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Mondmädchen

Mondmädchen

Titel: Mondmädchen
Autoren: Boje Verlag
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was?«
    »Meine Männer sichern das Außengelände und patrouillieren auf den Gängen des Palastes. Ich kann keinen Harem von Eunuchen und verweichlichten, geschminkten Männern brauchen, die meinen Palast bevölkern.«
    »Marcus! Es handelt sich hier um meinen Palast, meinen Bereich. Du hattest kein Recht …«, sagte Mutter mit zusammengebissenen Zähnen.
    Er lächelte sein charmantestes Lächeln und hatte ein Glitzern in den Augen. »Beruhige dich, Liebste. Ich habe alles unter Kontrolle.«
    Die grünlich-goldenen Augen meiner Mutter funkelten. Normalerweise erschien mir Mutters Gesicht weicher ohne ihre zeremonielle Schminke – die eine ihrer Zofen, entweder Charmion oder Iras, wohl gleich nach dem Festmahl abgeschrubbt haben musste – aber nicht in diesem Augenblick. Wenn Mutter mich so angestarrt hätte, wäre ich vermutlich in Flammen aufgegangen. Ich zupfte am Saum meines Schlafgewandes herum und krümmte die Zehen auf dem kalten Fußboden, während ich mit großen Augen dastand, die knisternde Energie zwischen meinen Eltern spürte und nicht wusste, was ich tun sollte.
    Tata musste sehr viel Wein auf einmal heruntergeschluckt haben, denn er stellte den Kelch ab und rülpste laut. Das Geräusch kam so unerwartet, dass ich kichern musste. Mutters Blick richtete sich auf mich. Ich hasste es, wenn sie mich so ansah – als hätte ich sie zugleich überrascht und enttäuscht. Zu meinem Entsetzen stiegen mir die Tränen in die Augen.
    »Komm her«, sagte Vater zu mir, als er sich auf der mit Seide bezogenen Bank gegenüber Mutter niederließ. Er hob mich hoch und setzte mich auf seinen Schoß. Seine Augen waren gerötet und hatten tiefe Ringe, seine Wangen waren stoppelig. Er roch nach Wein und nach dem Rosmarin-Kranz, den er zuvor beim Festmahl getragen hatte.
    »Ist ja nichts passiert, meine Kleine, den Göttern sei Dank. Ich hätte dir doch niemals etwas getan«, sagte er, weil er den Grund für meine Tränen falsch verstand. »Aber schleich dich nie, niemals wieder an mich heran, ja?«
    »Ich wusste ja nicht, dass du hier sein würdest, Tata«, sagte ich. »Ich … ich gehe manchmal zu Mutter, wenn ich nicht schlafen kann.«
    Er wandte sich zu ihr, zog die Augenbrauen in die Höhe, ein schiefes Lächeln zeigte sich auf seinen Lippen. »Ich dachte, du hättest gesagt, dass du keine nächtlichen Besucher empfängst«, sagte er.
    »Das tue ich auch nicht«, erwiderte Mutter kühl, was mich verwirrte. Besuchte ich sie nicht regelmäßig mitten in der Nacht? »Unsere neue junge Königin von Kreta und der Kyrenaika ist eine wahre Tochter des Mondes, ein Mondmädchen«, fuhr sie fort. »Sie schläft nicht gerne.«
    Er schmunzelte. »Da kenne ich noch jemand, die genau so ist.«
    Zu meiner Überraschung lächelte Mutter nicht zurück. Es gab nur wenige Menschen, die seinem berühmten schiefen Grinsen widerstehen konnten.
    »Jetzt sag mir, was du belauscht hast«, wollte Tata von mir wissen.
    »Dass du dieses kleine Würstchen Octavian nicht leiden kannst«, gab ich zur Antwort.
    Vater brach in Lachen aus. »Ja, bei den Göttern, das stimmt genau! Von nun an soll er in all unseren Gesprächen nur noch ›dieses kleine Würstchen Octavian‹ genannt werden.«
    Nun musste auch Mutter lächeln. Irgendwie hatte sich die Spannung gelöst. Ich grinste erleichtert. Mir gefiel der Gedanke, dass ich meinen riesenhaften Vater zum Lachen bringen und ein Lächeln auf die schönen Lippen meiner Mutter zaubern konnte. Ich war nicht sicher, welche meiner Worte, die beiden so erheitert hatten – nur, dass ich das wieder erreichen wollte. Und zwar bald. Vater nahm mein Gesicht in seine großen, kräftigen Hände und küsste mich auf die Stirn.
    »Kleopatra Selene«, sagte Mutter und ich wandte mich zu ihr um. Sie stand neben der Tür. Ich hatte nicht gesehen und nicht gehört, dass sie sich bewegt hatte. »Es ist jetzt Zeit, dass du in deine Gemächer zurückkehrst.«
    Ich wollte nicht gehen. Ich wollte auf dem Schoß meines Tata bleiben, und so lehnte ich meinen Kopf an seine Schulter und schlang die Arme um seinen Hals.
    Vater rieb mir über den Rücken. »Ach, die Götter sind wirklich gnadenlos, mir gleich zwei Kleopatras zu schenken, denen ich nicht widerstehen kann.« Er wuschelte mir durch die Haare. »Aber es ist schon sehr spät. Es wird Zeit, dass du in dein Bett zurückgehst.«
    »Nein, warte«, rief ich, weil mir nun wieder einfiel, warum ich überhaupt hergekommen war. »Ich habe eine Frage.«
    »Dann frage«, sagte
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