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Mythor - 095 - Die Zaubermütter

Mythor - 095 - Die Zaubermütter

Titel: Mythor - 095 - Die Zaubermütter
Autoren: Terrid Peter
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sei dir Belohnung genug, daß ich dir die alleinige Leitung über dieses unerhört wichtige Unterfangen übertragen habe. Eines Tages…«
    »Ja?«
    Zahda verstummte, mehr wollte sie an diesem Tage wohl nicht sagen. Scotia verstand und schwieg. Das Bewußtsein, von Zahda eigens für diese hochwertige Aufgabe ausgewählt worden zu sein, beflügelte sie.
    Der Auftrieb war bitter nötig, denn Mescals Entwicklung vollzog sich in immer neuen überraschenden Sprüngen.
    Eine unglaubliche Unstetigkeit schien das einzig zuverlässige an Mescal zu sein - immer wieder überraschte er seine Pflegemutter. War er vor Wochen noch voller Häme und Tücke gewesen, so erfreute er Scotia mit allerlei Artigkeiten, die die Hexe nie von ihm erwartet hatte. Abermals nur wenige Wochen später wurden Scotia Gerüchte zugetragen, die Mescals früherem Betragen Hohn zu sprechen schienen.
    Unablässig schwankte der Charakter des Geschaffenen - mal böse, mal gut, mal aufrichtig, mal verlogen. Tapferkeit wechselte mit erschreckender Feigheit. Sanftmut machte jählings wilder Grausamkeit Platz; der sonst recht geschwätzige Mescal konnte monatelang hartnäckig schweigen.
    Und dieses beständige Auf und Ab und Hin und Her wurde noch verstärkt durch allerlei andere Umstände, die Scotia nicht beeinflussen konnte.
    Monde wechselten, Hexenkreise lösten einander ab. Mal war eine Zaubermutter beherrschend, die der Sache der Weltvereinigung positiv gegenüberstand, mal führte eine Gegnerin die Feder - jede Änderung dieser Umstände schlug sich in Mescals Charakter nieder.
    »Gestattest du ein offenes Wort?« sagte Scotia eines Abends, als sich Zahda wieder einmal bei ihr eingefunden hatte.
    »Immer!«
    »Zweierlei verstehe ich nicht«, sagte Scotia. Sie genoß es sehr, daß Zahda ihr soviel ihrer kostbaren Zeit widmete. »Zum einen halte ich das Experiment für vollkommen fehlgeschlagen - und zum anderen verstehe ich nicht, warum eine Zaubermutter uns auf diesem Eiland soviel Zeit opfert. Kein Mond vergeht, an dem du nicht nach uns siehst, und sei es nur, daß du dir von mir Nachricht geben läßt.«
    Zahda machte eine Geste der Besänftigung.
    »Eines Tages wirst du alles verstehen«, sagte sie. »Bis dahin werde ich dich nicht über alles aufklären können. Wie geht es Mescal?«
    Scotia seufzte.
    »Er ist der mißratenste Sohn, den sich eine Mutter nur wünschen kann«, klagte sie. »Er führt sich entsetzlich auf - er weiß, daß er unter deinem ganz besonderen Schutz steht, und das läßt seine Frechheit ins Uferlose wachsen. Und was mich besonders bekümmert - seine Heimtücke wächst mit seiner Feigheit.«
    Zahdas Blick ging in Fernen, die Scotia nicht einmal zu erahnen vermochte.
    »Für die Zukunft will ich dir noch etwas sagen«, murmelte Zahda. »Begreife, daß Mescal nicht gern so ist, wie er sich aufführt - niemand ist gerne ein Schurke, ein Feigling, ein Jämmerling. Wie alle Menschen kennt er den Unterschied zwischen gut und böse, zwischen Mut und Verzagtheit. Er leidet unter sich selbst.«
    Scotia nickte, obwohl sie Zahda nicht zur Gänze begriff.
    »Eines Tages wirst du auch begreifen, warum ich trotz aller Fehlschläge noch nicht glaube, daß unser gewagtes Vorhaben kläglich gescheitert ist.«
    »Wann?«
    Zahda machte eine Geste der Ratlosigkeit.
    »Ich weiß es nicht«, gab sie zu.
    Sie richtete den Blick auf Scotia.
*
    Tief hinab, bis auf den Grund ihrer Seele schien dieser Blick zu gehen, und Scotia hielt ihm nur mit Mühe stand.
    »Ich habe eine gute Wahl getroffen, als ich dich für diese Aufgabe berief«, sagte Zahda halblaut, fast im Selbstgespräch. »Du wirst den Spiegelbruder weiter beschützen und schirmen, bis der Tag gekommen ist.«
    »Spiegelbruder?«
    Zahda lächelte.
    »Du weißt, wie Mescal entstanden ist?«
    »Er wurde von dir und deinen Hexen geschaffen«, sagte Scotia.
    »Niemand erschafft Leben aus dem Nichts, nicht einmal eine Zaubermutter auf dem Höhepunkt ihrer Macht. Erinnerst du dich?«
    Scotia nickte verwirrt.
    »Dann rechne einmal nach«, sagte Zahda. »Phinmes hieß der junge Mann, Caldhara war seine Gefährtin.«
    »Daraus ward Mescal«, stieß Scotia hervor.
    »Richtig«, sagte Zahda. »Kannst du rechnen?«
    »Mescal ward geschaffen«, murmelte Scotia. Schauer durchrieselten sie. Mit Erschrecken stellte sich die Einsicht ein.
    Leise sprach Scotia den Namen aus:
    »Daraphin?«
    Zahda schwieg. Das Thema wurde niemals wieder zwischen den beiden Frauen berührt.

3.
    Nebel.
    Nur Zaubermütter sahen
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