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Mordsgefluester

Mordsgefluester

Titel: Mordsgefluester
Autoren: Linda Howard
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angefangen, seine Unschuld zu verlieren; alle später aufgenommenen Bilder zeigten, wie bewusst ihm war, dass das Leben nicht immer gefahrlos und glücklich verlief.
    Dann fand ich das Bild von ihm und seiner Frau.
    Erst sah ich die Aufschrift, weil das Bild mit dem Rücken nach oben lag. Ich nahm es in die Hand. In hübschen, feminin geschwungenen Buchstaben war darauf zu lesen: Wyatt und ich, Liant und Kellian Greeson, Sandy Partick und seine neueste Flamme.
    Ich drehte das Bild um und sah Wyatt ins Gesicht. Er lachte in die Kamera und hatte den Arm lässig über die Schulter einer sehr hübschen Rothaarigen gelegt.
    Natürliche Eifersucht versetzte mir einen schmerzhaften Stich. Ich wollte ihn nicht mit einer anderen Frau zusammen sehen, schon gar nicht mit einer, mit der er verheiratet gewesen war. Warum konnte sie nicht blöd oder verhärmt aussehen oder auf den ersten Blick die Falsche für ihn sein, statt so hübsch zu sein und –
    – meine psychopathische Verfolgerin.
    Ich starrte auf das Bild und traute meinen Augen nicht. Das Foto war locker fünfzehn Jahre alt, sie sah unglaublich jung aus, fast wie ein Teenager, obwohl ich wusste, dass sie nur ein paar Jahre jünger war als Wyatt. Natürlich hatte sie das Haar anders getragen: im Achtziger-Jahre-Toupierstil, der bei ihr bis in die Neunziger überdauert hatte. Zu viel Make-up, wobei ich nicht voreingenommen war oder so. Und diese langen, langen Wimpern, die so aussahen, als wären sie künstlich.
    Es gab nicht den geringsten Zweifel.
    Ich griff nach dem Schlafzimmertelefon.
    Kein Freizeichen.
    Ich wartete ab, weil die schnurlosen Telefone manchmal ein paar Sekunden brauchen, bevor sie ein Signal empfangen. Nichts geschah.
    Also, ich hatte schon öfter in meinem Leben kein Freizeichen gehört, nie hatte mich das besonders beunruhigt, aber wenn mir eine irre Mörderin nachstellt und dann kein Freizeichen kommt, ja, dann nehme ich automatisch das Schlimmste an. Mein Gott, sie war hier! Irgendwie hatte sie die Telefonleitung durchtrennt, was bestimmt nicht einfach ist.
    Erst in dem Moment fiel mir auf, wie still das ganze Haus war. Kein leises Summen der Heizung im Hintergrund, kein elektrisches Licht, kein Kühlschrankbrummen. Nichts.
    Mein Blick fiel auf den Digitalwecker neben dem Bett. Das Display war schwarz.
    Der Strom war abgestellt. Das war mir nicht aufgefallen, weil es im Schlafzimmer genug Fenster gab, um selbst an einem Regentag wie diesem reichlich Licht hereinzulassen, und ich obendrein in die Bilder vertieft gewesen war.
    Als Wyatt abgefahren war, hatten wir noch Strom gehabt, denn da hatte ich das Garagentor gehört. Er war noch keine Viertelstunde fort, also konnte der Strom noch nicht lange abgestellt sein. Was bewies das? Bewies das überhaupt etwas? Dass sie gewartet hatte, bis er das Haus verlassen hatte, bevor sie in die Wohnung geschlichen war? Woher wusste sie überhaupt, wo er wohnte? Wir hatten wirklich aufgepasst, uns war niemand gefolgt.
    Dafür wusste sie, wo er arbeitete. Mit diesem Wissen brauchte sie nur abzuwarten und ihm dann nach Hause folgen, was sie wahrscheinlich getan hatte, noch bevor sie mich zu verfolgen begann. Er hatte sie quasi zu mir geführt.
    Leise stand ich auf und griff nach meinem Handy, das ich aufs Bett geworfen hatte. Ich hatte es mit nach oben genommen, weil mich die meisten Menschen auf dem Handy anrufen, wenn sie mich erreichen wollen. Dass der Strom abgestellt war, würde mein Handy nicht stören, es sei denn, der Strom war so weiträumig ausgefallen, dass auch die Mobilfunkmasten ohne Strom waren, aber wenn der Strom weiträumig ausgefallen war, brauchte ich mir keine Sorgen zu machen. Nur dieses Auf-unser-Haus-begrenzter-Stromausfall-Szenario machte mir eine Scheißangst.
    Zitternd wählte ich Wyatts Nummer, während sich meine Haare aufrichteten. Kein Zweifel, mir standen die Haare zu Berge. So leise wie möglich schlich ich ins Bad und schloss die Tür, damit ich nicht gehört wurde.
    »Was gibt’s?«, dröhnte er in mein Ohr.
    »Es ist Megan«, platzte es aus mir heraus. »Es ist Megan. Ich habe deine alten Bilder durchgesehen und … sie ist es.«
    »Megan?«, wiederholte er hörbar verblüfft. »Aber das ergibt –«
    »Mir scheißegal, was das ergibt!«, flüsterte ich hektisch. »Sie ist es! Sie verfolgt mich! Und jetzt ist der Strom ausgefallen. Was ist, wenn sie das war, was ist, wenn sie im Haus ist –«
    »Ich komme sofort«, sagte er nach einem winzigen Zögern. »Und ich schicke den
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