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Mord in Der Noris

Mord in Der Noris

Titel: Mord in Der Noris
Autoren: Petra Kirsch
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sie nichts darauf antwortete, ergänzte er:
»Haben Sie denn wirklich geglaubt, liebe Frau Steiner, Sie kommen uns an so
einem entscheidenden Tag ohne jede Feier davon? So gut müssten Sie uns eigentlich
kennen, vor allem Herrn Bartels, dass das ein Ding der Unmöglichkeit ist.«
    Dann drehte er sich nach hinten, zu dem weißen
Sideboard, auf dem drei Formationen Weinflaschen parallel zueinander
ausgerichtet waren, nahm die erste Flasche und überreichte sie ihr mit den
Worten: »Ein Müller-Thurgau aus dem Jahr 2010 vom Staatlichen Hofkeller zu
Würzburg mit den besten Wünschen von mir.«
    Die anderen taten es ihm gleich, sagten ihr immer
gleiches, mehr oder weniger glaubhaft intoniertes Gratulationssprüchlein auf,
überreichten die Flasche und nannten dazu Rebsorte, Region, Jahrgang.
Zwischendurch sah sie zu Heinrich auf, der neben ihr stand und als selbst
ernannter Zeremonienmeister die Gratulanten einen nach dem anderen zu sich
winkte und sie wieder verscheuchte, wenn er der Meinung war, es sei nun genug.
Als Letzte trat eine strahlende Eva Brunner vor und händigte ihr einen »ganz
hervorragenden Bio-Weißwein, einen Pinot Grigio aus Venetien von 2007, ein Tipp
von meinem Papa« aus.
    Anschließend kam der hauseigene Catering-Service, die
Mitarbeiter der Kantine, und brachten, was man bei solchen Bürofeiern in
Franken eben so zu sich nimmt, also Brezen, Weißwürste, Leberkäse, Bier und
Wasser. Für nahezu zwei Stunden ruhte nun die aktive Verbrechensbekämpfung im
Großraum Nürnberg. Ebenfalls außer Kraft gesetzt waren die persönlichen
Animositäten und Feindschaften in dieser Doppelstunde – jedermann war bemüht,
sich von seiner freundlichsten Seite zu zeigen. Vor allem gegenüber dem Geburtstagskind.
    Aber das war, genau wie das lukullische Angebot,
nichts Besonderes. Das Besondere an dieser Feier war, dass sie der Hauptperson
Spaß machte. Die nämlich genoss die Tatsache, dass sich alles um sie drehte,
regelrecht. Und selbst das wäre, wenn man sie gut genug kennen würde,
vielleicht zu erwarten gewesen.
    Das wirklich Einzigartige und damit Bemerkenswerte an
dieser Feier eines runden Geburtstages, die für Außenstehende einen vielleicht
trivialen, mit Sicherheit aber unspektakulären Eindruck machen musste, war
Heinrichs Geschenk.
    In ihm spiegelte sich nämlich – um abschließend eine
nun Fünfzigjährige mit fragmentarischen Kenntnissen in den Sozialwissenschaften
zu zitieren – der Fetischcharakter der Warenwelt auf eine besonders groteske
Art und Weise wider. Der rot-grüne Zigarren-Standaschenbecher aus den sechziger
Jahren, Murano-Glas mit einem blau-gelben Clown als Aufsatz, war ebenso
abgrundtief hässlich und kitschig wie überflüssig, ja unbrauchbar für sie.
Dennoch freute sie sich über dieses Geschenk am allermeisten. Auch wenn sie
nicht wusste, warum.

Volker Backert
    DAS HAUS VOM NIKOLAUS
    Franken Krimi
    ISBN 978-3-86358-023-0
    »Gründlich recherchiert, geschickt aufgebaut und flüssig geschrieben, bietet der 250-Seiten-Krimi professionelle Hochspannung, süffisanten Lesestoff und jede Menge Lokalkolorit. Allerdings auch drastische Gewaltszenen und unbehagliche Exkurse in menschliche Abgründe.«
    Neue Presse Coburg

Leseprobe zu Volker Backert,
DAS HAUS VOM NIKOLAUS
:
    Freitag, 16:00 Uhr / Coburg
    Der Sex mit dir war auch
schon mal besser, dachte Kriminalkommissar Charly Herrmann. Langsam zog er
seine Unterhose hoch. Vielleicht sollten wir uns eine Zeit lang nicht mehr
treffen.
    Er spürte ihren Blick in seinem
Rücken und trat, nur mit schwarzem Slip und dünnem Goldkettchen bekleidet, auf
den kleinen Balkon des Apartments hinaus.
    Flirrende Julihitze lag über Coburg.
    Die Luft stand bleiern-schwül in
der Senke zwischen Festungsberg und Fachhochschule. Immer wieder wehten
einzelne Klangfetzen aus der Innenstadt herauf; kurze, ekstatische
Trommelwirbel, akustische Vorboten des Coburger Samba-Festivals, das in wenigen
Stunden auf dem Schlossplatz beginnen würde.
    Hundert Sambagruppen aus aller
Welt; zweihundertfünfzigtausend Besucher in Coburg an den nächsten drei Tagen.
    »Schauen Sie sich diese Relation
an!«, quäkte der Samba-Pressesprecher aus dem kleinen blauen Plastikradio auf
dem Fensterbrett. »Zweihundertfünfzigtausend Besucher bei zweiundvierzigtausend
Einwohnern, da müssten zur Loveparade nach Berlin glatt vierundzwanzig
Millionen kommen!«
    Provinzielles PR -Gelaber, dachte Charly, kein Wort
über die enorme Belastung der Polizei: Überstunden,
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