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Nacht ohne Angst: Kriminalroman (German Edition)

Nacht ohne Angst: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Nacht ohne Angst: Kriminalroman (German Edition)
Autoren: Angélique Mundt
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verlegen und fing erstmals seinen Blick auf. Merkte er denn nicht, dass das jetzt nicht wichtig war?
    Er erzählte, wie er panisch geworden war, als er Tessa nicht erreichen konnte. Wie er ihren Schrei im Keller gehört hatte. Wie er für einen Moment geglaubt hatte, dass der Schuss Tessa getroffen hätte. Jetzt wandte er seinen Blick nicht mehr von ihr ab, und sie konnte sehen, dass er noch einmal durch die Hölle ging. Und die hatte ihn verändert. Er war ihr näher als je zuvor. Und weiter weg, als sie es je für möglich gehalten hatte.
    »Liebchen hat den Mut gehabt, zu schießen. Er hat alles mobilisiert, was Beine hatte. Daher waren die Kollegen und Ärzte so schnell da. Selbst Schwester Mathilde hat schnell geschaltet und alle in den Keller geschickt. Sie haben dir das Leben gerettet.«
    »Komisch, ich dachte, du hast mir das Leben gerettet.«
    »Nein, wegen mir wärst du fast gestorben.«
    »So verschieden können die Blickwinkel sein.« Tessa ließ sich tiefer in die Kissen sinken. Nach einer Weile hielt sie die Stille, die sich ausbreitete, nicht mehr aus.
    »Brömme hat Gabriele Henke getötet. Er hat es mir im Keller gestanden.«
    »Ich weiß, der DNA -Abgleich war eindeutig.«
    »Kann man ihn dafür verantwortlich machen? Er hat nichts empfinden können. Wie finden wir die Wahrheit heraus?« Tessa schaute Torben ratlos an.
    »Wahrheit gibt es nicht. Wahrheit ist subjektiv. Recht und Unrecht wird immer wieder neu definiert.«
    »Es hat ewig gedauert, bis ich kapierte, dass er sich auf mich fixiert hat. Da war es zu spät. Ich habe nicht auf Paul gehört. Er hatte so recht. Weißt du, er kam zu mir. Er wollte es mit mir diskutieren. Er hat mir auf den Kopf zugesagt, dass Brömme in mich verliebt ist. Ich habe gelacht. Dabei wusste ich es besser. Die Spaltung des Schizoiden …« Tessa überlegte einen Moment. »Brömme hat sich so nach mir gesehnt wie nach seiner Mutter, aber er hatte unendliche Angst vor Enttäuschung. Davor, dass ich ihn nicht ernst nehmen könnte. Und er hat es vor mir bemerkt …«
    »Was?«, fragte er.
    »Das zwischen uns beiden, Torben.«
    Stille.
    »Das konnte er nicht ertragen. Er konnte diese erneute Kränkung nicht ertragen. Deshalb ist er auf mich losgegangen.«
    »Nein, Tessa. Nur weil man schizophren ist oder depressiv oder was weiß ich, gibt einem das noch lange nicht das Recht, ungestraft zu töten. Versuch nicht, ihn zu rechtfertigen.«
    »Er war schizoid, Torben. Im Keller hat er mir erzählt, dass er die Medikamente gar nicht genommen hat. Er dachte, dass er richtig handelt. Aus seiner Sicht hatte er Gründe. Ich glaube nicht, dass ihm wirklich klar war, was er tat, als er Gabriele Henke ermordete.«
    Sie schwiegen eine Weile.
    »Ich habe dir etwas mitgebracht«, sagte er dann und holte ein schmales Büchlein aus seiner Jackentasche. »Wir haben es unter Brömmes Sachen gefunden.«
    »Hast du es gelesen?«
    »Ja, das musste ich. Es hätten noch weitere Hinweise auf ihren Tod drinstehen können. Oder über Brömme. Das ist mein Job.«
    Tessa strich sanft mit der Hand über den Einband. »Das Tagebuch.«
    Er nickte. »Es steht … Aber lies selbst. Ich lasse es dir hier.«
    »Vielleicht tue ich das.« Sie seufzte.
    Er blieb noch eine Weile. Hielt ihre Hand. Aber sie sprachen nicht über sich. Und nicht über die Zukunft.
    Als er ging, wollte Tessa an nichts mehr denken müssen. Nicht an die beiden toten Frauen, nicht an den toten Brömme und erst recht nicht an Torben Koster und ihre Gefühle.
    Jetzt wollte sie nur noch chemische Ruhe.
    Heute wurde sie entlassen. Obwohl ihre Schulter noch wehtat und es kaum möglich war, irgendeine vernünftige Bewegung zu machen, ohne damit Schmerzen zu verursachen, wollte Tessa nur noch nach Hause. Ihr Arm war in einer Schlinge ruhiggestellt, und sie hatte die Ärzte überredet, sie früher gehen zu lassen. Immerhin hatte sie versprochen, auch brav zu allen Nachuntersuchungen zu kommen. Ärzte sind eben immer noch die schlimmsten Patienten. Gerade versuchte sie die wenigen Kleidungsstücke, die sie im Krankenhaus hatte, in ihre Reisetasche zu packen, als es an der Tür polterte und sich ein großer Blumenstrauß durch den Türspalt schob. Dahinter kam die massige Statur von Michael Liebetrau zum Vorschein.
    »Wie schön, dass Sie kommen!«, rief Tessa.
    Liebetrau schob sich langsam näher. »Die sind für Sie«, sagte er und übergab ihr die weißen Pfingstrosen.
    »Herrlich. Die darf ich doch mit nach Hause nehmen,
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