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Mordsberge: Vier Fälle für Kommissar Gabriel (German Edition)

Mordsberge: Vier Fälle für Kommissar Gabriel (German Edition)

Titel: Mordsberge: Vier Fälle für Kommissar Gabriel (German Edition)
Autoren: Michael Koglin , Philip Tamm , Regula Venske , Steffi von Wolff
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es nun mal diese Vereinbarung der Innenminis ter, die Qualitätssicherung der einzelnen Landeskriminal ämter zu verbessern. »Und Sie stehen dabei an vorderster Front!«
    Becker straffte seinen Oberkörper. »Wir lernen voneinander. Sie dürfen sich als Norddeutscher die dortigen Mordermittlungsmethoden genau ansehen und uns dann berichten. Und so ganz nebenbei zeigen Sie denen mal, was wir hier im Norden so draufhaben.«
    Den Argumenten seines Vorgesetzten hätte Gabriel einiges entgegensetzen können: dass er die letzten Jahre im Archiv zugebracht hatte, dass er zu alt war, dass er die bayerische Küche nicht überleben würde … und dass er froh wäre, wenn er endlich in Pension gehen könnte, und schon aus diesem Grund wohl kaum den rechten Ehrgeiz entwickeln würde. Doch Beckers Gesichtsausdruck hatte ihm signa lisiert, dass jeder Widerspruch aussichtslos war, also hatte Gabriel zähneknirschend geschwiegen.
    Und so war er in diesem Touristenbumms von Pension gelandet, wo eine stämmige bayerische Pensionswirtin das Regiment führte und bei den Insassen für bayerisches Lebensgefühl sorgte.
    Gabriel zog einen Enzianstrauch aus Plastik aus einer Vase und warf ihn auf den Haufen in einer Ecke des Zimmers. Zu den Bierhumpen, den beiden Ziegenbildern, den Wanderführern für München und Umgebung, der Tischdecke, die eine Biergartenszene zeigte, und einem Flaschenöffner mit dem bayerischen Wappen darauf.
    Unter den neugierigen Blicken seines Hundes deckte er den Devotionalienberg mit einem großen Handtuch ab. Dann putzte er sich ausgiebig die Zähne.
    Trotz des starken Minzgeschmacks seiner Zahnpasta wurde er den ekeligen Geschmack von Leberkäse einfach nicht los. Er hätte dieses undefinierbare Zeug gestern nicht essen dürfen. Weiß der Teufel, welche Abfälle ein findiger Metzger darin entsorgt hatte.
    »Siehst du, das kommt davon, wenn man alles in sich hineinfrisst«, sagte er zu Mutter und verließ gemeinsam mit ihr das Zimmer.
    Es war noch nicht hell, als er die knarrende Treppe hinunterstieg. Der Hund sah sich ängstlich um. Gabriel wollte ge rade die Hand zur Klinke der Haustür ausstrecken, als er hinter sich ein »Des is recht, der frühe Vogel fängt den Wurm!« hörte. Die Pensionswirtin! Gabriel tastete nach seiner Waffe, zog sie dann aber doch nicht heraus. Wer wusste schon, wie die Eingeborenen auf diese Art von Scherzen reagierten? Grußlos verließ er die Pension. Selbst der Hund hatte es eilig, durch die Tür zu entwischen.
    2.
    Straßenlaternen verströmten ihr Licht, irgendwo hupte ein Auto. In der Dunkelheit sah Gabriel eine endlose Wüste von Mietskasernen. Der Tatort befand sich in einem Außenbezirk namens Moosach, und vor ihm stand jemand und redete auf ihn ein.
    »Sprechen Sie langsam und deutlich, und wenn ich irgendwo eine Petition unterschreiben soll, dass Bayern sich von Deutschland abtrennen und ein eigener Staat werden soll, dann nur her damit.«
    Der Mittdreißiger mit der akkuraten Frisur trug einen kurzen Wollmantel und sah ihn aus müden Augen an. Dann sagte er: »Ich weiß nicht, ob Ihr Hund auf Menschenfleisch steht, aber vielleicht ist es besser, Sie leinen ihn an.«
    Oberkommissar Maximilian Veitlinger reichte Gabriel die Hand. »Ich hab schon gehört, dass Sie als Hamburger Kommissar nicht gerade begeistert sind über diesen Auslandseinsatz.«
    »Auslandseinsatz?«, erwiderte Gabriel. »Das ist eher eine Kriegsgefangenschaft, in die man mich verschleppt hat.«
    »Krieg?«
    »Stimmt, Veitlinger. Ob Hamburg oder Bayern, wir gehören inzwischen ja alle zur Bundesrepublik. Und keiner kann was dagegen tun.«
    Veitlinger nickte wortlos und nahm zwei Becher entgegen, die ihm ein uniformierter Beamter reichte.
    »Ich hoffe, Sie haben nichts gegen unseren Kaffee«, sagte er und hielt Gabriel einen der Becher hin. Dann deutete er mit einem Nicken auf ein schwarzes Einkaufswägelchen, wie es normalerweise ältere Menschen benutzten. Um das Gefährt herum hatten Kriminaltechniker kleine Halogenstrahler aufgebaut.
    »Der Torso fehlt, lediglich Kopf, Arme und die Beine sind vorhanden. Keine Kleidung. Nicht gerade das, womit man den Tag beginnen möchte.«
    Wolf Gabriel machte einen Schritt auf den kleinen Einkaufstrolley zu. »Ja, wohin mit der Leiche?«, bemerkte er und umkreiste ihn in zwei Meter Abstand.
    »Und?«, fragte Veitlinger, als Gabriel in seiner Nähe stehen blieb.
    »Heimatgefühle«, sagte Gabriel.
    »So was finden Sie in Hamburg öfter?«
    »Der Einkaufswagen«,
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