtig, großartig oder unbeschreiblich wurden unter «Bewunderung und Staunen» einsortiert.
    Von den deutschen Studierenden wurden am häufigsten genannt: Versorgung, Ruhe und Erholung, Ästhetik und Ganzheit. Bei den Studierenden in Indien waren die häufigsten Assoziationen Ästhetik, Spiritualität, Bewunderung und Staunen sowie Versorgung, die in den USA Befragten assoziierten mit dem Wort Natur Ästhetik, Ruhe und Erholung, Bewunderung und Staunen sowie Unberührtheit. Allein bei den Befragten in Peru tauchten unter den fünf häufigsten Nennungen Bedrohung und Schutz sowie das Wort «Umwelt» auf. In Abbildung 1-7 sind die häufigsten Nennungen in Prozent der Befragten pro Land angegeben.
    Assoziationen zum Wort «Natur» sind meistens positiv. Dass Natur auch lebensfeindlich und lebensbedrohend sein kann, steht gedanklich nicht an erster Stelle. Der Ländervergleich macht deutlich, dass Naturbilder kulturell geprägt sind. Wie die Natur wahrgenommen wird, ist nicht nur ein psychologisches, sondern ein soziokulturelles Phänomen (vgl. Knopf, 1987).
    Naturbilder sind auch deshalb so wichtig, weil sie die maßgebliche Grundlage für das Bestreben sind, die Natur zu bewahren. Nicht die greifbare physische Natur, sondern das Naturbild, die imaginierte Natur, wird zum Gegenbild einer überzivilisierten Welt und zum Ausgangspunkt der Bemühungen, die Natur zu schützen (Böhme, 1989).
    Die Natur ist ein
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