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Mord in Tarsis

Mord in Tarsis

Titel: Mord in Tarsis
Autoren: John Maddox Roberts
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vorbeizublicken. Was ihn anging, so war es um so besser, je weniger er von seinen Auftraggebern wußte.
    Unten in der Straße waren ein Dutzend Männer in den Kampf verwickelt. Die Begeisterung, mit der sie ihre Krummschwerter schwangen, übertraf ihre Kampfkunst. Unter den Blicken der beiden Zuschauer fiel erst ein Mann, dann ein zweiter unter Flüchen und Schreien. Blut, das im Licht von Solinari schwarz aussah, begann im Schnee zu einer Pfütze zusammenzulaufen.
    Der Kampf ging vielleicht hundert Herzschläge lang weiter, dann hatten die Überlebenden der einen Partei genug. Sie wichen zurück und rannten davon, dicht gefolgt von den unverletzten Männern der Gegenseite, die wie Hunde auf der Fährte ihrer Beute bellten. Zwei Männer lagen noch in größer werdenden schwarzen Pfützen auf der Straße, während ein weiterer davonhinkte. Er benutzte sein Langschwert als Krücke und preßte die andere Hand auf eine tiefe Wunde am Oberschenkel.
    Der Adlige und der Assassine traten vom Fenster weg. »Ein Haufen Raufbolde«, sagte der erstere. »In letzter Zeit wimmelt es in der Stadt von ihnen. Sie benutzen alle diese Zweihänderschwerter. Zu meiner Zeit duellierte man sich noch mit dem Rapier.« Er berührte die schlanke Klinge an seiner Seite.
    »Ihr seid in einer eleganteren Zeit aufgewachsen«, sagte Nistur. »Der einzige Vorteil der von ihnen gewählten Waffe ist der, daß sie einem gestattet, ohne besonderes Können den größtmöglichen Schaden anzurichten. Das macht sie ideal für Straßenkämpfe wie den, den wir gerade beobachtet haben. Meine eigenen Waffen sind eher antiquiert.« Er nickte in eine Ecke des kleinen Zimmers, wo ein Schwert an der Wand lehnte. Es steckte in einer Scheide, um die spiralenförmig der Gurt gewickelt war. Es war kein Rapier wie das des Adligen, auch kein gekrümmter Zweihänder wie die der Straßenkämpfer, auch nicht die lange, gerade, breite Waffe des Schlachtfelds, die von Soldaten bevorzugt wurde, und auch nicht das Entermesser der Seefahrer. Es war ein Säbel mittlerer Länge, etwas kürzer als ein Meter, mit Säbelkorb. Daneben lag eine kleine, stachelbesetzte Tartsche, ein Armschild aus gehämmertem Stahl von höchstens dreißig Zentimeter Durchmesser.
    »Der Säbel mit Korbgriff ist nicht mehr in Mode, allerdings«, sagte der Adlige. »Aber zumindest ist er eine Waffe für gebildete Menschen. Zwei Schneiden oder eine?« fragte er mit einigem Interesse. Der Adel von Tarsis sah sich gern als Kriegerkaste, obwohl man diese Rolle in Wahrheit schon vor vielen Generationen an Berufskrieger abgegeben hatte. Dennoch hielt man den geschickten Umgang mit Waffen für eine Tugend der Herrschenden.
    »Eine«, sagte Nistur, womit sein Säbel im Gegensatz zum doppelt geschärften Breitschwert stand. »Er wurde vor zweihundert Jahren von Zwergen aus dem Amboßspalter-Clan geschmiedet.«
    »Die haben berühmte Waffen gemacht«, bestätigte der Aristokrat. »Ich habe einige Exemplare in der Waffensammlung meiner eigenen Familie. Also schön, zum Geschäft. Du scheinst dich auf dein Handwerk zu verstehen, und nun kennst du den Namen deines Opf-, deines Ziels. Brauchst du noch etwas?«
    »Ich scheue davor zurück, jemanden Eurer Position mit Belanglosigkeiten zu belästigen«, sagte Nistur, »aber da wäre noch die Frage meiner Entschädigung.«
    »Oh. Ja.« Der Mann in Samt griff in eine Tasche an seinem Gürtel, aus der er eine Lederbörse zog, die er mit einer verächtlichen Grimasse auf den Tisch warf. »Hier ist die Hälfte, wie abgemacht. Bei erfolgreichem Abschluß des Auftrags benachrichtigst du den Wirt, dann bekommst du den Rest.« Feilschen war nicht möglich. Den Lohn für diesen Dienst bestimmte eine alte Tradition.
    »Da wäre noch etwas«, fuhr der Adlige fort, »ganz nebensächlich, aber ich lege Wert darauf.«
    »Und das wäre?« erkundigte sich Nistur.
    »Der Mann trägt eine ziemlich ungewöhnliche Rüstung. Wenn dein Auftrag erfüllt ist, sei so gut, sie zu entfernen und sie zu übergeben, wenn du den Rest deines Lohns abholst.«
    Der kleine Mann richtete sich empört auf. »Mein Herr, Ihr beleidigt mich! Ich bin ein hochangesehener Assassine. Ich bestehle keine Toten! Mir ist klar, daß Helden und sogar Könige einem getöteten Gegner hohen Ranges die Rüstung abnehmen, aber so etwas ist nur auf dem Schlachtfeld üblich. Für einen Mann meines Standes wäre das eine Schande! Gewiß habt Ihr Lakaien, die so etwas für Euch tun können, nachdem ich meiner Verpflichtung
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