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Nachtkuss - Howard, L: Nachtkuss - Burn

Titel: Nachtkuss - Howard, L: Nachtkuss - Burn
Autoren: Linda Howard
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Sparkonto einzahlte. Bestimmt wurde von ihr erwartet, das Geld zu investieren , es auf mysteriöse Weise wieder in Umlauf zu bringen, es arbeiten zu lassen.
    Das war Neuland für sie. Sie wusste, wenigstens ungefähr, wozu es Aktien gab, hätte aber nicht sagen können, was eine Anleihe war oder wozu sie gut sein sollte. Die Betrüger und Bauernfänger würden ihr die Tür einrennen, um ihr das Geld aus der Tasche zu ziehen - der gute alte Jerry, ihr Vater, wäre der Erste -, und sie hatte keine Ahnung, wie sie sich vor ihnen schützen konnte.
    Nach einem weiteren Blick auf ihren Tippschein wurde ihr auf einmal übel, und sie rannte ins Bad, wo sie lange über der gesprungenen alten Toilettenschüssel hing, obwohl nichts als warmes Wasser aus ihrem Mund kam. Schließlich holte sie ein paar Mal tief Luft, beugte sich über das Waschbecken und spritzte sich kaltes Wasser ins Gesicht. Dann stemmte sie die Hände auf das kühle Porzellan
und betrachtete sich im Spiegel. Das Gesicht, das ihr entgegenblickte, war eine Lüge. Dem Spiegel zufolge war alles wie sonst, dabei war nichts wie sonst, denn das Leben, in dem sie sich eingerichtet hatte, gab es nicht mehr.
    Sie sah sich im Bad um, betrachtete die abgeplatzten Bodenfliesen, die billige Fiberglas-Duschkabine, den fleckigen Spiegel … und wäre um ein Haar unter dem überwältigenden Gefühl zusammengebrochen, dass bald nichts von alldem mehr real sein würde. Das hier war für sie völlig in Ordnung. Hier gehörte sie her. In dieser heruntergekommenen, bejahrten Doppelhaushälfte in diesem langsam absackenden Stadtviertel fühlte sie sich zu Hause. In zehn Jahren würde diese Gegend zum Slum verkommen sein, sie selbst wäre bis dahin in eine andere Wohnung gezogen, die sich auf demselben Niveau wie ihr jetziges Zuhause befand, und damit wäre sie vollauf zufrieden. Das war ihr Leben. Sie wurstelte sich durch, sie konnte ihre Rechnungen bezahlen, und ab und zu machte sie mit Michelle im Bird’s einen drauf. Sie wusste, wo ihr Platz in dieser Welt war.
    Nur dass das nicht mehr ihre Welt war … Diese Erkenntnis setzte ihr so zu, dass sie sich gleich wieder über die Toilette beugte und zu würgen begann. Sie konnte nur so weiterleben wie bisher, wenn sie ihren Gewinn verfallen ließ, aber nein, dazu würde es nicht kommen. Sie war schließlich nicht blöd. Vielleicht so nervös, dass sie kotzen musste, aber bestimmt nicht blöd.
    Sie würde sich praktisch aus ihrem ganzen bisherigen Leben verabschieden. Sie ging ihre Freundschaften durch, enge und lose, und kam zu dem Schluss, dass wahrscheinlich nur die mit Michelle überleben würde. Sie und Michelle waren praktisch seit ihrer ersten Begegnung in der Highschool befreundet. Sie hatte damals mindestens so
viel, wenn nicht sogar mehr Zeit bei Michelle verbracht als bei sich zu Hause - wo das auch gerade gewesen war, denn Jerry hatte sie von einem Loch ins nächste geschleift und dabei regelmäßig ein paar Monatsmieten an Schulden hinterlassen. So wie er es sah, brauchte er auf diese Weise nur zwei, drei Monate im Jahr Miete zu zahlen und konnte die restliche Zeit mietfrei wohnen, da der Vermieter normalerweise mehrere Monate brauchte, um sie an die Luft zu setzen. In Jerrys Welt zahlten nur Vollidioten jeden Monat Miete.
    Jerry würde zum Problem werden. Die Frage war nicht, ob er Schwierigkeiten machen würde, sondern, wie groß sie sein würden .
    Jenner machte sich keine Illusionen über ihren Dad. Sie hatte ihn seit Monaten nicht mehr gesehen und wusste nicht einmal, ob er immer noch im Umkreis von Chicago lebte, aber so sicher, wie die Sonne im Osten aufging, so sicher würde er auftauchen, sobald er von ihrem Lotteriegewinn hörte, und dann würde er alles unternehmen, um möglichst viel von ihrem Reichtum in die Finger zu bekommen. Darum musste sie überlegen, wie sie ihr Geld schützen konnte, bevor sie den Gewinn einlöste.
    Sie hatte von Menschen gelesen, die alles genau durchdacht und sich nach allen Seiten abgesichert hatten, bevor sie, manchmal erst nach Wochen, den Gewinn einlösten und damit ins Licht der Öffentlichkeit traten. Genauso würde sie es auch machen. Sie würde weiter bei Harvest arbeiten, bis sie das Geld tatsächlich in Händen hielt, aber sie musste so bald wie möglich - am besten noch heute - jemanden finden, der von Berufs wegen wusste, was man mit so viel Kohle anstellte.
    Um drei Uhr morgens war sie völlig ausgepumpt, körperlich und geistig. Sie zog sich aus, legte sich ins Bett
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