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Morton Rhu - Leben und Werk

Morton Rhu - Leben und Werk

Titel: Morton Rhu - Leben und Werk
Autoren: Nicola Bardola
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hielt, überlebte er den Schuss. Gil erhob keine Anklage, es sei ein Unglück gewesen. Doch als Redakteur arbeitete er nicht mehr, das wäre mit einer Hand auch schwierig gewesen.
    Nachdem Rhue erste Berufserfahrungen gesammelt hatte, versuchte er sich für kurze Zeit als Werbetexter bei der Compton Advertising in New York City, wo er bis fast zu seinem vierzigsten Lebensjahr, zuletzt an der Upper West Side, arbeitete und lebte.
    1978 gründete er mit dem Honorar für sein erstes Buch »Angel Dust Blues« eine Firma für Glückskekse (»The Dr Wing Tip Shoo Company«), die er in Big Apple zwölf Jahre lang mit einem Partner leitete.
    »Ursprünglich wollten wir ja Glückskekse für besondere Personengruppen produzieren. Also beispielsweise für Golfer, Skifahrer, Anwälte oder Ärzte. Aber dann war ich einmal auf einer Party und hatte meine Idee einer jungen Frau erzählt, die gerade aus einem China-Restaurant kam, worauf sie mir sagte, dass es dort Glückskekse mit anzüglichen Witzen gab. Daraufhin nannte ich meine Firma ›The Dr Wing Tip Shoo’s X-rated Fortunecookies Company‹. Die Kekse waren aber nicht wirklich ›x-rated‹, so nennt man ja Filme, die für Jugendliche aufgrund gewalttätiger oder sexueller Inhalte nicht geeignet sind. Die Idee mit der Altersfreigabe war einfach ein Witz. Und auf die Papierchen selbst druckten wir Witze, aber harmlose. Die einzigen Beanstandungen und Klagen kamen von Leuten, die sich tatsächlich aufgrund des ›x-rated‹ im Namen unanständige Texte erhofft hatten. Jedenfalls verdiente ich mit den Glückskeksen genug, um viele Jahre lang schreiben zu können. Die Arbeit für die Kekse war unregelmäßig und ließ mir Zeit für meine Lieblingsbeschäftigung.«
    Morton Rhue verkaufte in jener Zeit zwar deutlich mehr Kekse als Bücher, aber die selbstständige Arbeit als Keksproduzent erlaubte es ihm, nicht als Werbetexter fremdbestimmt im Auftrag anderer schreiben zu müssen. Das hätte ihn auf Dauer nicht glücklich gemacht.
    Ende der 1970er Jahre hätte es für Morton Rhue noch eine ganz andere Option gegeben. Ein entfernter Verwandter, Morrie Ryskind, hatte an einigen Drehbüchern für die Marx Brothers mitgeschrieben und hätte Rhue Türen öffnen können. Es wäre damals ziemlich naheliegend gewesen, für das Fernsehen zu arbeiten. Aber Morton Rhue besaß noch kein TV -Gerät und sah äußerst selten fern. Das war vielleicht eine verpasste Chance, denn erst über ein Dutzend Jahre später entschloss er sich, doch für das Fernsehen zu arbeiten. Die Nähe zum Medium wuchs ohnehin ständig und war vielleicht noch nie so groß wie heute. Einige von Morton Rhues Büchern wurden verfilmt. Neben »Die Welle« durch Dennis Gansel war die Verfilmung seines Romans »How I Created My Perfect Prom Date« unter dem Filmtitel »Drive Me Crazy« die erfolgreichste Adaption für die Leinwand.
    Rhue ist ein Profi, wenn es um das Verhältnis Text – Film geht. 1988 lief es immer schlechter mit seinen problemorientierten Romanen. Relevanzliteratur für Jugendliche verkaufte sich kaum noch, denn jedes erdenkliche Thema, das Heranwachsende interessierte, war schon vielfach fiktional abgehandelt worden. In den USA waren in jenen Jahren die Buchreihen »Sweet Valley High« für Jugendliche und »The Babysitters Club« für etwas jüngere Leser die großen Erfolge. Verlagslektoren wünschten sich von Autoren weitere ähnliche Stoffe. Doch Morton Rhue wusste nicht genau, wie solche Serien aufgebaut waren. Und bis auf Ian Flemings »James Bond« hatte er auch noch nie welche gelesen.
    Bis 1988 hatte Morton Rhue vorwiegend sogenannte »stand alones« geschrieben, einzelne Romane, in denen die Struktur immer ähnlich war: Die Protagonisten hatten ein Problem, und indem sie versuchten, es zu lösen, reiften und veränderten sie sich. Wenn die Zeit für den nächsten Roman gekommen war, erfand Morton Rhue eine neue Gruppe von Figuren und fokussierte eine ihm wichtige Problematik. Aber die Serien gehorchten anderen Gesetzen, hatten immer dasselbe Personal und konnten bis zu vierzig Bände umfassen – von »Sweet Valley High« gibt es heute mehr als einhundertfünfzig Bände.
    Morton Rhue fragte sich, wie die Figuren über so lange Strecken und in so vielen Büchern kontinuierlich lernen und sich sinnvoll entwickeln konnten. Er fand die Antwort beim Fernsehen, indem er für Seifenopern schrieb. Über Freunde bekam er Zugang zu einem von der CBS organisierten Seifenoper-Schreibworkshop, in dem er
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