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Nachtwelt (German Edition)

Nachtwelt (German Edition)

Titel: Nachtwelt (German Edition)
Autoren: Theres Büchner
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Schlimmeres, als allein vor einem vollen Teller sitzen zu müssen. Außerdem ist es wie in der letzten Nacht. Andys Einladung hört sich an, als würde er ein Nein nicht akzeptieren.
    „Klar, da komme ich gern. Vielen Dank, für die Einladung. Soll ich noch etwas mitbringen? Ich will gerade zum Einkaufen.“
    „Nö, wir haben alles.“ Mimi hat schon einen Fuß wieder im Auto, da spricht Andy sie noch einmal an: „Mimi!“
    Sie hält sich an der Wagentür fest und dreht sich zu ihm um. „Ja!?“
    „Hast du letzte Nacht gut geschlafen?“
    Was soll das jetzt? Seit wann interessiert es Andy, ob sie gut geschlafen hat. Irgendwie braucht sie ziemlich lange für die kurze Antwort.
    „Ja, habe ich. Warum?“
    „Nur so. Michi hat mir erzählt, dass du in den letzten Wochen schlecht schläfst. Darum dachte ich, na ja, fragst mal.“ Er winkt: “Bis heute Mittag.“
    „Ja, bis dann.“
     
    Den gesamten Weg zum Supermarkt denkt Mimi darauf rum, warum Andy sie fragt, wie sie geschlafen hat. Irgendwie war er komisch. Vielleicht interpretiert sie da zuviel rein. Männer sind relativ klar in ihren An- und Aussagen. Nur die Frauen machen etwas Komisches daraus.
     
    Die Eier liegen schon im Einkaufswagen. Beim Blick auf ihren Zettel liest sie wieder die Worte: Du musst daran glauben, dann wirst du den Weg finden . Wenn das mit dem Glauben nur so einfach wäre. Der fehlt ihr in fast allen Lebenslagen. Sie ist die ewig Zweifelnde und wäre selbst froh, wenn sie Situationen und Menschen mit mehr Überzeugung entgegen treten könnte. Da wäre der Glaube, dass Dinge wahr, ehrlich und wirklich sind hilfreich, um den richtigen Weg zu finden.
    Jetzt noch zwei Liter Milch, Bezahlen und zurück nach Hause.
     
     
    Das ehemalige Tennentor haben Michi und Andy komplett verglast. Dahinter liegt ihr riesiges Wohnzimmer, mit einer unglaublichen Deckenhöhe. Vor dem Tennentor ist im Original eine große Fläche Kopfsteinpflaster erhalten. Wenn Mimi über das Pflaster läuft, stellt sie sich vor, wie früher die Pferdefuhrwerke mit ihren eisenbeschlagenen Holzrädern über die Steine rumpelten.
    Die Toreinfahrt wird von riesigen Kastanien gesäumt. Bilder, die Michi und Andy von Mimis Vermietern bekamen, zeigen, dass hier früher eine ganze Allee von Kastanien stand. Heute sind noch lediglich zwei Bäume auf jeder Seite der damaligen Zufahrt erhalten. Vieles hat sich in den letzten Jahrzehnten verändert. Schön, dass diese vier Zeitzeugen gerettet werden konnten.
     
    Andy schrubbt die Gartenmöbel. „He, Andy.“
    Andy nimmt sie in die Arme. „He, Mimi. Die Stühle habe ich schon sauber gemacht. Setz dich und nimm dir eine Zigarette. Die liegen im Blumenkasten. Michi kommt gleich.“
    „Danke, ich habe selbst Zigaretten.“
    „Ah. Tag des Rauchens“, sagt Andy grinsend.
    Mimi lässt sich in einen der Stühle fallen. Andy trägt, auf Knielänge gekürzte Bundeswehrhosen. Er hat Springerstiefel an, aus deren Schaft der Rand dicker Wollsocken guckt. Die Ärmel des St. Pauli T-Shirts hat er auf die Schultern geschoben. Während Andy den Tisch schrubbt, sieht es aus, als würde der St. Pauli Totenkopf sie anlachen.
     
    Mimi fällt auf, dass der Drache auf Andys Arm noch nicht fertig tätowiert ist. Zwar sind auf dem Oberarm bereits die Outlines gestochen, aber die Farben und Schattierungen fehlen noch.
    Komisch, dass ich letzte Nacht so eine detaillierte Vorstellung von der fertigen Tätowierung hatte , denkt Mimi und sagt zu Andy: „Dein Drache wird wunderschön sein, wenn er fertig gestochen ist.“
    „Vielen Dank. Freut mich, dass er dir gefallen hat.“
    Mimi zieht die Augenbrauen zusammen und kaut auf ihrer Unterlippe. Müsste Andy nicht sagen: … dass er dir gefallen wird .
    In diesem Moment kommt Michi mit einer riesigen Salatschüssel aus dem Haus und Mimi denkt ihren Gedanken nicht zu Ende. Michi stellt die Schüssel auf den frisch geputzten Tisch und schwebt dann elfengleich auf Mimi zu, um sie in ihre Arme zu schließen.
     
    Sie sieht total schön aus, wie der Frühling selbst. Ihre langen Haare hat sie hochgesteckt. Sie trägt ein lindgrünes, knöchellanges Kleid, dessen Ärmel leicht ausgestellt sind und fast bis zu den Fingerspitzen reichen. So wie sie aussieht, könnte sie direkt aus einem Fantasyroman herüber geweht sein.
    Mimi sagt anerkennend: „Du siehst schön aus.“
    „Danke. Und? Hast du letzte Nacht gut geschlafen?“
    Erwartungsvoll schaut Michi sie an, als gäbe es etwas Sensationelles über die
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