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Mutti ist die Bestie: Die heimliche Diktatur vieler Mütter (German Edition)

Mutti ist die Bestie: Die heimliche Diktatur vieler Mütter (German Edition)

Titel: Mutti ist die Bestie: Die heimliche Diktatur vieler Mütter (German Edition)
Autoren: Torsten Milsch
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wird, dann fühlen sie sich gut. Dieses Muster leben sie selbst, indem sie versuchen, die besten Muttis der Welt zu sein. Und dieses Muster geben sie an ihre Kinder weiter.
    Jedes Kind hat immer wieder mal ungeheure Wut auf die Mutter, und jede Mutter ungeheure Wut auf das Kind. Aber das dürfen sie nicht zulassen, das darf nicht sein. Die Gefühle werden unterdrückt und weggepackt, »verdrängt«, sagen wir Psychotherapeuten. Wie soll ein solchermaßen erzogenes Kind lernen, zu sich und seinen Gefühlen zu stehen? Es lernt: Mama hat mich nur lieb, wenn ich lieb bin. Den Kindern ist Wut und Hass verboten, genau wie die Mütter keine echten Gefühle zulassen. Was zählt, sind die Fassade und der Gedanke an die Nachbarn, an die eigenen Mütter und die Schwiegermütter. Was sollen sie alle denn bloß denken, wenn in unserer Familie gestritten wird? Nein, wir halten zusammen.
    Doch die Harmonie ist teuer erkauft. Wie in einem totalitären System wird der Blick über den Gartenzaun und die Grenzen verbaut. Denn die Unterwerfung unter Muttis Herrschaft funktioniert am besten, wenn keiner aus der Familie etwas anderes kennt. Die Kinder wollen bei Freunden übernachten? Der Mann mit Kumpels ein paar Tage in die Berge? Bloß nicht! Wer etwas Neues erlebt und für gut befindet, ist eine Gefahr für den Status quo, den Mutti für alle festgelegt hat. In einem abgeschotteten System sind Muttis keiner Konkurrenz ausgesetzt. Sie wehren sich auch ganz vehement dagegen, sich mit anderen Verhaltensmustern auseinandersetzen zu müssen oder diese gar zu übernehmen. Denn das hieße, dass ihr Status als alleinige Instanz in allen Lebensfragen massiv an Bedeutung verlieren würde und dass die Macht im eigenen Reich verloren ginge. Wenn Fremde kommen und Fragen stellen, wird die Zugbrücke hochgezogen.
    Nicht nur durch Dominanz und Kontrollsucht machen Muttis ihren Kindern eine selbstbestimmte Entwicklung schwer. Im Sinne dieser Wagenburgmentalität entwickeln Muttis auch das tief verwurzelte Bestreben, Abweichler im Inneren kaltzustellen. Das äußert sich in ihrer Harmoniesucht, die vordergründig allen Familienmitgliedern ein möglichst friedliches Leben bietet und alle miteinander gegen eine feindliche Außenwelt schützt.
    Harmonie muss herrschen in Muttis Welt: »Diese Muffins hab ich speziell für dich gebacken! Die magst du doch so gern!« Aber wehe, das Kind weigert sich. Da wird Mutti böse sein oder traurig, was für Kinder oft noch schlimmer ist. Also ist es einfacher zu essen. Und wenn das Kind scheinbar entscheiden darf zwischen einem Ausflug mit der Familie seines Freundes in den Vergnügungspark und dem Besuch mit Mutti bei ihrer Patentante – »Tante Marga wird aber ganz schön enttäuscht sein, wenn du nicht mitkommst!« –, wird es ihm immer lieber sein, den Freund zu enttäuschen als die Mutti.
    In den meisten Familien wird unter dem Deckmantel der Harmonie tunlichst geschwiegen. Den Muttis geht es darum, ihr Ideal eines friedlichen Familienlebens zu verwirklichen. Es ist ihnen in keiner Weise bewusst, was sie damit anrichten und welche Folgen das vor allem für ihre Kinder hat.
    Bezahlt wird später
    »Wenn ich ein neues Fahrrad wollte, eine Autorennbahn oder einen Computer, war das kein Problem – meine Mama hat mir alles gekauft«, erzählt mir Uwe in meiner Praxis.
    Noch heute, in seiner 23. Therapiestunde, versucht er seine Mutter in Schutz zu nehmen. Doch auch über den Preis für diese Gaben hat er schon viele Stunden lang gesprochen. Sein Vater wurde von der Mutter mit Hasstiraden überzogen, solange er denken kann, und der Junge sollte Seite an Seite mit der rachsüchtigen Ehefrau gegen ihn angehen. Letztlich hat die Mutter den Vater rausgeworfen, und dennoch war er auch weiterhin in ihren Augen an allem schuld.
    »Als Papa endlich aus dem Haus war, wurde es mit ihren Attacken auf ihn nur noch schlimmer. Sie konnte gar nicht mehr aufhören. Ich saß am Tisch und habe gegessen, und sie zog pausenlos über Papa her. Selbst wenn ich raus auf den Sportplatz wollte, musste ich warten, bis sie fertig war mit Schimpfen.«
    Schnell hatte Uwe gelernt, der Mutter zuzustimmen, egal, worum es ging. Bald hatte er eine Methode entwickelt, an den richtigen Stellen zu nicken oder zustimmende Geräusche zu machen, ohne genau zuhören zu müssen. Die Hasstiraden über den Vater, das nie endende Bewerten seines Verhaltens haben die Kindheit des späteren Finanzbeamten begleitet und geprägt.
    »Das ging bis ins intimste
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