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Nachtraeglich ins Glueck

Nachtraeglich ins Glueck

Titel: Nachtraeglich ins Glueck
Autoren: Poppy J. Anderson
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Texas bist du lediglich eine Kinderärztin.“
    Ihre Mutter hatte den Nagel auf den Kopf getroffen – auch wenn sie die Schlussfolgerung als negativ darstellte. Sam dagegen konnte sich nichts Besseres vorstellen, als endlich nicht mehr nach ihrem Nachnamen bewertet zu werden. Sie war als Enkelin eines Stahl-Tycoons in privilegierten Kreisen aufgewachsen und war ihr ganzes Leben das Kind einer reichen Mutter gewesen, die ein riesiges Vermögen geerbt hatte, als Sams Großvater vor fünfzehn Jahren verstorben war. Damals war Sam dreizehn Jahre alt gewesen und hatte gesehen, wie sehr sich ihre Mutter verändert hatte, nachdem sie für die Firma ihres Vaters plötzlich allein verantwortlich gewesen war. Aus ihrer zurückhaltenden Mutter war eine herrschsüchtige Firmenchefin geworden, die auch in ihrem Privatleben bestimmen musste und sagte, wo es lang ging.
    Da Sam nie gelernt hatte, sich gegen ihre Mutter durchzusetzen, hatte sie auch nichts gesagt, als entschieden wurde, auf welches College Sam nach der Highschool gehen sollte. Ihre Mutter entschied sich für ein College in der Nähe, obwohl Sam insgeheim davon geträumt hatte, in Kalifornien zu studieren. Doch sie hatte sich gefügt ... noch heute bereute sie es, ihrer Mutter nicht Paroli geboten zu haben und nicht nach Kalifornien gegangen zu sein. Nichts wäre passiert, wenn sie nicht in Illinois studiert hätte. Nichts.
    „Du kannst deine Meinung immer noch ändern, Samantha. Meiner Meinung nach solltest du noch einmal genau darüber nachdenken, was du wirklich willst.“
    „Ich bin Kinderärztin geworden, weil ich Kinder behandeln möchte, Mom. In einem stressigen Krankenhaus kann man keine persönliche Beziehung zu den Patienten aufbauen. Eine kleine Praxis dagegen bietet mir diese Möglichkeit.“
    „Musste es denn unbedingt Texas sein?“
    Natürlich hätte es nicht Texas sein müssen, aber Sam wollte ihrer Mutter nicht ins Gesicht sagen, dass sie den Abstand zu ihr brauchte und nicht im Traum daran dachte, wieder zurück nach Chicago zu kommen. Sie hatte achtundzwanzig Jahre unter der verkorksten Beziehung zu ihrer Mutter gelitten, hatte sich Vorwürfe wegen ihres betrügerischen Vaters anhören müssen und war mit einer Mischung aus Druck und Schuldgefühlen erzogen worden, daher konnte sie es nicht erwarten, endlich aus dem goldenen Käfig ihrer Mutter auszubrechen. Endgültig auszubrechen, denn bisher hatte es einige wenige Male gegeben, in denen sie sich gegen ihre Mutter durchgesetzt hatte.
    Beispielsweise hatte sie sich geweigert, Betriebswirtschaftslehre zu studieren, da sie nicht die Absicht verfolgt hatte, das Familienunternehmen von ihrer Mutter zu übernehmen. Monatelang war auf Sam eingeredet worden, dass sie mit der Zukunft hunderter Angestellten spiele, dass sie die Familie enttäuschen würde und dass es ihrer Mutter das Herz bräche ... Natürlich hatte sie ein schlechtes Gewissen gehabt, war jedoch bei ihrem Entschluss geblieben. Erst Jahre später hatte ihre Mutter es aufgegeben, ihr deshalb Vorwürfe zu machen, und hatte letztendlich akzeptiert, dass Sams berufliche Perspektive in der Medizin lag.
    Für ihre Mutter war es nur schwer zu ertragen, dass Sam eigene Entscheidungen fällte, und sie konnte es kaum akzeptieren, dass ihre Tochter ein anderes Leben als sie führen wollte. Als Teenager hatte Sam es furchtbar gefunden, nicht wie andere Klassenkameraden ausflippen zu können, denn ihre Mutter hatte stets ein strenges Auge auf sie gehabt. Erst auf dem College hatte Sam sich offen geweigert, auf ihre Mutter zu hören und hatte alle Ratschläge in den Wind geschlagen ... und war daran fast zerbrochen. Hätte sie auf ihre Mutter gehört, wäre ihr viel erspart geblieben. Dass ihre Mutter Recht behalten hatte und sich Sam dermaßen hatte täuschen können, war ein harter Schlag gewesen. Sam war im buchstäblichen Sinn zu Boden gegangen und hatte eine Ewigkeit gebraucht, um sich wieder aufzurappeln. Anschließend hatte sie sich nicht darum gekümmert, ob ihre Mutter wieder einmal etwas über ihren Kopf entschied, sondern hatte es sich gefallen lassen. Erst nach und nach war in ihr der Wunsch nach Unabhängigkeit aufgekommen, der sich nun darin geäußert hatte, ihre Heimatstadt zu verlassen und in Texas ein neues Leben anzufangen.
    „Mir gefällt es hier, Mom. Belassen wir es doch bitte dabei.“
    „Du wirst mir doch nicht absprechen wollen, mich um dich zu sorgen.“
    „Nein, Mom“, seufzte Sam und erhob sich, um sich wieder an die
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