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Mord und Mandelbaiser

Mord und Mandelbaiser

Titel: Mord und Mandelbaiser
Autoren: Jutta Mehler
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»Und im Vertrauen gesagt, er müsste die Hälfte seiner Betreuungen abgeben, wenn er in seiner Kanzlei nicht so tüchtige Mitarbeiter hätte. Routineangelegenheiten …« Er unterbrach sich, weil Fanni am Ende der Allee stehen geblieben war, und sah sie fragend an.
    Fanni machte eine Bewegung zur Lieferanteneinfahrt hin. »Mein Wagen ist auf dem hinteren Parkplatz abgestellt.« Sie reichte dem Heimleiter die Hand. »Auf Wiedersehen.«
    Müller umfasste Fannis Rechte mit beiden Händen. »Es hat mich sehr gefreut, Sie getroffen zu haben, Frau Rot.«
    Fanni lächelte höflich, wollte ihm ihre Hand entziehen und endlich zu ihrem Wagen gehen.
    Doch er zögerte, sie loszulassen. »Ich möchte Sie nicht wieder aufregen, aber Herr Hanno hat bei unserer Besprechung vorhin von Ihrem – ähm – merkwürdigen Erlebnis auf dem Treppenabsatz erzählt. Haben Sie wirklich Pfleger Roland mit einer blutenden Wunde dort liegen sehen?«
    »Ja«, antwortete Fanni kurz – und sehr überzeugt.
    Müller ließ ihre Hand los und schüttelte bekümmert den Kopf. »Unbegreiflich, wirklich unbegreiflich. Denn sehen Sie, Frau Rot, Pfleger Roland ist seit zwei Wochen im Urlaub. Was hätte er hier zu tun gehabt?«
    »Das weiß ich nicht«, antwortete Fanni aufsässig, »aber ich weiß, dass ich nicht zu Halluzinationen neige, dass das, was ich sehe, auch tatsächlich da ist.«
    Müller schwieg eine Zeit lang. Fanni schien es, als würde er innerlich mit sich ringen.
    Er fragt sich, ob er dich für voll nehmen kann!
    Nach einigen Augenblicken sagte er: »Ich glaube Ihnen. Aber das macht die Sache erst recht schwierig, wirft Fragen auf, die wir nicht beantworten können. Wo ist Becker jetzt? Warum war er überhaupt hier? Und was ist passiert? Hat ihn jemand überfallen? Wenn ja, wer? – Vielleicht sollten wir doch die Polizei einschalten. Dr. Benat hat das bereits vorgeschlagen. Aber ich muss zugeben, dass ich – genauso wie Herr Hanno, der die ganze Sache für ein Hirngespinst hält – strikt dagegen war.« Er stöhnte und verdrehte die Augen zum Himmel. »Negativschlagzeilen …«
    Fanni atmete erleichtert aus. Der Heimleiter war auf ihre Seite geschwenkt, hielt sie nicht für irre, so wie Hanno das tat.
    Aber die Polizei wird dich für irre halten, so wie Hanno das tut!
    Ja, musste Fanni zugeben. Deshalb antwortete sie: »Es gibt nirgends eine Spur von Roland Becker. Nichts würde meine Aussage stützen. Im Gegenteil, dass Roland Urlaub hat und ihn, wie es scheint, außer mir heute keiner in der Katherinenresidenz gesehen hat, spricht schwer dafür, dass ich mich geirrt habe. Herr Hanno hat recht. Wenn Sie die Polizei einschalten, laufe ich Gefahr, wegen groben Unfugs verhaftet zu werden.«
    Müller konnte seine Erleichterung nicht ganz verbergen, als er antwortete: »Ehrlich gesagt, da muss ich Ihnen zustimmen.« Er griff nach ihrer Rechten und nahm sie noch mal in seine Hände. »Aber es widerstrebt mir, Sie mit Ihrem schrecklichen Erlebnis allein zu lassen. Sie müssen sich jemandem anvertrauen, damit Sie ruhig schlafen können – Ihrem Gatten, er wird Ihnen den Rücken stärken.«
    Fanni nickte und dachte, dass ihr Hans Rot eher eins aufs Dach geben würde, wenn sie ihm damit käme.
    »Und ich«, fuhr Müller fort, »werde mich die nächsten Tage in der Katherinenresidenz gründlich umhören. Vielleicht finden wir ja doch noch heraus, was es mit dieser mysteriösen Begegnung auf sich hat.« Er sah Fanni eindringlich an, und sie nickte wieder.
    Vielleicht solltest du mal »Danke« sagen! Schließlich bemüht er sich geradezu rührend um dich!
    Fanni riss sich zusammen. »Ich bin Ihnen wirklich dankbar, dass Sie mir so zur Seite stehen, ich …«
    Müller winkte ab. »Es liegt auch in meinem Interesse, die Sache aufzuklären. Wir werden der Geschichte auf den Grund kommen, das verspreche ich Ihnen. Und scheuen Sie sich nicht, mich zu kontaktieren, falls Ihnen etwas einfällt, das dazu dienen könnte, Licht in die Angelegenheit zu bringen.« Wie zur Bestätigung seiner Worte drückte er ihre Hand. Dann ließ er sie los.
    Fanni wollte gerade den Mund öffnen, um ihm nochmals zu danken und ihm einen guten Abend zu wünschen, da fügte er hinzu: »Und sollte jemand vom Personal der Katherinenresidenz taktlos gegen Sie werden – ich fürchte, Herr Hanno hat nicht nur im Laufe des Meetings auf ziemlich eindeutige Weise von Ihrer Begegnung erzählt –, dann wenden Sie sich ebenfalls sofort an mich.« Damit winkte er zum Abschied und ging
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