Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Mord auf dem Golfplatz

Mord auf dem Golfplatz

Titel: Mord auf dem Golfplatz
Autoren: Agatha Christie
Vom Netzwerk:
Dann wiederholte er die resignierte Geste. Das Verzeichnis der ausgestellten Schecks war leer.
    »Nur Mut!«, rief Poirot und klopfte ihm den Rücken. »Zweifellos wird Madame Renauld uns alles über diese mysteriöse Person namens Duveen erzählen können.«
    Gleich sah der Kommissar weniger verzweifelt aus. »Stimmt. Machen wir weiter.«
    Als wir im Begriff waren, das Zimmer zu verlassen, sagte Poirot wie nebenbei: »Monsieur Renauld hat seine Besucherin gestern Abend in diesem Raum empfangen, ja?«
    »Das schon – aber woher wissen Sie das?«
    »Deshalb. Das habe ich an der Sessellehne gefunden.« Und zwischen Daumen und Zeigefinger hielt er ein langes schwarzes Haar hoch – ein Frauenhaar!
    M. Bex führte uns hinter das Haus, wo sich ein kleiner Schuppen befand. Er zog einen Schlüssel aus der Tasche und öffnete die Schuppentür.
    »Hier ist der Leichnam. Wir haben ihn kurz vor Ihrem Eintreffen vom Tatort entfernt. Nachdem die Fotografen fertig waren.«
    Wir gingen hinein. Der Ermordete lag, mit einem Laken bedeckt, auf dem Boden. Mit geschicktem Griff entfernte M. Bex das Laken. Renauld war ein mittelgroßer Mann, von schlanker, fast schmächtiger Gestalt. Ich schätzte ihn auf vielleicht fünfzig, sein dunkles Haar wies allerlei graue Strähnen auf. Er war glatt rasiert und hatte eine lange, dünne Nase, eng stehende Augen und die tiefbraune Haut eines Mannes, der fast sein ganzes Leben unter tropischer Sonne verbracht hat. Er bleckte die Zähne; aus seinem Gesicht sprachen Erstaunen und Entsetzen.
    »An seinem Gesichtsausdruck sieht man, dass ihm das Messer in den Rücken gestochen wurde«, sagte Poirot.
    Sehr vorsichtig drehte er den Toten um. Zwischen den Schulterblättern wies der hellbraune Mantel einen runden, dunklen Fleck auf. In der Mitte des Flecks klaffte ein Schnitt. Poirot sah ihn sich genau an.
    »Haben Sie irgendeine Vorstellung, mit welcher Waffe das Verbrechen begangen worden sein kann?«
    »Sie steckte noch in der Wunde.« Der Kommissar griff in einen hohen Glaskrug. In diesem Krug befand sich ein kleiner Gegenstand, der in meinen Augen vor allem Ähnlichkeit mit einem Papiermesser hatte. Ein schwarzer Griff und eine schmale, funkelnde Klinge. Höchstens dreißig Zentimeter lang. Poirot strich vorsichtig damit über seine Fingerspitze.
    »Ma foi! Das ist aber scharf! Ein nettes, kleines, leichtes Mordwerkzeug!«
    »Leider konnten wir keine Fingerabdrücke finden«, sagte Bex betrübt. »Der Mörder hat sicher Handschuhe getragen.«
    »Natürlich hat er das«, sagte Poirot verächtlich. »Selbst in Santiago wissen sie doch Bescheid. Noch die simpelste englische Miss weiß das – schließlich hat die Presse ausgiebig über Fingerabdrücke und Bertillonage berichtet. Aber ich finde es doch sehr interessant, dass es gar keine Fingerabdrücke gab. Es ist schließlich so leicht, fremde Fingerabdrücke zu hinterlassen. Und dann ist die Polizei glücklich.« Er schüttelte den Kopf. »Ich fürchte, unser Verbrecher ist kein Mann von Methode – oder er hatte es sehr eilig. Aber wir werden sehen.«
    Er ließ den Leichnam in seine ursprüngliche Lage zurücksinken.
    »Unter dem Mantel hatte er nur Unterwäsche an«, stellte er fest.
    »Ja, der Untersuchungsrichter findet das auch sehr seltsam.«
    In diesem Augenblick wurde an die Tür geklopft, die Bex hinter sich geschlossen hatte. Er öffnete. Vor ihm stand Françoise. Von makabrer Neugier getrieben, lugte sie herein.
    »Was ist los?«, fragte Bex ungeduldig.
    »Madame. Ich soll ausrichten, dass es ihr viel besser geht und dass sie den Untersuchungsrichter jetzt empfangen kann.«
    »Gut«, sagte M. Bex kurz. »Sagen Sie ihr, Monsieur Hautet und ich kommen sofort.«
    Poirot blieb noch einen Moment stehen und schaute sich nach dem Leichnam um. Ich dachte schon, er wolle ihn ansprechen und ihm versichern, dass er keine Ruhe finden werde, solange der Mörder nicht gefunden sei, aber als er dann den Mund öffnete, klang er verzagt und betreten, und sein Kommentar war diesem ernsten, feierlichen Moment nun wirklich nicht angemessen.
    »Er hatte aber einen sehr langen Mantel«, sagte er mit gepresster Stimme.

Fünftes Kapitel

Madame Renaulds Geschichte
     
    M.  Hautet wartete bereits in der Diele auf uns, und wir gingen gemeinsam nach oben. Françoise marschierte vorneweg, um uns den Weg zu zeigen. Poirot lief im Zickzack hin und her, was mich überraschte, bis er eine Grimasse schnitt und mir zuflüsterte:
    »Kein Wunder, dass die Dienstbotinnen
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher