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Mordkommission

Titel: Mordkommission
Autoren: dtv
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Michael H. hatte seiner Exfreundin rasend vor Eifersucht aufgelauert und war ihr heimlich mit seinem Wagen hinterhergefahren.
     Als sie schließlich von einem Besuch nach Hause zurückkehrte und mit ihrem Fahrzeug in die Garage fuhr, folgte er ihr zu Fuß.
     Er schloss das elektrische Tor von innen und schnitt dann mit einem Messer das Stromkabel an der Garagenwand durch. Dadurch
     erlosch die Beleuchtung und das Tor ließ sich mit der Fernbedienung nicht mehr öffnen. Ich mochte mir nicht ausmalen, was
     die arme Frau erleiden musste, als sie in der Garage ihren Mörder mit einem großen Messer in |220| der Hand vor sich stehen sah und gleich darauf im Dunkeln vergeblich ihrem Schicksal zu entkommen suchte. Ihr gellender Schrei
     war einer Gruppe junger Männer aufgefallen, die nicht weit entfernt auf der anderen Straßenseite standen. Als sich die Männer
     verunsichert der Garage näherten, war nichts mehr zu hören. Sie konnten noch sehen, dass sich das Garagentor einen Spalt breit
     öffnete; gleich darauf jedoch wurde es wieder geschlossen. Nachdem auf ihre Rufe nicht geantwortet wurde und alles ruhig blieb,
     ließen es die Männer dabei bewenden und entfernten sich. Auf die Idee, die Polizei zu rufen, kam keiner. Wenngleich auch letztlich
     keiner der Männer strafrechtlich wegen unterlassener Hilfeleistung belangt werden konnte, wird keiner von ihnen die Stunden
     ihrer Vernehmung auf unserer Dienststelle jemals wieder vergessen. Da bin ich mir ganz sicher.

|221| Vor den Augen der Kinder
    Wegen eines Tötungsdeliktes, das uns seit dem frühen Nachmittag beschäftigte, befand ich mich gegen 22   Uhr noch in meinem Büro im Polizeipräsidium, als ich bei einem routinemäßigen Blick auf den Bildschirm im Protokoll der Einsatzzentrale
     las, dass vor mehr als einer Stunde ein Einsatz in einer Wohnung im Münchner Osten angelaufen war. Ein Mann hatte seine Frau
     in der gemeinsamen Wohnung niedergestochen, mit lebensgefährlichen Verletzungen war sie in ein Krankenhaus eingeliefert worden.
     Warum trotz des beschriebenen Sachverhaltes, bei dem es sich zweifelsohne um ein versuchtes Tötungsdelikt handelte, noch niemand
     auf den Gedanken gekommen war, die Mordkommission zu alarmieren, war aus dem Protokoll nicht ersichtlich. Eine Nachfrage bei
     der Einsatzzentrale und beim Kriminaldauerdienst bestätigte den Sachverhalt. Bei dem Opfer, Maria V., handelte es sich um
     eine fünfunddreißigjährige deutsche Hausfrau und Mutter von drei Kindern im Alter zwischen sieben und sechzehn Jahren. Als
     dringend tatverdächtig war ihr Ehemann, ein sechsunddreißigjähriger türkischer Lagerarbeiter, vor Ort durch die Erstzugriffskräfte
     der zuständigen Polizeiinspektion festgenommen worden. Unmittelbar vor dem Eintreffen am Tatort wurde ich telefonisch durch
     den KDD darüber informiert, dass Maria V. soeben ihren schweren Verletzungen erlegen war.
    Bei dem Gedanken an die unmittelbar bevorstehende Begegnung mit den drei Kindern des Opfers, die um das Leben ihrer Mutter
     bangten und denen wir nun mitteilen mussten, dass sie nie mehr zu ihnen zurückkehren würde, verspürte ich einen dumpfen Druck
     im Magen. Dass der eigene Vater der Mörder der Mutter war und die Kinder nun auch ohne ihren Vater leben mussten, machte die
     Sache nicht einfacher. Der Tatort, ein Mehrfamilienhaus in einer neu erbauten Stadtrandsiedlung, lag an einer ruhigen und
     um diese Zeit schon menschenleeren Straße. Beim Einparken |222| bemerkte ich zu meiner Erleichterung auch einen V W-Bus des Arbeiter-Samariter-Bundes, auf dem in Großbuchstaben das Wort »KIT« stand.
    Hier hatte offensichtlich einer der Erstzugriffsbeamten schnell reagiert und rechtzeitig das Kriseninterventionsteam angefordert.
     Die Haustür war angelehnt, eine umgeschlagene Fußmatte verhinderte, dass die Tür ins Schloss fallen konnte. Wahrscheinlich
     war es nur Einbildung, aber ich glaubte, die bleierne Stille förmlich greifen zu können, die trotz diverser geschäftiger Aktivitäten
     an Orten zu herrschen scheint, an denen ein Mensch gewaltsam ums Leben gekommen ist. Im Treppenhaus im ersten Stock standen
     die zahlreichen Taschen, Kisten und Koffer der Spurensicherung, außerdem fielen mir ein großer Reisekoffer und eine prall
     gefüllte Reisetasche auf, die dem Anschein nach nicht zum Equipment der Polizei gehörten.
    Von den Kollegen vor Ort erfuhr ich, dass die drei Kinder zwischenzeitlich bei einer Cousine von Maria V. in der Nähe untergekommen
     waren
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