Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Nachsuche

Nachsuche

Titel: Nachsuche
Autoren: Kuhn Kuhn
Vom Netzwerk:
muss immer noch für seine erste Frau zahlen, und nicht wenig. Er hat damals alle Schuld auf sich genommen, nur damit es schneller geht und er die Frau heiraten kann, die jetzt wie eine unappetitliche Schlampe da vor ihm steht. Die Panik schlägt in Wut um. Am liebsten würde er ihr eine knallen, aber er beherrscht sich. Er mustert sie einen Moment lang schweigend, dann sagt er sanft: »Komm, zieh dich an, mach dich schön. Ich führe dich heute Mittag ganz fein aus.«
    In der Öffentlichkeit ist Ottilia sehr viel leichter zu ertragen, als wenn sie mit einander allein sind. Dabei, denkt er bitter, gab es in ihrer ersten wilden Zeit nichts, was sie lieber wollte, als mit ihm allein zu sein und am liebsten im Bett. Dort spielt sich nun zwischen den Eheleuten kaum mehr etwas ab. Das kränkt Rüdisühli allerdings nicht. Er gratuliert sich, dass er dieses Problem zu seiner Zufriedenheit gelöst hat.
    Er führt seine Frau, die eine attraktive Erscheinung ist, wenn sie sich zusammennimmt, in ein schickes Restaurant. Sie trinken schon vor dem Essen Sekt und dann eine Flasche teuren Wein.
    Nach dem Essen landet er mit ihr, angeheitert wie sie sind, auf dem Sofa. Es bleibt auf beiden Seiten eine halbherzige Angelegenheit, nach der Ottilia noch unleidiger ist als zuvor.
    Am Sonntag hat er genug. Er nimmt Reißaus, etwas, das er bisher stets vermieden hat. Er ruft die Freundin an und fährt auf kürzestem Weg zu ihr. Sie wertet die Tatsache, dass er zum ersten Mal am Wochenende kommt, entschieden als Sieg. Er kann es am Leuchten in ihren Augen sehen. Wieder streift ihn die Panik. In was hat er sich da hineinmanövriert? Auf der einen Seite gelingt es ihm immer weniger, seine Frau bei Laune zu halten. Auf der anderen Seite zeigt seine neue Eroberung schon früh eine Selbstsicherheit, die ihm nicht gefällt. Er fragt sich, ob es ein Fehler war, sich mit der Freundin seiner Verflossenen einzulassen. Es hat ihn schon genug gekostet, Berti loszuwerden.
    Anfangs hatte er sie anschmiegsam gefunden. Ihr naiver Eifer, ihm um jeden Preis zu gefallen, schmeichelte ihm. Sie war nicht mehr taufrisch, dafür aber alleinstehend und hungrig nach Liebe. Kennen gelernt hatte er sie durchs Internet. Sie bot dort ihre Buddha-Sammlung an, aber nicht zum Verkauf. Sie schrieb, sie müsse ihr Haus aufgeben und die neue Wohnung sei zu klein. Deshalb wolle sie ihre geliebten Buddhas verschenken. Ihr sei nur wichtig, dass sie einen guten Platz fänden. Die Botschaft elektrisierte Rüdisühli. Er fuhr zur angegebenen Adresse.
    Berti war eben damit beschäftigt, die letzten Umzugskartons vollzustopfen. Ihre Sammlung aus mehreren Hundert kleinen und größeren Buddhas bewunderte Rüdisühli zwar, übernahm sie aber nicht. Immerhin half er ihr beim Umzug. Genauer gesagt, er trug ihr ein paar Bananenkisten zum Wagen. Ihre Dankbarkeit kannte keine Grenzen. Sie erzählte ihm, dass sie als Erstes auf Weltreise ginge. Mit einem scheuen und zugleich irgendwie unverschämten Lächeln sagte sie, sobald sie zurück sei, würde sie ihn gerne wiedersehen. Sie gab ihm ihre Handynummer. Er ließ sich auf nichts ein, versprach, sich zu melden, blieb aber unverbindlich.
    Nach drei Monaten rief er das erste Mal an. Sie meldete sich, erinnerte sich sofort, als sie hörte, wer am Telefon war, schien beglückt und lud ihn zu sich ein. Sie wohnte jetzt in Weesen, wo sie, wie sie traurig sagte, keine Seele kannte. Das gefiel Rüdisühli außerordentlich. Er besuchte sie auch bald, trank Kaffee, schlief aber nicht mit ihr, wie sie erhoffte, sondern küsste nur zum Abschied ihre Hand. Dann schaute er ihr in die Augen. Berti leuchtete auf vor Freude.
    Er hatte schon bald genug von ihr. Sie war so willig, so weich, ein Kissen, das ihn erstickte. Er wurde sie nicht los. Bei ihr reichte es nicht, einfach nicht mehr zu erscheinen. Sie spionierte ihm nach. Und als er es bemerkte, wusste sie schon zu viel. Er machte ihr eine Szene, aus der sie, tränenreich, als Siegerin hervorging. Ihm blieb nichts übrig, als sich wieder mit ihr zu versöhnen. Rüdisühli begriff, in dem Daunensack steckte ein harter Kern. Das imponierte ihm in gewisser Hinsicht. Sie forderte ihn heraus. Er fand, es konnte nicht sein, dass er mit so einer Frau nicht fertig würde.
    In dieser Zeit widerfuhr ihm noch etwas anderes. Etwas, mit dem er nicht gerechnet hatte.
    Bei einem Kundenbesuch auf einem Hof fuhr der zehnjährige Sohn des Bauern mit dem Traktor rückwärts in sein Auto. Der Blechschaden war
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher