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Natur

Natur

Titel: Natur
Autoren: Antje Flade
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die Einteilung von Hellpach (1924) an, der zwischen drei Arten von Umwelten unterschieden hat: der natürlichen, der sozialen und der kulturellen Umwelt. Diese drei Umwelten hat er folgendermaßen beschrieben (vgl. Hellbrück & Fischer, 1999):
    • die natürliche Umwelt setzt sich aus anorganischen und organischen Elementen und Erscheinungen zusammen, die nicht von Menschen herrühren
    • die soziale Umwelt besteht aus anderen Menschen, zwischenmenschlichen Beziehungen und sozialen Interaktionen
    • die kulturelle Umwelt ist ein Werk der Menschen, das aus produzierten materiellen und immateriellen Dingen besteht, z. B. aus Gebäuden, Städten, Staaten, Sprachen, Schriften, Büchern, Kunstwerken, Gesetzen, Werten, Normen, Religionen und Symbolen.
    Natur ist nicht 1:1 mit der natürlichen Umwelt gleichzusetzen. Es ist komplizierter, weil Menschen die Natur verändern, so dass daraus eine kulturell überformte natürliche Umwelt wird. Damit wird die Grenze zwischen natürlicher und kultureller Umwelt unscharf. Beim Thema «Natur» geht es also nicht nur um die natürliche Umwelt im Sinne Hellpachs, sondern auch um erlebte, genutzte und veränderte Natur sowie um Bilder und Konstrukte von Natur.
    Natur als physische Umwelt
    Natur im Sinne der natürlichen Umwelt in Hellpachs Einteilung existiert von selbst und entwickelt sich nach eigenen Gesetzen (Altman & Chemers, 1980). Mit diesen Gesetzmäßigkeiten befassen sich die Naturwissenschaften. Physik und Chemie sind auf die Erscheinungen und Gesetzmäßigkeiten der unbelebten Natur gerichtet, die Biologie beschäftigt sich mit der belebten, hervorbringenden Natur. Natur ist das Insgesamt an organischer (belebter) und anorganischer (unbelebter) Materie, das kein Produkt menschlicher Aktivitäten und Interventionen ist (Wohlwill, 1983). Unbelebt sind Boden, Wasser, Wetter, Klima, Luft, Sonnenlicht, Atmosphäre, Wärme, Temperatur, Strömungen, chemische Stoffe, kosmische Einflüsse usw., belebte Elemente sind Pflanzen und Tiere, darunter auch der Mensch als biologisches Wesen, als «homo natura» (Riedel, 2001).
    Die Pflanzenwelt ist ein Teil der belebten Umwelt. In vielen Fällen ist die grüne Natur gemeint, wenn untersucht wird, warum Natur für den Menschen wichtig ist. Ein hoch geschätztes anorganisches Naturelement ist das Wasser in unterschiedlicher Gestalt z. B. als Brunnen, See oder Fluss.

    Abbildung 1-4: Grüne Natur und Wasser (eigenes Foto)
    Natur tritt in unterschiedlicher Gestalt auf. Die Skala erstreckt sich von Mikro- bis Makro-Umwelten. Am unteren Ende befinden sich «molekulare» Naturelemente wie ein Blumenstängel, eine Blüte oder ein Blatt, im Bereich der Makro-Umwelten lassen sich Waldgebiete, Gebirge, der Ozean und die Arktis einordnen, am obersten Ende schließlich der allumfassende Kosmos (Gifford, 2007). Das rechtfertigt es, die Begriffe Natur und Naturumwelt synonym zu verwenden. Bei einer psychologischen Betrachtung von Natur geht es in erster Linie um Naturumwelten mittlerer Größenordnung, die erlebbare Bestandteile des Lebensraums des Menschen sind. Dazu gehören z. B. Bäume, Gärten, Parks, Grünflächen, Seen und Wälder.
    Ein charakteristisches Merkmal von Naturumwelten ist deren fortwährender Wandel. Es gibt keinen Stillstand, weil sich Konstellationen und Formen ständig wandeln. Diese Veränderungen können zugleich auch Signale sein. Wolken bewegen sich und signalisieren je nach Art ihrer Bewegung vollkommen unterschiedliche Eindrücke, die von gelassener Ruhe bis zu höchster Dramatik reichen (Hellbrück & Fischer, 1999). Dahin jagende dunkle Wolken kündigen Regen und Sturm an, weiße Wolken auf hellblauem Grund verkünden schönes Wetter. Zyklische Veränderungen mit charakteristischen Begleiterscheinungen sind vor allem der Tag-Nacht-Wechsel, die Aufeinanderfolge der Jahreszeiten und in Küstenregionen Ebbe und Flut. Durch diesen fortgesetzten Wandel wird dem Menschen eine permanente Wachheit und Aufmerksamkeit abverlangt. Der sensorische Input aus der natürlichen Umwelt unterliegt weniger oder nicht der individuellen Kontrolle, das heißt die Reize treffen in ungebremster Intensität auf die Sinnesorgane (Sebba, 1991).
    Noch ein weiteres Merkmal ist hier zu nennen, nämlich die die Kraft der physischen Natur, die sowohl in extremen Ereignissen mit katastrophalen Folgen für die Menschen als auch in der ungeheuren Wuchskraft von Bäumen und Pflanzen zum Ausdruck kommt. Hindernisse werden durchbrochen, es bilden sich neue
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