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Mr. Postman

Mr. Postman

Titel: Mr. Postman
Autoren: Jason Dark
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Glenda verschluckte ihre nächsten Worte, denn sie hatte sehr gut Lilians heftige Drehbewegung nach links gesehen.
    Lilian blieb stehen, starrte in eine bestimmte Richtung. Und zwar so intensiv, dass es auch Glenda auffiel.
    »Was ist denn?«
    »O Gott!« stöhnte Lilian Evans. »Das Fenster. Das verdammte Fenster steht noch immer offen…«
    Beide Frauen sahen, wie sich von außen her zwei Knochenhände in die Höhe schoben und die ziemlich tief liegende Fensterbank umklammerten…
    ***
    Es hatte für mich keinen Sinn gehabt, erst noch versuchen zu telefonieren. Ich wollte mich durch nichts aufhalten und ablenken lassen. Wichtig war einzig und allein Mr. Postman. Ihn musste ich stellen. Es durfte zu keinem zweiten Mord mehr kommen.
    Ich war wie ein Schatten aus dem Haus gehuscht und rannte los. Ein einsamer Flüchtling in der Nacht. Dieses Bild hätte ich für jeden Beobachter abgegeben.
    Dieser verdammte Gordy Manson hatte mich aufgehalten. Mein Leben hatte auf der Kippe gestanden. Gut, ich hatte mich retten können und hoffte nun, auch andere zu retten. Falls nicht schon zuviel Zeit vergangen war.
    Da ich mich praktisch immer im Training befand, brauchte ich mir um meine Kondition auch keine Sorgen zu machen. Sie war gut, und ich kam entsprechend schnell voran. Mit langen Sätzen, mich immer wieder abstoßend, federnd laufend. Himmel, was einem alles durch den Kopf schoss, wenn man es so verdammt eilig hatte.
    Der erste Pluspunkt stand auf meinem Konto, als ich die Straße erreichte hatte. Sie lag jetzt vor mir wie eine große, sich nach hinten öffnende Bühne, wobei ich auf der gleichen Seite lief, an der das Haus der Lilian Evans stand.
    Es klappte wunderbar. Der Gehsteig war leer. Auch auf der Straße sah ich keine Gestalten und erst recht keinen Postman. Also weiter. Die Hoffnung verstärkte sich.
    Bäume wischten an mir vorbei. Hausfassaden ebenfalls. Sie waren nicht mehr als Momentaufnahmen im prall gefüllten Film meines Gehirns. Es ging immer weiter, das Ziel rückte näher, und ich verringerte mein Tempo, da ich nicht wie ein abgekämpfter Hund nach der Jagd bei Lilian Evans eintreffen wollte.
    Langsamer laufen. Beinahe Jogging-Tempo. Dann noch weniger.
    Ich schritt jetzt aus. Rechts standen die Bäume. Links von mir lagen die Vorgärten und die Fronten der Häuser. In meiner Nähe war es still.
    Eine Stimme klang irgendwo über mir auf, aber ich verstand nicht, was der Mann sagte. Das Stöhnen überhörte ich nicht.
    Obwohl ich langsam lief, fiel es mir schwer, den Lauf zu stoppen, und ich rutschte noch ein Stück nach vorn, bevor ich anhalten konnte. An der rechten Seite.
    Ich drehte mich. Sah den Baum, den Stamm - so schnell wie vorhin beim Laufen. Furcht stieg in mir auf. Das Bündel war ein Mensch, eine Frau. Ich sah sie, ich sah das Blut in ihrem Gesicht und am Hals. Die Zeit musste ich mir einfach nehmen, so sehr es mich auch drängte, zu Glenda und Lilian zu gelangen. Ich bückte mich, und zugleich klang mir ihr Stöhnen entgegen.
    Es war Celine di Cappo, die neben dem Baumstamm lag und die fürchterlichen Wunden hatte. Sie brauchte so schnell wie möglich einen Arzt, den ich über Handy anrief. Dabei blieb mein Blick auf ihr Gesicht gerichtet. Ich sah den schwachen Glanz der Angst in ihren Augen. Er flimmerte dort wie eine Bitte.
    Den Anruf hatte ich beendet, der Notarzt würde kommen, und ich wollte ihr noch einige tröstende Worte sagen, in der Hoffnung, dass sie mich auch hörte.
    »Es ist Hilfe unterwegs, Celine. Sie brauchen sich keine Sorgen zu machen…«
    Ob sie mich verstanden hatte, wusste ich nicht. Eine Reaktion jedenfalls zeigte sie nicht. Zum Abschied strich ich ihr über ihr erhitztes Gesicht, und die Wut auf den verdammten Postman steigerte sich. Ich wollte und musste ihn haben.
    Der Weg zum Haus der Lilian Evans war nicht mehr weit. Da Mr. Postman versucht hatte, Celine zu töten, musste ich einfach davon ausgehen, dass er es bei den anderen beiden ebenfalls versuchte, falls er es nicht schon geschafft hatte.
    Die Angst peitschte mich weiter, Häuser an der linken Seite. Noch zwei Fassaden, dann stand ich am Ziel. Das Erkerfenster fiel auf. Ich sah auch den leichten Lichtschimmer hinter dem Glas. Wollte schon vorbei und zum Eingang laufen, als ich mitten in der Bewegung stoppte.
    Von außen her hatte sich eine dunkle Gestalt in die Höhe geschoben.
    Das Gesicht sah ich nicht, dafür aber die Kopfbedeckung, die schräg auf dem Schädel saß. Es gab keine andere Möglichkeit.
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