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Muensters Fall - Roman

Muensters Fall - Roman

Titel: Muensters Fall - Roman
Autoren: H kan Nesser
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abgeladen. Ich habe so lange gewartet, bis sie das geregelt hatte. Dann sind wir weiter zum Hauptbahnhof.«
    »Zum Hauptbahnhof?«
    »Ja. Da haben wir den Rest hingebracht, ich glaube, es war eine Reisetasche und noch zwei andere ... solche weichen, Sie wissen schon. Doch, es waren drei Stück. Ziemlich schwer. Sie hat sie in Gepäckschließfächer gepackt, und danach sind wir zurück zum Kolderweg gefahren. Sie ist beim Einkaufszentrum ausgestiegen. Es hat wie verrückt geregnet.«
    Moreno überlegte.
    »Sie scheinen ein außergewöhnliches Gedächtnis für Details zu haben, oder?«, bemerkte sie.
    Holt nickte und rauchte.
    »Kann schon sein«, sagte er. »Aber das ist, wie gesagt, auch nicht das erste Mal, dass ich daran zurückdenke. Und was man sich einmal wieder heranholt, das bleibt auch. Ungefähr wie ein Fotoalbum. Geht es Ihnen nicht ähnlich?«
    Doch, schon, dachte Ewa Moreno, nachdem sie das gelbe Taxi verlassen hatte. So lief das wohl ab, oder? Natürlich gab es Dinge, die man nie vergaß, wie gern man das auch würde. Wie beispielsweise dieser frühe Morgen vor vier Jahren, als sie gemeinsam mit Jung in eine Wohnung in Rozerplejn eindrang und dort eine vierundzwanzigjährige Immigrantin zusammen mit zwei kleinen Kindern in einer Blutlache auf dem Küchenfußboden fand. Der Brief mit dem Ausweisungsbescheid lag auf dem Tisch. Ganz genau erinnerte sie sich daran. Es saß unverrückbar
fest im Album ihres Gedächtnisses. Wie anderes auch.
    Sie schaute auf die Uhr und überlegte, ob es einen Sinn haben würde, zurück zum Polizeipräsidium zu fahren. Oder ob sie lieber anrufen und die Informationen weitergeben sollte, die sie von Paul Holt bekommen hatte. Schließlich beschloss sie, dass das auch bis zum nächsten Tag Zeit hatte. Insgeheim bestätigte es ja nur ihre bisherigen Vermutungen. Marie-Louise Leverkuhn hatte den Hauptbahnhof einige Tage lang als Lagerplatz benutzt oder zumindest einen Tag lang, bis sie sich endgültig der zerstückelten Hausmeistersfrau draußen in Weylers Wald entledigte. Kurz und schmerzlos. Elegante Lösung, wie jemand gesagt hatte.
    Auf ihrem Heimweg hielt sie dennoch an und überprüfte, welche Buslinien vom Hauptbahnhof abfuhren. Es stimmte. Es gab eine Direktverbindung. Nummer sechzehn. Fuhr tagsüber alle zwanzig Minuten. Einmal in der Stunde, wenn man es vorzog, die Arbeit im Schutze der Dunkelheit zu erledigen. Nichts leichter als das.
    Aber, wie gesagt, der Bericht musste noch warten. Es sei denn, Kommissar Münster ließ heute Abend noch von sich hören, dann war es natürlich angesagt, den Bericht abzustatten.
    Wäre vermutlich auch nicht schlecht, über etwas Konkretes reden zu können. Immer deutlicher hatte sie das Gefühl, dass sie irgendwie mit einem Fuß auf der falschen Seite der Grenze standen. Dieser Grenze, die zu überschreiten man sich hüten musste, und das ganz besonders, wenn die Wege wie jetzt so offensichtlich nur in eine Richtung führten. Und diese Richtung so verflucht endgültig war.
    In meinem nächsten Leben werde ich eine Löwin, dachte Ewa Moreno und beschloss, all ihre Betriebsamkeit und die ganze Welt mit Hilfe eines langen Bades in Jojobaöl und Lavendel auszublenden.
     
    »Sie schon wieder?«, wunderte Mauritz Leverkuhn sich.
    »Ich schon wieder«, sagte Münster.

    »Ich begreife nicht, wozu das gut sein soll«, sagte Mauritz Leverkuhn. »Ich wüsste nicht, worüber ich mit Ihnen noch reden sollte.«
    »Aber ich weiß einiges, worüber ich mit Ihnen noch reden sollte«, erwiderte Münster. »Darf ich reinkommen?«
    Mauritz Leverkuhn zögerte einen Moment. Dann zuckte er mit den Schultern und ging ins Wohnzimmer. Münster schloss die Tür hinter sich und folgte ihm. Es sah noch genauso wie am Vormittag aus. Die gleichen Reklameblätter lagen am gleichen Fleck auf dem Tisch, und das gleiche Glas stand neben dem Sessel, in den Mauritz Leverkuhn sich jetzt fallen ließ.
    Der Fernseher lief. Eine Sendung, in der vier bunt gekleidete Frauen auf zwei Sofas saßen und lachten. Mauritz Leverkuhn drückte auf die Fernbedienung und schaltete ab.
    »Wie gesagt«, sagte Münster. »Da gibt’s einiges zu besprechen. Ich habe heute Nachmittag mit Ihrer Schwester geredet.«
    »Mit Ruth?«
    »Nein, mit Irene.«
    Mauritz Leverkuhn antwortete nicht und zeigte auch sonst keine Reaktionen.
    »Ich habe diverse Stunden im Gellnerhemmet verbracht«, fuhr Münster fort. »Sie haben mich angelogen.«
    »Angelogen?«, wiederholte Mauritz Leverkuhn.
    »Haben Sie
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