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Mord nach Drehbuch

Mord nach Drehbuch

Titel: Mord nach Drehbuch
Autoren: Aufbau
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hielt ihren hellvioletten Rock hoch gerafft, während jemand von der Kostümabteilung ihr die Beinwärmer zurechtzog.
    »Die ist ein bisschen groß für Jane Austen«, meinte Lindsey, die immer höchsten Wert auf historische Genauigkeit legte.
    »Sie ist sehr hübsch«, wandte Gloria ein. »Und so schlank. Wusstet ihr, dass sie eine Million für Fotos und so in der Zeitschrift
Hello!
bekommen hat?«
    »So viel Geld ist niemand wert«, meckerte Honey.
    »Du bist voreingenommen«, erwiderte ihre Mutter. »Und neidisch!«
    »Wieso sollte ich das sein?«, blaffte Honey empört.
    »Weil sie gut aussieht, Geld hat und elegant ist.«
    »Ah, aber hat sie auch Hirn?«, fragte Honey.
    Lindsey zuckte die Achseln. »Irgendjemand muss doch denken, dass sie so viel Geld wert ist.«
    »Hm«, murmelte Honey ärgerlich. »Und zwar eine ganze Million!«
    Inzwischen wurden weitere Statisten ausgewählt und herangewinkt.
    Honey schaute zu. Sie fand es faszinierend: Die Leute verschwanden mit Jeans und Pullovern in dem Wohnwagen und kamen mit Schutenhüten und weich fließenden Kleidern wieder heraus. Es lag ein erbitterter Wettbewerb in der Luft, wer das schönste Kostüm hatte.
    »Meines ist aus reiner Seide. Ich bin eine elegante junge Städterin.«
    »Ich soll eine Gouvernante sein.«
    »Und ich ein Gemüsehöker, was immer das sein mag«, erklärte ein kleiner Mann mit Knollennase und einer Augenklappe.
    Honey hatte sich inzwischen damit abgefunden, dass sie wohl als Beobachterin am Rand sitzen bleiben würde, und kuschelte sich tiefer in ihre dicke, mit Vlies gefütterte Jacke.
    Ihr war es schnurzpiepegal, dass sie kein weich fließendes Elfenkleidchen tragen würde! Mein Gott, es war Februar!
    Plötzlich hörte man lautes Zischen, und blauer Rauch wehte durch die Luft. Alle Nasen wandten sich dem Cateringwagen zu.
    »O je, Frühstück«, sagte Honey plötzlich.
    »Smudger«, ergänzte Lindsey, ehe sie mit den anderen Kostümierten weggescheucht wurde.
    »Genau.«
    Als Honey das Telefon aus der kuscheligen Jackentasche zog, wurde ihr erneut bewusst, wie eiskalt es hier war und wie mollig warm es im Green River Hotel wäre.
    Also, was soll das denn? Wo ist denn die begeisterte Schauspielerin, die irgendwo tief in dir steckt?, ermahnte sie sich. Das Wichtigste zuerst. Sie musste Smudger, ihren Chefkoch, aus dem Bett klingeln. Die Gäste im Green River Hotel erwarteten ein Frühstück mit Speck, Würstchen und allen Schikanen. Das würden sie wahrscheinlich nicht bekommen, wenn Smudger nicht bald anfing, Eier aufzuschlagen und Speck zu braten.
    Smudger hatte versprochen, mit dem Handy auf dem Kopfkissen zu schlafen.
    Honey verzog sich an eine Stelle zwischen dem Pferch für die Statisten und dem geheiligten Boden, wo der Regisseurmit der Hauptstarstellerin redete. Es war noch nicht sonderlich hell, und obwohl das Display ihres Mobiltelefons beleuchtet war, brauchte sie doch etwas mehr Licht, um die richtigen Tasten zu drücken.
    Sie hatte nicht bemerkt, dass ihre kleine Aktion ein Problemdarstellte – bis sie eine schrille Stimme hörte, die die morgendliche Ruhe zerriss.
    »Schafft die da sofort weg!«
    Honey merkte, dass die Gestalt in zartem Lila, die wie eine Harpyie kreischte, mit dem Finger auf sie zeigte.
    Unbeirrt machte sie weiter. Smudger meldete sich schlaftrunken.
    »Frühstück!«, verkündete Honey, so laut sie sich traute, und erhielt als Antwort nur ein gedämpftes »Mh«.
    »Bist du schon aufgestanden?«
    »Gerade dabei.«
    Er klang sehr angeschlagen.
    »Jetzt ein Bein unter der Zudecke hervorstrecken. Okay? Und jetzt den Fuß auf den Boden setzen.«
    Sie hörte ihn stöhnen. »Großer Gott!«
    »Was ist denn los?«
    »Der Boden ist eiskalt.«
    Honey hatte ihre Aufgabe erledigt und klappte das Telefon wieder zu. Smudger stand mit einem Bein auf dem Boden. Wo der rechte Fuß vorangegangen war, würde auch bald der linke folgen.
    Martyna Manderley, die mit den Millionen-Fotos, kam mit gerafften Röcken zu ihr herüberstolziert. Unter ihrem Musselingewand trug sie schwarze Leggings und Beinwärmer.
    Honey linste auf die polierte Kralle, die wie ein Dolch auf ihr Herz gerichtet war. »Tut mir leid. Ich bin wohl in die falsche Kulisse geraten. Ich war für einen Film über Jane Austen eingeteilt, und nicht für Draculas Tochter«, sagte sie mit einem kleinen Lächeln.
    Das fand Martyna überhaupt nicht komisch.
    »Geben Sie mir sofort das Telefon!«
    Honey verbarg ihre Hand hinter dem Rücken. »Nein. Das ist
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