Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Mordsee

Mordsee

Titel: Mordsee
Autoren: Reinhard Pelte
Vom Netzwerk:
war Samstag und höchste Zeit, seine schmutzige Wäsche zu waschen. Er nahm noch einen Schluck aus der Flasche und stellte im Wohnzimmer Radio Nora ein. Die Oldies aus den 60er und 70er Jahren gefielen ihm. Die Beach Boys, die BeeGees, die Tremeloes und Supremes waren ihm vertrauter als die modernen Popbands. Deren Musik klang in seinen Ohren immer gleich. Er konnte sich nicht einmal die Namen merken.
    Er schleppte seinen Seesack ins Bad und kippte ihn vor der Waschmaschine aus. Der Geruch ekelte ihn. Früher hatte das seine Mutter besorgt. Das schien ihm eine Ewigkeit her zu sein. Sein Vater war weit weg. Wo trieb er sich gerade herum? Er wollte das gar nicht wirklich wissen. Bald würde er es zwangsweise erfahren. Das war ihm nicht lieb, aber leider unausweichlich.
    Bevor er die Maschine befüllte, zog er sich aus und duschte. Er genoss es, sich einzuseifen und das Wasser über seinen Körper rieseln zu lassen. Danach stopfte er die abgelegte Schmutzwäsche in die Maschine und startete ein Vollwaschprogramm mit Vorwäsche.
    Er drehte sich um und musterte sich kritisch im Spiegel. Sein Body war in Ordnung, fand er. Kein Fett, nur Muskeln, nicht zu viel, aber genug, um mit seinen Kameraden mithalten zu können. Ein paar mehr Zentimeter an Körpergröße wären wünschenswert gewesen, vielleicht irgendwo zwischen einsachtzig und einsneunzig. Aber dagegen war nun einmal nichts zu machen. Dafür schmückte seinen Kopf eine dichte, lockige Mähne. Und auch unten herum war er gut bestückt. Er vergewisserte sich seiner Männlichkeit unter der täglichen Gemeinschaftsdusche unauffällig, aber immer wieder.
    Zu einer festen Freundin hatte das bisher nicht gereicht. Aber er war zuversichtlich. Ellen hatte auf seine schüchternen Annäherungsversuche freundlich reagiert. Er fühlte sich zu ihr hingezogen. Er wusste nicht, warum. Ihr Sexappeal war eher zurückhaltend, ihre Figur nicht gerade aufregend.
    Ellens Eltern waren zum öffentlichen Gelöbnis gekommen und hatten hinterher mit ihnen gefeiert. Sie waren nett und aufmerksam gewesen.
    Er beneidete Ellen. Wenn er vor ihr stand, hatte er Mühe, cool zu bleiben. Sie hatte etwas an sich, dem er sogar aus der Ferne erlag. Seine Befangenheit störte ihn. Aber er konnte nichts dagegen tun.
    Ellen würde nach der Grundausbildung Medizin studieren. Zu seinem Leidwesen hatte sie auf dem letzten Crewtreffen den ganzen Abend im Gespräch mit diesem eingebildeten Idioten aus Landshut verbracht. Er beruhigte sich damit, dass nichts weiter gewesen war. Andernfalls hätte er es ganz sicher gemerkt.
    Als er an den Abend zurückdachte, bekam er eine Erektion. Er schaute wohlgefällig in den Spiegel und nahm sie in die Hand. Zurück im Wohnzimmer, suchte er sich einen Porno aus der DVD-Sammlung und schaute auf dem großen Flachbildschirm zu, wie ein Mann ein Mädchen verrückt machte. Es dauerte nicht lange, bis er die Augen schloss und sich sein Gesicht verzerrte. Der Anblick seines sämigen Ejakulats auf dem Couchtisch erheiterte ihn und machte ihn stolz.
     
    *
     
    Er musste seinem Vater dieses Wochenende eine Mail schreiben. Er würde ihm von sich und seinen Fortschritten an der Marineschule berichten und ein bisschen dazufantasieren, zum Beispiel, dass er jetzt eine feste Freundin habe und dass es ihm gut ginge. Das war nicht völlig aus der Luft gegriffen. Sein Vater mochte das. Es beruhigte ihn. Und er selbst fühlte sich auch besser, wenn sein Erzeuger nicht bei jeder Gelegenheit anrief und sich nach ihm und seinen Angelegenheiten erkundigte.
    Sein Vater war ihm ziemlich egal. Er war froh, dass er zum Gelöbnis nicht angereist war. Es hatte ihn davor bewahrt, ihn Ellens Eltern vorstellen zu müssen. Schon allein sein Familienname war ihm peinlich: Ochsenknecht. Wer hieß schon freiwillig Ochsenknecht? Wenn er nicht den berühmten Schauspieler als Namensvetter gehabt hätte, wäre er vollends daran verzweifelt. Aber auch die ewige Nachfrage, ob er mit ihm verwandt sei, ging ihm tierisch auf den Sack. Wenigstens sein Vorname stimmte. Momme hörte sich irgendwie gut an, jedenfalls im Gegensatz zum Vornamen seines Vaters. Er hätte sich lieber erhängt, als Erwin Ochsenknecht zu heißen.
     
    *
     
    »Wer denn, Ellen? Der nette junge Mann von neulich Abend? Den solltest du festhalten.« Sie spülte, den Kopf vornüber gebeugt, die Gläser unter heißem Wasser sauber.
    »Mama, du nervst.« Ellen sah mit verdrehten Augen gegen die Küchendecke.
    »Waren seine Eltern eigentlich nicht
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher