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Mord zur Geisterstunde

Mord zur Geisterstunde

Titel: Mord zur Geisterstunde
Autoren: Aufbau
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sie nicht, beteuerte sie sich. Doherty war ja wirklich nicht Mr. Wunderbar. Nicht einmal der beste Polizist der Stadt. Aber er hatte sie hilfreich an der Hand geführt, seit sie ihre Aufgabe als Verbindungsperson zwischen dem Hotelfachverband und der Kriminalpolizei angetreten hatte. Sie fühlte sich in seiner Gesellschaft wohl – es war ein bisschen wie mit den alten Turnschuhen, die sie gerade weggeworfen hatte.
    Wenn sie weiter so auf der Straße herumlungerte, mussten die beiden sie sehen! Das wollte sie auf keinen Fall. Dann dachte er vielleicht, sie wäre auf dem Weg zu ihm gewesen. Verzweifelt wollte sie ja nicht wirken – auch nicht übermäßig begeistert. Um Himmels willen, bloß das nicht!
    Auf ihrer Straßenseite gab es nichts, wo sie sich hätte verstecken können. Was tun?
    |30| »Soll ich Sie zum Hotel mitnehmen?«
    Bloß nie mit Fremden mitfahren! Sie schaute ihn von Kopf bis Fuß an. Silberner Helm, Lederjacke, Jeans und … Gummistiefel! Es war blödsinnig.
    Es war eine völlig spontane Reaktion, aber, he, niemand, der finstere Machenschaften plant, trägt Gummistiefel, oder?
    Natürlich nicht!
    Schon schwang sie das Bein über den Beifahrersitz. Sie wandte das Gesicht von Doherty und seiner Begleiterin ab und lehnte die Wange an das glatte Leder der Bikerjacke.
    Der Motorradfahrer bog in Richtung Stadtzentrum ab und fuhr dann auf den Lansdown Hill zu. Panik überkam Honey. »He!«, protestierte sie.
    Das Green River Hotel lag in der entgegengesetzten Richtung.
    Sie tippte dem Mann auf die Schulter. »Entschuldigung!«
    Der Wind trug ihre Worte fort. Nun ging es im rasenden Tempo den Lansdown Hill hinauf, immer haarscharf an geparkten Autos und anderen Fahrzeugen vorbei, die es wagten, auf der Straße unterwegs zu sein.
    Honey traute sich nicht, ihren Griff zu lockern. Der Fahrtwind pfiff ihr durchs Haar. Statt der eleganten Gebäude sah man jetzt niedrige Cottages. Sie flitzten an der Rennbahn und an den Blathwayt Arms vorüber. Wo zum Teufel wollte er mit ihr hin?
    Er folgte der Linkskurve der Straße. Da erkannte sie, wo sie waren. Sie fuhren in Richtung Wick bergab, zu einem Dorf in der Nähe von Bristol. Vielleicht würde er ja dort einmal so lange anhalten, dass sie vom Sozius springen konnte.
    Springen? Sie erinnerte sich an ihr Alter und machte sich klar, dass ihr die Behändigkeit, die sie als quicklebendige Neunjährige vielleicht einmal besessen hatte, inzwischen abhanden gekommen war.
    Das Motorrad verlangsamte unten an der Flanke des Hügels kaum das Tempo, es nahm eine Rechtskurve und fuhr nun den Tog Hill hinauf.
    Honey erinnerte sich, dass man von hier eine atemberaubende |31| Aussicht hatte. Nicht, dass sie bei der augenblicklichen Sachlage Zeit und Muße gehabt hätte, sich zurückzulehnen und das Panorama zu genießen.
    Ihre Vermutung war richtig gewesen. Oben am Aussichtspunkt flitzten sie in elegantem Bogen um den Kreisverkehr und dann wieder zurück in Richtung Bath.
    Honey tippte dem Fahrer noch einmal auf die Schulter. »Was soll diese Fahrt ins Blaue?«
    Keine Antwort.
    Halt dich gut fest, Mädchen, sagte sie sich, und meinte damit nicht nur die Motorradfahrt. Die war ja auch noch nicht vorüber. Es musste doch einen Grund geben, warum der Mann sie entführt hatte. Alles hatte einen Grund, oder nicht?
    Honey ging die verschiedenen Möglichkeiten durch. Vermutung Nummer eins: Er versuchte, ihr Angst einzujagen. Warum, das wusste sie nicht. Na gut, sie raste ja nicht jeden Tag auf dem Sozius eines Motorrades durch die Gegend. Aber hatte sie wirklich Angst? Nein. Nein, Angst hatte sie keine. Insgesamt kam sie eigentlich mit der Sache erstaunlich gut klar.
    Möglichkeit Nummer zwei: Der Mann wollte sie wirklich nach Hause bringen und war versehentlich in die Irre gefahren. Völliger Blödsinn!
    Gedanke Nummer drei: Eigentlich hatte der Kerl an einem düsteren Ort anhalten und sie vernaschen wollen, dann aber bemerkt, dass sie alt genug war, um seine Mutter zu sein. Er hatte es sich anders überlegt.
    Die letzte Möglichkeit wurmte sie ein wenig. Andererseits war sie auch erleichtert.
    Nun tauchten wieder vertraute Straßen und Gebäude auf. Mit kreischenden Bremsen kam das Motorrad vor dem Green River zum Halten.
    Honey war zu Hause!
    Unelegant, aber eilig schwang sie sich vom Sozius. Endlich stand sie wieder mit beiden Beinen auf der Erde.
    Ihr Haar war wirr, ihr Gesicht eiskalt, aber sie war unversehrt. Der sollte jetzt aber was zu hören bekommen!
    |32| »Also«, hob sie
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