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Nachtraeglich ins Glueck

Nachtraeglich ins Glueck

Titel: Nachtraeglich ins Glueck
Autoren: Poppy J. Anderson
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echten Einsiedlerin geworden, deren liebster Gesprächspartner ein dreißig Kilo schwerer Hund mit sandfarbenen Fell und dem Hang zu unkontrollierbaren Sabberattacken war. Selbst mit ihren Arbeitskollegen hatte sie neben dem Job im Kinderkrankenhaus wenig privaten Umgang gepflegt. Dabei wusste Sam, dass es an ihr gelegen hatte, dass sie mit ihren Arbeitskollegen nicht warm geworden war. Zwar war sie stets freundlich und betrieb auch gerne Smalltalk, aber echte Freundschaften einzugehen fiel ihr dagegen schwer. Oberflächliche Bekanntschaften erforderten wenig Anstrengung und waren kein Problem für Sam, aber richtige Freundschaften kamen nur dann zustande, wenn man dem anderen seine Geheimnisse offenbarte und ihm von sich selbst erzählte. Leider war dies ein Punkt, der Sam unglaublich schwer fiel.
    Einem anderen Menschen so sehr zu vertrauen, dass man ihm von dem schlimmsten Erlebnis der eigenen Vergangenheit berichten konnte, lag für Sam momentan in weiter Ferne. Aber sie hoffte, dass sie in dieser schönen Kleinstadt genügend Anschluss finden konnte, um Freunde zu gewinnen und endlich ein relativ normales Leben führen zu können. Vor sechs Jahren, als ihr Leben perfekt erschienen war, hatte sie einen langen Bericht im Fernsehen über die ländliche Gegend von Ost-Texas gesehen und bereits damals gedacht, dass dies ein wunderschöner Ort sein musste, an dem man ein friedliches und zufriedenes Leben führen konnte. Als sie vor wenigen Wochen zufällig die Stellenbeschreibung entdeckt hatte, in der die Kleinstadt Hailsboro nach einem Kinderarzt suchte, hatte sie sich beworben und war prompt genommen worden. Nun war sie hier und schaute sich in ihrem geräumigen Haus um, während sie den schnarchenden Bugs kraulte und sich seufzend eingestand, dass sie endlich nach vorne schauen musste. Viel zu lange hatte sie sich von ihrer Vergangenheit beeinflussen lassen.
    Das Klingeln des Telefons war eine willkommene Ablenkung. Sobald sie jedoch die Stimme ihrer Mutter hörte, bereute sie es, das Gespräch überhaupt angenommen zu haben.
    „Hallo, Mom.“
    „Hallo, Samantha“, ihre Mutter seufzte schwer in den Hörer. „Geht es dir gut?“
    „Es geht mir fabelhaft“, erwiderte sie fröhlich. „Bugs und ich sind dabei, uns im Haus einzurichten. Der Garten ist wunderschön und geradezu riesig. Hier hat Bugs endlich etwas Auslauf ...“
    Mit schneidender Stimme unterbrach ihre Mutter sie. „Wenn du in Chicago geblieben wärst, könnte dein Hund den ganzen Tag auf unserem Gelände verbringen, Samantha. Du hattest dich für eine Stadtwohnung entschieden, obwohl du genauso gut in meinem Haus hättest wohnen können.“
    Sam biss die Zähne zusammen und spannte sich augenblicklich an. Sogar Bugs erwachte, da ihre Hand in der Luft verharrte und ihn nicht weiter gestreichelt hatte.
    „Mom, darüber haben wir doch schon gesprochen.“
    „Nein, du hast entschieden und mich einfach nicht beachtet.“
    Glücklicherweise hatte Sam ihre Mutter nicht beachtet, als sie sich dafür entschieden hatte, Chicago zu verlassen und nach Texas zu ziehen, denn sie war sich nicht sicher, ob ihre Mutter es nicht vielleicht doch geschafft hätte, ihr ein schlechtes Gewissen zu machen und sie zum Bleiben zu bewegen. Wenn Sam ehrlich war, musste sie sich eingestehen, dass die Jobannahme so etwas wie eine Flucht vor ihrer Mutter gewesen war. Von Chicago wegzugehen und ans andere Ende des Landes zu ziehen, bedeutete für sie, sich von ihrer allseits beherrschenden Mutter zu lösen, die Sam bereits ihr ganzes Leben lang diktiert hatte, wie sie zu leben hatte und was sie tun sollte.
    „Du weißt, dass ich nicht länger im Krankenhaus arbeiten wollte, Mom. Das Jobangebot war perfekt ...“
    Wieder unterbrach ihre Mutter sie mit einem überheblichen Ton. „Du musstest nicht bis nach Texas ziehen, um einen Job zu bekommen. Hier in Chicago stehen dir so viele Möglichkeiten offen, Samantha. Nur ein paar Telefonanrufe und ich hätte dir zehn Stellen beschafft, die dir alle gefallen hätten. Außerdem hättest du problemlos in der Privatklinik deines Patenonkels arbeiten können.“
    Sam zuckte zusammen, als ihre Mutter ihren Patenonkel Gordon ansprach, der in einem Vorort von Chicago eine teure Privatklinik besaß, die von den reichen Bürgern der Stadt besucht wurde. Sie konnte nicht verstehen, dass ihre Mutter tatsächlich davon ausging, dass Sam ausgerechnet in Gordons Privatklinik arbeiten würde.
    „In Chicago bist du jemand, Samantha, aber in
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