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Mondschwingen (German Edition)

Mondschwingen (German Edition)

Titel: Mondschwingen (German Edition)
Autoren: Jasper Sand
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war von seinem Sessel aufgestanden und schaute zu den zwei
Königinnen am Fenster. „Ich dachte nur … vielleicht wäre sie noch nützlich …“,
murmelte er und seine Wangen glühten.
    „Ich höre Schritte!“ Nun
war es Einar, der die Aufmerksamkeit an sich riss. Er schwebte zum Ende des
Saales und sah in den Gang dahinter. „Wächter kommen immer näher.“
    Keiner im Saal rührte
sich, nur das weißhaarige Mädchen lief plötzlich mit schweren Schritten los.
    „Was tust du?“ Die
ältere Frau rannte dem Mädchen hinterher, ergriff sie am Arm, doch das Mädchen
lief weiter.
    „Ich suche die Magier.
Bevor es zu spät ist.“
    „Du hast die Königin
gehört. Wir können nichts tun, erst recht nicht du.“
    Das Mädchen ging ohne
ein Wort zu sagen, ihr älteres Abbild folgte ihr schimpfend.
      „Geh und schau nach den Magiern“, bat Toiva Einar
leise.
    Er schüttelte den Kopf.
„Ich kämpfe gegen die Wächter. Sie werden dich und die anderen töten, wenn ich
sie nicht aufhalte.“
    Noch bevor sie ihm
widersprechen konnte, verschwand auch er. Die Schritte der Wächter wurden
lauter, doch der Gang war immer noch leer.
    „Schließ die Türe“,
befahl Toiva dem Diener im schwarzen Umhang. Er verbeugte sich spöttisch,
tappte über die grauen Marmorfliesen und schloss leise die Türen.
    Liv sah sich im
Thronsaal um und lächelte. Sie sah überhaupt nicht aus, wie Toiva sie sich
vorgestellt hatte. Sie war nicht hässlich und auch nicht dick und fettige Haare
hatte sie auch nicht. Toiva hätte kämpfen sollen. Einen blutigen,
allesentscheidenden, allerletzten Kampf. Doch sie senkte nur die Waffe und tat
nichts und lauschte nur den Schritten hinter den Türen. Was hätte sie durch
ihren Tod erreicht?
    „Da stehen wir also. Am
Ende einer langen Zeit.“ Liv sah sich müde um. Vier Gäste standen dort, in
ihrem Saal.
    Linus. Rubens. Toiva.
Svija. Sie alle wussten, dass es zu spät war, etwas zu tun. Sie alle warteten
auf das Ende.

 
 
                                                   

 
 
 
 
 
                  

 

 
    Epilog

 
    „So geht also alles
vorbei.“ Die Vorhänge tanzten an den Wänden, als Liv eines der Fenster öffnete.
Asche wirbelte in den Saal und verfing sich in den Haaren der Königin.
    „Ihr sagtet, Ihr seid
meine Mutter.“ Linus war wütend auf Liv, auf ihre Lügen, alle ihre falschen
Worte, bei denen sie ihn angesehen hatte, als sagte sie die Wahrheit. Wo
steckte der Sinn hinter all den Lügen?
    „Warum lasst Ihr es dann
zu, dass ich sterbe?“ Er wollte nicht ängstlich klingen und erst recht nicht
wütend, denn die Königin kümmerte ihn nicht.
    Liv sah über die
Schulter zu ihm zurück. „Hab ich denn jemals behauptet, dass ihr sterben
werdet, wenn der letzte Mond verschwindet?“
    Toiva lachte. „Ihr wollt
uns also erzählen, Ihr macht die ganze Sache aus Nächstenliebe heraus?“  
    „Ich erzähle gar nichts,
wenn man mich nicht erzählen lässt“, entgegnete Liv unwirsch und wirkte zum
ersten Mal, seitdem Linus sie gesehen hatte, fahrig und unruhig. Schwere Schritte
hallten im Gang außerhalb des Saales, rasch kamen sie näher. Jemand klopfte
gegen das schwere Holz und der Türspalt öffnete sich. „Eure Majestät.“ Ein
blutüberströmter Wächter taumelte auf der Schwelle und suchte nach Halt.
    „Schon gut. Ich bin
nicht in Gefahr. Geh zurück und ergebe dich zusammen mit den anderen
Überlebenden.“ Liv scheuchte ihn mit wedelnder Hand fort, als sei er nur ein
Insekt, kaum wert zu leben.
    Der bedauernswerte Mann
sah sich im Saal um, ihm lag ein Wort auf den Lippen, doch als hinter ihm
Schreie erklangen, verbeugte er sich schnell, schloss die Türe und rannte
zurück. „Jedenfalls“, fügte Liv schlechtgelaunt hinzu „wäre ich dankbar, wenn
man mich ausreden lässt.“ Sie funkelte Toiva bitterböse an. „Ich entdeckte vor
vielen Jahren ein Buch in den Bibliotheken der Burg. Mein Vater wusste nicht,
dass ich Bücher las, er verbat es mir, da zu viel Tinte das Hirn verklebt. Das
sagte er damals immer. Ich stahl mich in die Bibliotheken und las heimlich,
meistens in der Nacht, wenn ich nur mit einer Kerze oder einer Laterne durch
die Dunkelheit schlich. Der Duft von Kerzen und der Geruch alter Bücher
erinnern mich an jene Nächte. Ich las viele Bücher, ich suchte mir die
Heldengeschichten heraus, die von starken und von sagenumwobenen Helden handelten,
von Schlachten und von rauschenden
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