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Nachtglanz - Heitmann, T: Nachtglanz

Titel: Nachtglanz - Heitmann, T: Nachtglanz
Autoren: Tanja Heitmann
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Adam

    »Als ob ich dich so billig davonkommen lassen würde«, sagte Esther mit einem Schmunzeln, das ihr jedoch sogleich wieder verging.
    Unablässig kreisten ihre Gedanken um Adam, zeigten ihr Bilder von seiner Unterwerfung durch Anders, während sie zur Untätigkeit verurteilt festsaß. Zwar bildete sie sich keineswegs ein, dass sie eine große Hilfe gewesen wäre - vermutlich hätte sie Adam eher behindert, denn im Gegensatz zu ihm war sie sterblich -, aber falls er unterliegen sollte, wollte sie bei ihm sein. Genau aus diesem Grund hat er dich weggesperrt, weil er das verhindern will. Du sollst nicht noch einmal sehen, wie jemand stirbt, den du liebst. Oder wie jemand, den du liebst, die falsche Entscheidung trifft …
    Esther stöhnte auf und presste sich die Fäuste gegen die Schläfen. Vollkommen gleichgültig, in welche Richtung ihre Gedanken auch gingen, überall lauerten Fallen.
    Im Nachhinein konnte sie nicht sagen, wie lange sie in dem Kofferraum eingesperrt war. Zu sehr war sie mit ihren Ängsten und Sorgen beschäftigt. Nur ihre steifen Gelenke und der schmerzende Rücken verrieten, dass sie eine ganze Weile zusammengekauert dagelegen hatte, als das Klacken des Kofferraumschlosses sie aus ihrer Versunkenheit riss.
    Das grelle Sonnenlicht blendete sie, als der Deckel hochgehoben wurde, dann legte sich ein Schatten auf sie. Die Begrüßung, die ihr bei Adams ausdrucksloser Miene auf der Zunge lag, kam ihr nicht über die Lippen. Auch er schien es nicht für nötig zu halten, etwas zu sagen. Stumm hielt er ihr die Hand hin, um ihr beim Aussteigen behilflich zu sein.
    Angst breitete sich in Esther aus. Dieser Mann vor ihr, dessen Gesicht eine makellose Maske war, kannte sie ihn? Sie war sich nicht sicher.Vielleicht würde Adam ja genauso aussehen, wenn Anders seinem Dämon verholfen hatte, endgültig die Oberhand zu gewinnen. Wie damals auf dem Fest, als er mit einer
schockierenden Gleichgültigkeit Rischka in seine Arme gezogen hatte und sie, eine gewöhnliche Dienerin, deren Blut nutzlos war, nicht eines Blickes gewürdigt hatte.
    »Adam«, fragte sie unsicher, »was ist geschehen?«
    Als Adam die Hand hob, zuckte sie unwillkürlich zurück, beinahe als befürchte sie, er könne ihr etwas antun. In seinen Augen funkelte etwas Kühles, etwas Berechnendes auf, das Esther zurückweichen ließ. Dieser Mann war ihr fremd, seinen geschmeidigen Bewegungen und der Art, wie er sie fixierte, wohnte nichts Menschliches inne. Fast war es ihr, als würde er ihre Witterung aufnehmen, wenn auch nur für den Fall, dass sie einen Ausbruch wagen sollte.
    »Ich habe dir etwas mitgebracht«, sagte er so ruhig, als gäbe es nichts auf der Welt, das seinen Puls zum Rasen bringen konnte. In der Hand hielt er etwas, das in ein weißes Stück Stoff eingeschlagen war. Nur war der Stoff nicht länger weiß: Rote Flecken durchdrangen ihn. »Nimm es.«
    Esther machte vor Entsetzen noch einen weiteren Schritt zurück, unfähig, ein Aufkeuchen zu unterdrücken.
    »Du solltest nicht vor mir zurückweichen, wenn ich in so einer Verfassung bin, Esther. Meine Jagdinstinkte könnten ansonsten die Oberhand gewinnen. Und das will keiner von uns beiden. Also komm wieder zu mir, ja?«
    Gegen ihren Willen ging Esther weiter zurück. Es war, als habe ein Teil ihres Verstandes die Kontrolle übernommen, der uralt und fürs Überleben verantwortlich war. Und der drängte überwältigend zur Flucht.
    »Esther«, flüsterte Adam nun kaum noch hörbar. »Komm zu mir.«
    Mit weit aufgerissenen Augen starrte Esther auf das blutige Etwas in Adams Hand, und plötzlich glaubte sie ein leises Schlagen zu hören. Ein Herzschlag, dachte sie ungläubig. Das kann doch nicht sein!

41
    Herzschlag
    Die Macht, die von dieser Frau ausging, mochte nicht annähernd so stark sein wie der Sog, den ER ausgelöst hatte, trotzdem bekam er sie zu spüren. Die Liebe, die der Quälgeist zu dieser Sterblichen empfand, war wie ein Bannspruch: Der Gewinn von Adams Menschlichkeit ging zulasten seines dämonischen Reiches. Mit jeder Sekunde, die er in ihrer Gegenwart verbrachte, wurde er mehr zurückgedrängt, in einen Kerker verbannt, wobei ihm doch jeder einzelne Raum dieses Tempels gehören sollte.
    Mit einem Wutschrei stemmte er sich dagegen, nicht bereit, auch nur ein Stück des gerade im Kampf zurückgewonnenen Gebietes wieder aufzugeben. Adam war geschwächt, seine Jagdinstinkte und seine Sinne waren kurz davor, das Ruder an sich zu reißen. Und er würde sie
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