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Moerderische Idylle

Moerderische Idylle

Titel: Moerderische Idylle
Autoren: Leif GW Persson
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sagst, dann wirst du das rechtzeitig merken«, erklärte Holt. »Mir recht.«
     
    Keine Drohungen, keine Versprechen, keine Eile. »Ansonsten darfst du nach Herzenslust die miese Kuh spielen«, erklärte Holt.
    »Letzteres dürfte wohl kein Problem sein«, meinte Anna Sandberg.
     
    »Da ich die ganze Zeit versucht habe, dir gegenüber ehrlich zu sein, Bengt, wollte ich dir diese Aufstellung zeigen«, sagte Anna Holt und reichte ihm Jan Lewins Zeitplan.
    »Das weiß ich wirklich zu schätzen«, sagte Mänsson höflich.
    »Wie gut«, sagte Anna Holt mit freundlichem Lächeln. »Dann schlage ich vor, dass du das in aller Ruhe liest. Alles, was hier steht, wissen wir schon, ohne dich fragen zu müssen, aber es wäre doch interessant, auch deine Erklärung zu hören.«
     
    Fünf Minuten später war Bengt Mänsson mit Lesen fertig.
     
    »Ja, ich sehe, was hier steht«, sagte Mänsson. »Und jetzt, wo ich es sehe, kann ich mich schon erinnern, dass Linda mir an diesem Abend begegnet ist… in dieser Nacht, meine ich«, korrigierte er sich. »Ich weiß noch, dass wir zuerst miteinander geredet haben, und dann hatten wir Sex. Auf einem Sofa, glaube ich… aber danach setzt meine Erinnerung einfach aus.«
    »Deine Erinnerung setzt einfach aus«, wiederholte Anna Holt.
    »Die ist einfach wie ein schwarzes Loch«, sagte Bengt Mänsson.
    »Und was ist dann deine nächste Erinnerung«, fragte Holt.
     
    Mänsson erinnerte sich, dass er eine alte Bekannte getroffen hatte. Er war bei ihr zu Hause gewesen. Sie wohnte in Kalmar. Tagsüber hatten sie Sex gehabt. Abends waren sie im Konzert gewesen. Gyllene Tider. Das wusste er noch. Er hatte die Karten sogar schon vor Mittsommer besorgt. Über Beziehungen, die mit seiner Arbeit zusammenhingen.
    Aber danach war alles schwarz. Vor allem, weil er ohne zu wissen, warum, die ganze Zeit entsetzliche Angst gehabt hatte. Das wusste er noch. Dass er einfach weggegangen war. Er hatte seine Bekannte stehen lassen. War nach Hause in seine Wohnung gefahren. Er glaubt, in Kalmar den Bus nach Växjö genommen zu haben. Schwarzes Loch, große Angst, wieder zu Hause. Unklar wann, aber es musste irgendwann tagsüber gewesen sein, weil Leute auf der Straße gewesen waren.
    »Irgendwann am Samstag, mitten am Tag, warst du wieder zu Hause«, sagte Holt.
    »Wenn du meinst«, sagte Mänsson und zuckte mit den Schultern. »Bei mir ist da nur ein schwarzes Loch.«
    »Hast du irgendwelche Fragen, Anna«, fragte Anna Holt und wandte sich ihrer Kollegin zu.
    »Du kannst dich also nur daran erinnern, dass du dich an nichts erinnerst«, sagte Anna Sandberg säuerlich.
    »Ja«, sagte Mänsson und sah sie an, als hätte er ihre Anwesenheit gerade erst entdeckt.
    »Aber an deine Gedächtnislücke kannst du dich ganz sicher erinnern«, sagte Anna Sandberg.
    »Ja«, sagte Mänsson. »Das ist einfach ein schwarzes Loch.«
    »Zwischen vier Uhr morgens in der Nacht zum Freitag bis zum Freitagvormittag gibt es nur ein schwarzes Loch?«
    »Ja«, sagte Mänsson. »Genauso ist es. Es ist einfach unerklärlich.«
    »Ja, das ist es allerdings«, stimmte Anna Sandberg zu. »Ich habe noch nie von einer so exakten Gedächtnislücke gehört. Seltsam, dass du dich so gut daran erinnern kannst. Dass du dich genau an das erinnerst, woran du dich nicht erinnerst, meine ich, und dass du außerdem das Glück hast, dass es eben den Moment betrifft, wo du Linda vergewaltigt und erwürgt hast.«
    »Du glaubst doch wohl nicht, dass ich in solchen Dingen lügen würde«, fiel Mänsson ihr ins Wort.
    »Du traust dich sicher nicht, es zuzugeben«, sagte Anna Sandberg und zuckte mit den Schultern. »Du bist schlichtweg zu feige. Eigentlich tust du dir einfach nur leid.«
    »Dieses schwarze Loch«, warf Anna Holt besänftigend ein. »Du kannst nicht versuchen, das zu beschreiben? Wie sieht es aus?«
     
    Wie ein ganz normales schwarzes Loch. Das ihm schreckliche Angst einjagte, ohne dass er begriff, warum.
     
    »Es scheinen schreckliche Dinge passiert zu sein, als du da unten in dem Loch warst«, stellte Anna Sandberg fest. »Was hältst du von dem Versuch, aus dem Loch herauszuklettern?«
    »Wie meinst du das?«, fragte Mänsson.
    »Indem du uns erzählst, was du da unten gemacht hast. Als du da unten warst«, erklärte sie.
    »Ich weiß nicht«, sagte Mänsson. »Ich bin da einfach gelandet.«
     
    Weiter waren sie nicht gekommen, obwohl sie es den ganzen Tag versucht hatten. Gegen Ende hatte Mänsson selbst etwas erzählen wollen. Etwas
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