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Mythor - 095 - Die Zaubermütter

Mythor - 095 - Die Zaubermütter

Titel: Mythor - 095 - Die Zaubermütter
Autoren: Terrid Peter
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von dem sie die Auswirkungen gerade erlebt hatte.
    Es dauerte lange, bis sich die Tür öffnete.
    Eine der Hexen erschien im Eingang und schritt auf den Gang. Wortlos, grußlos ging sie an Scotia vorbei, im Gesicht große Müdigkeit, deutlich in die Züge eingegrabene Erschöpfung, gepaart mit ebenso deutlich erkennbarer Zuversicht.
    Eine nach der anderen erschienen die Hexen. Die Versammlung Zahdas war offenbar aufgelöst worden.
    Scotia sah sich diese seltsame Prozession an, ohne sie zu begreifen. Die Hexen machten einen Eindruck, als hätten sie nie zuvor Geschautes erlebt, wie selbst behext schritten sie an Scotia vorbei.
    »Scotia!«
    Zahdas leiser Ruf kam wie eine Erlösung. Scotia stieß sich von der Wand ab und ging der letzten Hexe entgegen, die gerade den Raum verließ.
    In der Halle war es dämmerig geworden.
    »Tritt näher, Scotia!«
    Zahdas Stimme kam aus einem dunklen Winkel der Halle. Die Stimme verriet den gleichen Ausdruck, den Scotia bei den Hexen hatte erkennen können - wohlige Müdigkeit, die Scotia als ein Zeichen einer schweren aber erfolgreichen Arbeit deutete.
    »Nun beginnt deine Aufgabe, Scotia«, sagte Zahda. Schwang da ein wenig Triumph in dieser Stimme mit?
    »Sieh!«
    Eine Gestalt schälte sich aus dem Dunkel, kam langsam näher. Es war Zahda. An der Hand führte die Zaubermutter einen jungen Mann… nein, eine junge Frau.
    Scotia zwinkerte verblüfft. Sie konnte es nicht genau erkennen. Lag es an dem Dunkel, oder warum war sie nicht imstande, festzustellen, ob es sich bei dem Wesen um einen Mann oder um ein Weib handelte.
    »Dein Schützling«, sagte Zahda, und die Zuversicht in ihrer Stimme war nun nicht länger zu überhören. »Er heißt Mescal.«
    »Wo kommt er her?« fragte Scotia.
    »Ich - habe ihn geschaffen«, sagte Zahda ruhig.

2.
    Niemals konnte Scotia diesen Tag vergessen.
    Mescal der Geschaffene wurde ihr Schützling, und schwer wurde es der Hexe, mit diesem Zögling auszukommen.
    Mescal hatte kein Gedächtnis, keinen Charakter, er war nichts weiter als eine fleischliche Hülle, die Scotia auszufüllen hatte. Seltsam, daß er sogleich als Erwachsener auf die Welt gekommen war.
    Immer wieder kam Zahda vorbei, um nach ihrem Geschöpf zu sehen, auch lange nachdem ihr Mond vergangen war.
    Mescal gedieh prächtig. Er lernte sprechen, lernte seine Gliedmaßen zu gebrauchen. Behutsam führte Scotia ihren Schützling in das Leben ein.
    »Deine Aufgabe ist sehr schwierig«, sagte Zahda eines Tages zu Scotia, kurz nachdem sie die Hexe im Rang erhöht hatte. »Du hast gesehen, daß er nicht eindeutig männlich, nicht erkennbar weiblich ist. Geschaffen wurde er, um das Prinzip des Weiblichen mit dem des Männlichen zu vereinigen - ein Geschöpf, Mann und Weib zugleich, die Vollkommenheit selbst. Alle Tugenden soll er haben, die Mann und Weib zu bieten haben. Vanga und Gorgan in einem Wesen auf Dauer vereinigt… das war das große, erhabene Ziel unseres Experiments.«
    »Ich begreife«, sagte Scotia, obwohl sie wenig begriff. Sie tat, was von ihr erwartet wurde, und da sie auf eine sehr eigentümliche Art und Weise den Geschaffenen in ihr Herz geschlossen hatte, versah sie ihren Dienst als Erzieherin mit Freude.
    »Er macht sich hervorragend«, sagte Scotia, als Zahda sich danach erkundigte. »Er lernt zu kämpfen wie ein richtiges Weib, und er ist auch zu männlichem Zartgefühl fähig. Ist es denkbar, daß er uns eines Tages alle überragen wird an Vollkommenheit?«
    Über Zahdas Züge flog die Andeutung eines Lächelns.
    »Nichts ist wahrhaft vollkommen, am wenigsten der Mensch«, sagte sie halblaut. »Aber er soll so gut werden, wie es einem Menschen möglich ist, der von Vater und Mutter die besten Züge in sich vereinigt.«
    »Vater und Mutter? Sagtest du das?«
    »Du hast die Eltern gesehen«, sagte Zahda und wandte sich zum Gehen. »Denk nicht darüber nach.«
    Scotia entsann sich der jungen Frau und des Mannes, die an jenem Abend… war Mescal das Ergebnis einer magischen Verschmelzung dieser beiden Menschen gewesen?
    Scotia dachte nicht lange darüber nach. Sie hatte mit ihrem Schützling mehr als genug zu tun.
    Und Scotia sammelte alles an Nachrichten und Geschichten, was sich zutrug.
    Es wurde eine sehr widersprüchliche Sammlung.
*
    »Sieh nur, Scotia«, sagte Mescal. Er hatte das Haar lang fallen lassen bis auf die Schulter. Es gab seinem schmalen Gesicht einen weiblichen Anstrich.
    »Er ist aus dem Nest gefallen«, sagte Mescal klagend. Auf der Handfläche trug er
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