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MoR 05 - Rubikon

Titel: MoR 05 - Rubikon
Autoren: Colleen McCullough
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sie immer noch zu zucken. Man sagt ja, daß der Senat nichts gegen den Willen des Seniorkonsuls beschließt, aber diesmal doch. Der Beschluß für das Staatsbegräbnis fiel fast einstimmig.
    Sie hatte von allem das Beste, Caesar. Die Bestatter richteten sie liebevoll her. Sie sah so schön aus, sogar mit dem kreideweißen Gesicht. Sie tönten ihr die Haut und steckten die Unmassen silberfarbener Haare mit dem juwelenbesetzten Kamm, den ich ihr zum zweiundzwanzigsten Geburtstag schenkte, so auf, wie sie es gern hatte. Als sie dann schließlich auf den schwarzen und goldenen Kissen auf der Bahre saß, sah sie aus wie eine Göttin. Man brauchte sie nicht im Geheimfach darunter verschwinden zu lassen und statt dessen eine Puppe hinzusetzen. Ich ließ sie in ihre Lieblingsfarbe Lavendel kleiden, dieselbe Farbe, die sie trug, als ich sie das erste Mal sah und für die Mondgöttin Diana hielt.
    Der Zug ihrer Vorfahren war prächtiger als der jeden Römers. Im ersten Wagen stand die Mimin Corinna, die eine Maske von Julias Gesicht trug — ich hatte der Venus meines Tempels, der Venus Victrix, in meinem Theater Julias Gesicht geben lassen.
    Corinna trug auch das goldene Gewand der Venus. Alle waren sie da, vom ersten julischen Konsul bis zu Quintus Marcius Rex und Cinna, vierzig Wagen mit Vorfahren, und alle Pferde so schwarz wie Obsidian.
    Auch ich war dabei, obwohl ich die Stadtgrenze eigentlich ja nicht stadteinwärts überschreiten durfte. Aber ich sagte den Liktoren der dreißig Kurien, daß an diesem besonderen Tag meine Pflichten als Aufseher über die Getreide versorgung mir das Recht gäben, vor Antritt meiner Statthalterschaften die heilige Grenze zu überschreiten. Ich glaube, Ahenobarbus hatte Angst, denn er hinderte mich nicht daran.
    Wovor hatte er Angst? Vor der auf dem Forum versammelten Menschenmenge. Caesar, ich habe so etwas noch nie gesehen, nicht bei einer Beerdigung, auch nicht bei der Sullas. Zu Sulla kamen sie aus Neugier, zu Julia, um zu weinen. Tausende und Abertausende Menschen, einfache Leute. Aurelia meint, weil Julia in der Subura unter ihnen aufgewachsen sei. Dort wurde sie angebetet, und das wird sie immer noch. Und so viele Juden! Ich wußte gar nicht, daß es in Rom so viele gibt. Unverkennbar mit ihren langen Locken und langen lockigen Bärten. Natürlich hast Du sie als Konsul gefördert, Du bist ja auch unter ihnen aufgewachsen, ich weiß. Aber Aurelia besteht darauf, daß sie wegen Julia kamen.
    Zuletzt bat ich noch Servius Sulpicius Rufus, von der Bühne der Volksversammlung die Grabrede zu halten. Ich weiß nicht, wer Dir am liebsten gewesen wäre, aber ich wollte einen wirklich großen Redner. Irgendwie konnte ich mich im entscheidenden Moment aber nicht überwinden, Cicero zu fragen. Er hätte es natürlich getan, wenn nicht für Dich, dann für mich. Aber er wäre, glaube ich, nicht mit dem Herzen bei der Sache gewesen. Er kann nie der Gelegenheit widerstehen, sich zu produzieren, während Servius ein aufrechter Mensch ist, ein Patrizier und ein besserer Redner als Cicero, wenn es nicht um Politik und Verrat geht.
    Nicht daß es einen Unterschied gemacht hätte, die Rede wurde nie gehalten. Von unserem Haus auf den Carinae hinunter zum Forum verlief alles genau nach Plan. Wo die vierzig Wagen mit den Vorfahren entlangfuhren, war es totenstill, man hörte nur das Weinen Tausender. Doch als Julia an der Regia vorbei zum offenen Platz des unteren Forums getragen wurde, begannen alle zu stöhnen und zu jammern, ja zu schreien. Das Geheul der Barbaren auf dem Schlachtfeld hat mir weniger Angst gemacht als diese markerschütternden Schreie. Die Massen wogten auf die Bahre zu, und niemand konnte sie aufhalten. Ahenobarbus und einige Volkstribunen versuchten es, aber sie wurden wie Blätter in der Flut beiseite geschoben. Im nächsten Augenblick hatten die Menschen die Bahre bereits zur Mitte des offenen Platzes getragen und begonnen, alle möglichen Dinge zu einem Scheiterhaufen aufzuschichten — Schuhe, Papier, Holzscheite, alles wurde vom Rand der Menge über die Köpfe nach innen weitergereicht — ich weiß nicht, woher.
    Sie verbrannten sie an Ort und Stelle, mitten auf dem Forum Romanum. Ahenobarbus bekam auf den Stufen des Senats einen Tobsuchtsanfall, und Servius stand entsetzt auf der Rednerbühne, wohin auch die Schauspieler geflohen waren, und alle starrten auf die Menge hinunter wie die Frauen der Barbaren, die wissen, daß die Legionäre sie gleich niedermetzeln werden. Durch
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