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Mord nach Drehbuch

Mord nach Drehbuch

Titel: Mord nach Drehbuch
Autoren: Aufbau
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stattfinden. Einige Leute saßen bereits erwartungsvoll da, andere standen wie Honey noch herum. Sollte sie gehen oder bleiben? Eigentlich hatte sie hier nichts zu suchen. Sie blieb trotzdem.
    Sie quetschte sich zwischen zwei Reihen hindurch und entdeckte einen freien Stuhl, der ein wenig abseits von den anderen stand. Im Augenblick lag ein dicker Stapel Papier darauf. Honey hob ihn hoch und warf einen kurzen Blick darauf. Ein Drehbuch.
Das Leben der Jane Austen
.
    Drehbücher brauchten keinen Sitzplatz. Honey ließ sich auf dem Stuhl nieder. Das Drehbuch hielt sie auf dem Schoß.
    Der Name des Regisseurs war Boris Morris. Er war der Typ, der versucht hatte, ihr das Handy abzunehmen.
    Boris war Ende vierzig, und sein Haar wurde schütter. Seinekahle Stirn sah aus, als würde sie regelmäßig mit Bienenwachs poliert. Unter der Barbour-Jacke trug er ein geblümtes Hemd, blaue Kordhosen und eine Patchwork-Weste. Er schien Honey geradewegs anzuschauen. Ob er ihr Recht in Frage stellen wollte, sich hier aufzuhalten? Wegen ihres kleinen Kontaktlinsenproblems konnte sie das nicht so genau ausmachen.
    Abtauchen und Kopf runter, Mädel, überlegte sie und gab vor, im Drehbuch zu lesen.
    Sie blätterte die ersten Seiten um und runzelte die Stirn. Irgendwie waren sie klebrig. Die Worte des Regisseurs rauschten über ihren Kopf hinweg. Sie bemerkte Fingerabdrücke auf dem Papier – ihre Fingerabdrücke! Sie blätterte eine Seite weiter – auch die war verschmiert.
    Jemand tippte Honey auf die Schulter. »Entschuldigung.«
    Sie blickte auf und geradewegs in ein hartes Gesicht mit einer gebrochenen Nase. Auf dem Schild an der Schirmmütze stand: »Ace Security«.
    Der Mann schaute sie kurz an, ehe sein Blick auf ihre Hände fiel.
    Sie rang sich mit Mühe ein Lächeln ab. »Bitte«, würgte sie hervor, »sagen Sie mir, dass das nur …«
    Sie wollte gerade anmerken, dass es sich wahrscheinlich nur um Ketchup oder Theaterblut handelte – wenn sie sich auch absolut nicht daran erinnern konnte, ob Jane Austen je etwas mit einem Mord zu tun gehabt hatte, im Roman oder im wirklichen Leben. Und in diesem Falle …
    Da flog krachend die Doppeltür auf, und alle Köpfe wandten sich dorthin. Die junge Frau, die gerade hereingestürzt kam, hatte dunkle Locken. Ihr Gesicht sah über dem lila Paschminaschal ganz bleich aus. Ihre Augen waren schreckgeweitet.
    »Sie ist tot! Martyna ist tot! Erstochen!«
    Lautes Stimmengewirr erhob sich im Raum.
    Honeys Augen und die des Wachmanns wanderten wieder zum Drehbuch und den Fingerabdrücken.
    Die Pranke des Mannes fiel schwer auf ihre Schulter. »Kei ne Bewegung«, sagte er. Sie konnte beinahe riechen, wie aufregend er das alles fand. Er hatte eine Mörderin dingfest gemacht. Dachte er zumindest.
    Allen anderen brüllte er zu: »Ruft die Polizei. Es ist ein Mord geschehen.«
    »Ich war’s nicht«, beteuerte Honey.
    »Das sagen sie alle«, antwortete der Mann. »Das kenne ich aus dem Film.«

Kapitel 5
    Der Amtsarzt erledigte seine Aufgabe gründlich. Die Jungs von der Spurensicherung lungerten um den Cateringwagen herum und warteten darauf, dass ihr Kollege endlich mit seiner Arbeit fertig würde. Heißer Kaffee und Speckbrötchen in rauen Mengen wurden herumgereicht.
    Dann wurde laut gemeckert und geschimpft, als sich Doherty frech zum Tresen vordrängelte.
    »Als leitender Beamter am Tatort bin ich automatisch Erster in der Schlange«, verkündete er selbstbewusst. Der Duft von frisch gebratenem Speck stachelte wohl jeden dazu an, seine Position in der Hackordnung raushängen zu lassen.
    Gerade hatte Doherty einen Becher Kaffee und ein Speckbrötchen ergattert, als er einem Wachmann in die Arme lief. Der sprang aufgeregt von einem Bein aufs andere und sprudelte hervor: »Wir haben die Täterin sofort dingfest gemacht und ihr gesagt, dass sie sich nicht vom Fleck rühren soll.«
    »Und? Wo ist sie jetzt?«, fragte Doherty. Es wäre nicht das erste Mal, dass jemand eine Person auf frischer Tat ertappte und dingfest machte und dann vergaß, die Verdächtige auch im Auge zu behalten.
    »Wir haben sie da drüben im Haus.« Der Wachmann deutete mit einem Wurstfinger auf die andere Straßenseite.
    Doherty, der noch auf knusprigem Brötchen und krossem Speck herumkaute, drängte ihn, weiterzusprechen. »Haben Sie gesehen, dass sie es getan hat?«
    »Nein, aber ihre Hände waren blutbefleckt.«
    Doherty kaute und spazierte weiter. Eigentlich hatte er einen freien Tag gehabt, war aber wegen dieses Mordes
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