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Mordsmäßig fit

Mordsmäßig fit

Titel: Mordsmäßig fit
Autoren: C. K. Cambray
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Dawn keuchte ein wenig. Sie ließ sich auf einer Bank nieder und zog ihre Wadenwärmer aus. Sich erholend, ging sie in Richtung Umkleidekabine. Die Dusche tat gut. Abgetrocknet und angezogen sah sie in den Whirlpoolraum. Das Becken war wieder vollgelaufen. Beth war ein Engel. Sie nahm das Seil und das Außer-Betrieb-Schild ab. Dies war nicht der Ort, um Eloise St. Martin zu trauern. Sie ging nach oben und erledigte einigen Papierkram. Jenseits der breiten Eingangsglaswand wirbelten Schneeböen wie Derwische. Plötzlich fühlte sie sich müde - es war einer der schlimmsten Tage ihres Lebens.
    Als sie in ihren Honda stieg, hatte der Wind nachgelassen. Der Schnee fiel jetzt in dichten Flocken, bildete Häubchen auf den Laternen, verschluckte die Geräusche der Stadt. Es bereitete ihr keine Schwierigkeiten zu fahren. Im Radio suchte sie einen Sender mit Countrymusik. Sänger jammerten von Lastwagen und Truckstopmommas. Obwohl Dawn todmüde war, konnte sie sich nicht entspannen. Sie blickte immer wieder in den Rückspiegel. Sie wurde das Gefühl nicht los, verfolgt zu werden. An einer Ampel drehte sie sich um und schaute nach hinten. Durch den Schnee sah sie nur vereinzelte Scheinwerfer und verdeckte Straßenränder. Sie konnte nicht genau sagen, ob...
    Erst in ihrem Appartement fiel ihr ein, daß sie nicht hätte hierher kommen sollen, wenn sie tatsächlich verfolgt wurde. Wer immer hinter ihr her war - falls jemand es war -, wußte jetzt, wo sie wohnte. Sie befahl sich, damit aufzuhören. Ihre Phantasie spielte verrückt. Schuld waren Müdigkeit und Streß. Sie sollte etwas essen. Aber der Gedanke daran, daß möglicherweise jemand auf sie lauerte, hatte ihr den Appetit verdorben. Sie ging zum Fenster. Blickte hinaus. Die Welt war ein einziges Weiß. Sie konnte nicht einmal die andere Straßenseite erkennen. Dawn schob die Sicherheitsriegel an Flur- und Hintertür vor. Dann setzte sie den Teekesssel auf. Sie ging in ihrer kleinen Wohnung auf und ab, während sie darauf wartete, daß das Wasser kochte.
    Nach der Trennung hatten Sam und sie ihre bescheidenen Besitztümer geteilt. Sie wollte eigentlich immer ihren Teil ersetzen, um sich so der unerfreulichen Erinnerungen zu entledigen. Aber ihre finanziellen Mittel hatten nicht ausgereicht. Jeden übrigbleibenden Dollar steckte sie in SHAPE. Also schlief sie immer noch in dem Bett, das sie in den achtzehn Monaten mit Sam benutzt hatte. Er hatte ihr eine flitterwochenähnliche Reise versprochen. Dieses erste Versprechen hatte sie ihm geglaubt. Es dauerte Monate, bis ihr aufging, daß Sam Versprechen ausstreute wie Goldregen seine Pollen. Sie wehrte sich dagegen, in den Strudel von gegenseitigen Beschuldigungen, Schuldgefühlen und Was-wäre-wenn heruntergezogen zu werden, der immer noch ab und zu in ihrem Unterbewußtsein brodelte, obwohl die Trennung schon zwei Jahre zurücklag.
    Sie nahm sich eine Tasse Tee mit zu ihrem Schaukelstuhl. Die breite Lehne war mit einem künstlichen Fell überzogen. Sie hatte ihn im Ausverkauf erstanden, entzückt von der Geschmacklosigkeit. Auf dem Weg nach Hause war er vom Dach des Hondas gerutscht, und der haarige Stoff war zerrissen. Sie hatte ihn mit einer Steppdecke abgedeckt. Irgendwie war er für sie bequemer als irgendein ergonomisches Wunderwerk. Normalerweise hörte sie über Kopfhörer 1960-Rockmusik, um sich von Sam und ihrer Vergangenheit abzulenken. Heute abend jedoch lag irgend etwas in der Luft, das sie davon abhielt. Und außerdem »gab es kein Radio oder Fernsehen« nach neun Uhr. Heilige Grundregel der Harnishes, des Hausmeisters und seiner Frau, deren fundamentalistische Vorstellungen für das Instandhalten eines Apartmenthauses großartig waren, für Smalltalk allerdings tödlich.
    Dawn saß in absoluter Stille, Tasse und Untertasse auf ihrem Schoß. Nach einer Weile fing sie an zu schluchzen. Arme Eloise! Sie nahm ein Kleenex, atmete tief und lehnte den Kopf zurück. Ein heulender Wind weckte sie um zwei Uhr morgens auf. Sie blickte aus dem Fenster in einen Wirbel, der aus Nordost kam. War noch immer jemand dort draußen und beobachtete sie? Sie verscheuchte den unbehaglichen Gedanken, kroch in ihr Bett und zog die Decke über ihren Kopf.
     

  Weil der Schnee noch nicht geräumt war und die Pendler unbesonnene Risiken in Kauf nahmen, war die Fahrerei zur Arbeit umständlich und ermüdend. Dawn war gerade angekommen, hatte ihren Parka ausgezogen und ihre Stiefel gegen Schuhe eingetauscht, als das Telefon klingelte.
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