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Momo

Momo

Titel: Momo
Autoren: Michael Ende
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und sich in der Zwischenzeit bereits Taucheranzüge angezogen hatten, ins Wasser und verschwanden in der blauen Tiefe.
Eine Weile lang erschienen nur Luftblasen an der Meeresoberfläche, aber dann tauchte plötzlich eines der Mädchen, Sandra mit Namen, auf und rief keuchend: „Es handelt sich um eine Riesenqualle! Die beiden anderen hängen in ihren Fangarmen fest und können sich nicht mehr befreien. Wir müssen ihnen zu Hilfe kommen, ehe es zu spät ist!“ Damit verschwand sie wieder.
Sofort stürzten sich hundert Froschmänner unter der Führung ihres erfahrenen Hauptmannes Franco, genannt „der Delphin“, in die Fluten. Ein ungeheurer Kampf entbrannte unter Wasser, dessen Oberfläche sich mit Schaum bedeckte. Aber es gelang selbst diesen Männern nicht, die beiden Mädchen aus der schrecklichen Umklammerung zu befreien. Zu gewaltig war die Kraft dieses riesenhaften Quallentieres! „Irgend etwas“, sagte der Professor mit gerunzelter Stirn zu seinen Assistentinnen, „irgend etwas scheint in diesem Meer eine Art Riesenwachstum zu verursachen. Das ist hochinteressant!“ Inzwischen hatten Kapitän Gordon und sein Erster Steuermann Don Melú sich beraten und waren zu einer Entscheidung gekommen. „Zurück!“ rief Don Melú, „alle Mann wieder an Bord! Wir werden das Untier in zwei Stücke schneiden, anders können wir die beiden Mädchen nicht befreien.“
„Der Delphin“ und seine Froschmänner kletterten an Bord zurück. Die „Argo“ fuhr nun zunächst ein wenig rückwärts und dann mit voller Kraft voraus, auf die Riesenqualle zu. Der Bug des stählernen Schiffes war scharf wie ein Rasiermesser. Lautlos und beinahe ohne fühlbare Erschütterung teilte er die Riesenqualle in zwei Hälften. Das war zwar nicht ganz ungefährlich für die beiden in den Fangarmen festgehaltenen Mädchen, aber der Erste Steuermann Don Melú hatte deren Lage haargenau berechnet und fuhr mitten zwischen ihnen hindurch. Sofort hingen die Fangarme beider Quallenhälften schlaff und kraftlos herunter, und die Gefangenen konnten sich herauswinden.
Freudig wurden sie auf dem Schiff empfangen. Professor Eisenstein trat auf die beiden Mädchen zu und sprach: „Es war meine Schuld. Ich hätte euch nicht hinunterschicken dürfen. Verzeiht mir, daß ich euch in Gefahr gebracht habe!“
„Nichts zu verzeihen, Professor“, antwortete das eine Mädchen und lachte fröhlich, „dazu sind wir schließlich mitgefahren.“ Und das andere Mädchen setzte hinzu: „Die Gefahr ist unser Beruf.“ Zu einem längeren Wortwechsel blieb jedoch keine Zeit mehr. Über den Rettungsarbeiten hatten Kapitän und Besatzung gänzlich vergessen, das Meer zu beobachten.
Und so wurden sie erst jetzt, in letzter Minute, gewahr, daß inzwischen der „Wandernde Wirbelsturm“ am Horizont aufgetaucht war und sich mit rasender Geschwindigkeit auf die „Argo“ zubewegte.
Eine erste gewaltige Sturzwelle packte das stählerne Schiff, riß es in die Höhe, warf es auf die Seite und stürzte es in ein Wellental von gut fünfzig Metern Tiefe hinab. Schon bei diesem ersten Anprall wären weniger erfahrene und tapfere Seeleute als die der „Argo“ zweifellos zur einen Hälfte über Bord gespült worden und zur anderen in Ohnmacht gefallen. Kapitän Gordon jedoch stand breitbeinig auf der Kommandobrücke, als sei nichts geschehen, und seine Mannschaft hatte ebenso ungerührt standgehalten. Nur die schöne Eingeborene Momosan, an solche wilden Seefahrten nicht gewöhnt, war in ein Rettungsboot geklettert.
In wenigen Sekunden war der ganze Himmel pechschwarz. Heulend und brüllend warf sich der Wirbelsturm auf das Schiff, schleuderte es turmhoch hinauf und abgrundtief hinunter.
Und es war, als steigere sich seine Wut von Minute zu Minute, weil er der stählernen „Argo“ nichts anhaben konnte.
Mit ruhiger Stimme gab der Kapitän seine Anweisungen, die dann vom Ersten Steuermann laut ausgerufen wurden. Jedermann stand an seinem Platz. Sogar Professor Eisenstein und seine Assistentinnen hatten ihre Instrumente nicht im Stich gelassen. Sie berechneten, wo der innerste Kern des Wirbelsturmes sein mußte, denn dorthin sollte die Fahrt ja gehen. Kapitän Gordon bewunderte im stillen die Kaltblütigkeit dieser Wissenschaftler, die ja nicht wie er und seine Leute mit dem Meer auf du und du standen.
Ein erster Blitzstrahl zuckte hernieder und traf das stählerne Schiff, welches daraufhin natürlich ganz und gar elektrisch geladen war. Wo man hinfaßte, sprangen einem die
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