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Mord in Der Noris

Mord in Der Noris

Titel: Mord in Der Noris
Autoren: Petra Kirsch
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dann den größten
privaten Sicherheitsdienst der Region Coburg, »Se CO rity«, aufgebaut.
    »Wie geht’s, Alter? Laufen die
Geschäfte?«
    »Bestens, Junge, bestens!«,
strahlte Winter. »Je mehr Polizisten München bei uns streicht, umso besser für
uns Private!« Schneeweiße Jacketkronen, zerknitterte Turbobräune, frisch
blondierte Strähnen.
    »Du siehst langsam wirklich wie
der Vater von Dieter Bohlen aus«, frotzelte Charly.
    »Pass auf, wenn ich dich hier
vorsingen lasse!«, konterte Winter in gespielter Entrüstung.
    »Oye como va« , stimmte Charly ungeniert an, »mi ritmo, oye
como va!«, fiel Winter sofort
lauthals ein.
    Indignierte Blicke aus der
Damenecke.
    »He, ihr Spaßbremsen da drüben!
Kommt doch mal rüber!«
    »Lass mal lieber«,
beschwichtigte ihn Charly, »die sehen aus wie Elternbeiräte an der Grundschule,
die brauchen noch zwei, drei Jahre, bis sie wieder richtig locker sind! Komm,
wir gehen lieber mal rauf zum Schlossplatz!«
    »Aye, aye, Sir!« Winter fingerte ein paar Münzen aus der Tasche
und knallte sie auf den Tresen. »Hasta la vista, señoritas!«
    Sie traten hinaus auf die
abendschwüle Theatergasse, drängten sich an dem kleinen Caipirinha-Ausschank
vorbei und ließen sich über den Salzmarkt treiben, wo die spontane
Samba-Session ihrem atemlosen Höhepunkt entgegenjagte.
    »Ey, nicht so hüftsteif, Alter!«
    Ein gertenschlankes Girl mit
endlos langen schwarzen Haaren, im orangefarbenen »Coburg SambaCity!«-Shirt und
knallbunter Hippiehose, versperrte Charly tänzelnd den Weg. Ihre Pupillen waren
merkwürdig groß und starr, in der Linken schwenkte sie eine halb leere
Alcopopflasche.
    »Wahnsinn, Lady!« Winter
zwinkerte ihr verschmitzt von der Seite zu. »Du siehst ja aus wie Cher 1965!«
    »Und sie ist voll wie Janis
Joplin 1967«, unterbrach ihn Charly
und zog ihn weiter. »Das war doch noch nie unsere Kragenweite, oder?«
    Winter schüttelte amüsiert den
Kopf und wandte sich bereitwillig neuen Zielen zu. »Mensch, schau dir das da
drüben vor der Bühne an! Ausgelassene Lebensfreude, in unserem ehrbar-seriösen
Coburg, bei steifen Residenzlern! Ich werd’s nie begreifen!« Er zeigte auf
einen grauhaarigen Brillenträger mit sorgfältig gestutztem Bart, der, wie
etliche andere Festivalbesucher, stolz ein gelbes Brasilientrikot trug und, mit
Gürteltäschchen, Zip-Hose und Trekkingsandalen, inmitten anderer tanzender Fans
verzückt dem Samba-Takt zu folgen versuchte.
    »Der sieht doch aus wie der alte
Kripo-Geyer! Gibt’s den eigentlich noch?«
    »Längst pensioniert«, winkte
Charly ab. »Den hat doch vor zwei Jahren der Löhlein beerbt.«
    »Ausgerechnet Löhlein?«, feixte
Winter ungläubig. »Unser Arschkriecher Heinz-Uwe ist jetzt Abteilungsleiter?«
    Charly zuckte gelangweilt mit
den Achseln. »Was hast du denn erwartet? Loyalität vor Qualität, du kennst doch
den alten Führungsgrundsatz.«
    »Hättest halt doch öfter mal
deinen Mund halten sollen!« Winter klopfte ihm süffisant auf die Schulter.
»Dann wärst du jetzt mit fünfundvierzig nicht bloß Kommissar! Wie hat der Alte
immer gesagt? ›Kritik ist wichtig und erwünscht, aber bitte nicht jetzt und
hier!‹«
    »Hör bloß auf, die Zeiten sind
Gott sei Dank vorbei! Und die große Reform der bayerischen Polizei hat man ja
auch wieder zurückgenommen. – Da! Schau!«
    Mit einer winzigen Handbewegung
zeigte Charly in den atemberaubenden Ausschnitt einer Brasilianerin, die sich
gerade gebückt hatte, um Steinchen aus ihren Schuhen zu schütteln. »Und das ist
übrigens der wahre Grund, warum der Schlossplatz nie geteert wird und hier
immer nur der Splittbelag erneuert wird!«
    Winter ließ ein leises,
anerkennendes Pfeifen hören.
    »Du sagst, die alten Zeiten sind
vorbei … wie macht sich denn der neue Polizeichef?«
    »Ritter? Passt schon«, nickte
Charly. »Ein paar moderne Führungsmätzchen natürlich, schließlich ist er ja ein
Studienfreund von Staatssekretär Vöhringer, unserem nächsten bayerischen
Innenminister. Ritter will vor allem Ergebnisse sehen, schnelle und gute
Ergebnisse.« Er grinste. »Aber damit komme ich besser klar als ein
Reichsbedenkenträger wie unser Heinz-Uwe Löhlein.«
    Sie hatten den
schwarz-rot-goldenen »Leikeim«-Bierausschank vor der Ehrenburg erreicht und
schlossen sich, in wortloser Übereinstimmung, der Warteschlange an. In der
sanft herannahenden Abenddämmerung hatten alle Gastro-Zelte, Verkaufsstände und VIP -Pavillons mittlerweile ihre
blauen, roten und gelben
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