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Mord Nach Maß

Mord Nach Maß

Titel: Mord Nach Maß
Autoren: Agatha Christie
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der Presse.
    Über den Ort, an dem Ellie beigesetzt werden sollte, kam es zu einem widerwärtigen Gerangel. In meinen Augen war es nur natürlich, dass sie da begraben wurde, wo sie auch gelebt hatte und wo wir miteinander glücklich gewesen waren.
    Aber Ellies Familie sperrte sich dagegen. Sie wollten die Leiche nach den USA überführen lassen, damit sie an der Seite ihrer Vorfahren bestattet wurde. Vielleicht war das auch gar nicht so abwegig.
    Andrew Lippincott erschien, um die Sache mit mir zu besprechen. Er formulierte es ganz einleuchtend.
    »Sie hat keinerlei Anordnungen hinterlassen, wo sie begraben sein wollte«, erläuterte er.
    »Warum sollte sie auch?«, fragte ich gereizt. »Wie alt war sie denn – einundzwanzig? Mit einundzwanzig denkt man noch nicht ans Sterben.«
    »Sehr richtig«, konstatierte Lippincott. »Ich fürchte, Sie werden ebenfalls nach Amerika kommen müssen. Sie haben sich dort um vielerlei Geschäftsinteressen zu kümmern.«
    »Was für Interessen? Was habe ich mit diesen Geschäften zu tun?«
    »Eine ganze Menge«, erwiderte er. »Ist Ihnen nicht klar, dass Sie laut Testament der Haupterbe sind?«
    »Sie meinen, als Ellies nächster Verwandter oder so?«
    »Nein. Laut Testament.«
    »Ich wusste gar nicht, dass sie ein Testament gemacht hat.«
    »O doch«, sagte Lippincott. »Ellie war in solchen Fragen sehr versiert – kein Wunder bei ihrer Herkunft. Als sie volljährig wurde, setzte sie ein Testament auf, und zwar unmittelbar nach Ihrer Heirat. Es war bei ihrem Londoner Anwalt hinterlegt, und eine Kopie davon ging an mich.«
    »Könnte ich dann nicht auch die ganze Vermögensverwaltung Ihnen übertragen? Ich bin viel zu unerfahren dazu.«
    »Das könnten Sie wohl.«
    »Dann wäre ja alles geregelt.«
    »Dennoch sollten Sie sich einen eigenen Rechtsvertreter nehmen. Ich vertrete bereits einige Familienmitglieder, und es könnte da zu einem Interessenkonflikt kommen. Wenn Sie es mir überlassen wollen, werde ich dafür sorgen, dass Ihre Interessen von einem tüchtigen Anwalt wahrgenommen werden.«
    »Vielen Dank, Sie sind sehr freundlich.«
    »Wenn ich mir eine Bemerkung erlauben darf…«
    »Ja?«, ermunterte ich ihn.
    »Ich möchte Ihnen raten, mit Ihrer Unterschrift sehr sorgsam umzugehen. Besonders bei Geschäftspapieren. Ehe Sie etwas unterschreiben, lesen Sie es gründlich und aufmerksam durch.«
    »Aber diese Papiere, von denen Sie sprechen – würden sie mir denn überhaupt etwas sagen?«
    »Wenn Ihnen nicht alles klar geworden ist, geben Sie es an Ihren Rechtsbeistand weiter.«
    »Soll das eine Warnung sein?«
    »Diese Frage kann ich nicht beantworten«, sagte Lippincott. »Ich will aber immerhin so weit gehen: Wo große Summen im Spiel sind, sollte man niemandem trauen.«
    Also warnte er mich doch vor jemandem, hatte aber nicht vor, mir Namen zu nennen. Dachte er an Cora? Oder hegte er einen Verdacht, vielleicht einen sehr alten Verdacht, gegen Stanford Lloyd, den Bankier und Lebemann, der so sorglos und großzügig lebte und kürzlich »geschäftlich« in London gewesen war? Vielleicht hatte Onkel Frank vor, mir einige ganz plausible Dokumente vorzulegen. In einer plötzlichen Vision sah ich mich selbst, ein armer, unschuldiger Tölpel, von Krokodilen umringt im Wasser schwimmen, und alle hatten ein falsches, überfreundliches Lächeln aufgesetzt.
    »Die Welt ist schlecht«, erklärte Lippincott.
    Vielleicht war es dumm, aber ich erkundigte mich plötzlich: »Zieht irgendjemand aus Ellies Tod Gewinn?«
    Er sah mich scharf an. »Eine merkwürdige Frage. Warum wollen Sie das wissen?«
    »Keine Ahnung. Es fiel mir nur eben so ein.«
    »Sie ziehen Gewinn daraus«, stellte er fest.
    »Sicher. Das habe ich vorausgesetzt. Was ich damit sagen wollte – profitiert sonst noch jemand?«
    Lippincott schwieg eine ganze Weile. »Wenn Sie damit meinen, ob in Fenellas Testament auch andere Erben bedacht sind, dann trifft das in begrenztem Umfang zu. Auf ein paar alte Diener, eine alte Gouvernante, auf ein oder zwei Wohlfahrtsinstitutionen – aber nichts davon fällt weiter ins Gewicht. Auch Miss Andersen ist bedacht, aber nicht sonderlich hoch, denn Ellie hatte bereits, wie Sie vermutlich wissen, eine ansehnliche Summe für sie ausgesetzt.«
    Ich nickte. Ellie hatte mich darüber informiert.
    »Sie waren ihr Mann, und sie hatte sonst keine näheren Verwandten. Dennoch glaube ich, dass Ihre Frage nicht unbedingt darauf abgezielt hat.«
    »Das weiß ich selber nicht genau«, sagte ich.
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