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Modesty Blaise 07: Die silberne Lady

Modesty Blaise 07: Die silberne Lady

Titel: Modesty Blaise 07: Die silberne Lady
Autoren: Peter O'Donnell
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sich im warmen Schlafsack zurück. Der Brandy wärmte ihn von innen. «Wir müssen uns abwechseln», sagte er mühsam. Es war plötzlich eine große Anstrengung, Worte zu finden. «Sie müssen sich auch ausruhen, und ich kann …» Die Worte wurden undeutlich und verloren sich im Schweigen. Er schlief.
    Die schlechtgehaltene kleine Straße klebte am Hang des gewundenen Tals, eine Felswand auf einer Seite, ein senkrechter Absturz von fünfzehn bis achtzehn Metern auf der anderen. An einer Stelle wurde die Felswand von einem kleinen Graben durchbrochen, der von oben in die Straße einmündete. Es war einer jener seltenen Tage im frühen April, wenn die Luft im Frühlicht trocken ist und die Sonne einen ersten Vorgeschmack ihrer sommerlichen Hitze gibt.
    Willie Garvin stand am Straßenrand, wo der Graben einmündete und horchte. Lady Janet stand auf einem Bein, Quinn hatte als Stütze den Arm um ihre Taille gelegt. Ihre Haare klebten staubig und feucht an ihrem Kopf. An den Schenkeln war ihre Hose schwarz vom Schweiß auf Willies Rücken. Quinns Schuhe waren von den Felsen abgestoßen und zerschnitten, seine Hose an beiden Knien zerrissen. Er sah aus wie eine Vogelscheuche. Seine Augen waren voll Verzweiflung, als er mit trockenen Lippen sagte: «Sie werden es erraten.
    Sie werden draufkommen, daß wir Tarrant nicht auch noch tragen können. Sie werden es erraten, daß sie ihn durch die Rinne hinausgebracht hat. Dieses amerikanische Schwein ist vielleicht ein Irrer, aber er hat Instinkt.»
    «Halt den Mund, ich horche», sagte Willie geistesabwesend. Da war nichts als das tiefe Schweigen der Pyrenäentäler. Kein Autogeräusch. Er entspannte sich nur ein wenig. Die nächste Viertelstunde, wo sie auf der Straße ungeschützt sein würden, machte ihm wenig Freude. Sie würden fast einen Kilometer auf der Straße gehen müssen, bis der Steilabsturz zum Hang wurde und sie ins nächste Tal ausweichen konnten. Abseits der Straße gab es wenigstens ein wenig Deckung. Auf der Straße selbst würden sie jetzt fünfzehn Minuten ungedeckt sein.
    Er wandte sich zu Quinn und Janet. «Gut. Alles an Bord. Dieses Stück bringen wir so schnell wie möglich hinter uns.»
    «Denkst du denn überhaupt nicht an sie?» fragte Quinn mit einer Art nervösem Zorn.
    «Eh? An wen?»
    «An Modesty, um Himmels willen. Ich sagte eben, sie werden es erraten und sie verfolgen.»
    Willie wandte Janet den Rücken zu, daß sie ihre Arme um seinen Hals legen konnte, und hob sie auf.
    Seine geprellte Schulter war ein einziger tobender Schmerz, und er war sehr erschöpft. Geduldig antwortete er: «Quinn, alter Junge, du machst es dir selbst schwer. Du packst alle deine Schwierigkeiten aus einem großen Sack und brütest darüber. Ich werde anfangen, mir über Modesty Sorgen zu machen, wenn ich etwas tun kann. Jetzt halt endlich den Mund!»
    «Geh nicht auf ihn los, Willie», sagte Janet müde.
    «Ich muß auch immer an sie denken. Und dieser arme alte Mann. Wir sind aus der Sache draußen, aber –»
    «Hoffen wir, daß du recht hast, Liebling. Los geht’s.»
    Sie begannen die Straße entlang zu gehen. Willie schlug einen Schritt an, der fast ein Lauf war. Über einen halben Kilometer entfernt lag Tokuda auf einem hohen Felsvorsprung und schaute durch einen Feldstecher. Er senkte ihn und begann den langen Abhang hinunterzurutschen, bis zu der Stelle, wo der Citroën stand. Colonel Jim saß hinter dem Lenkrad, Clare neben ihm, Da Cruz und Muro auf den Rücksitzen. Clare und Da Cruz hielten Maschinenpistolen, Colonel Jim trug einen schweren 45er Colt in einer Pistolentasche an der Hüfte. Nur Mellish war im Château Lancieux zurückgeblieben, um die Gegend zu beobachten.
    Janet hörte das ferne Geräusch als erste. Sie hatten gerade einen Punkt passiert, wo die enge Straße plötzlich weiter wurde, eine Ausweichstelle für entgegenkommende Wagen. Am Rand des Steilabfalls war hier einmal ein Stacheldrahtzaun gewesen, aber der war schon lange zusammengebrochen, und nichts war übriggeblieben als ein paar rostige Winkeleisenträger.
    Janet sagte: «Willie, ich habe ein Auto gehört.»
    Sie blieben stehen und horchten. Janet schüttelte den Kopf. «Jetzt ist es wieder fort. Das Echo in diesem Tal täuscht, aber ich bin sicher, daß ich es gehört habe. Von irgendwo da hinten.»
    Willie schaute sich um. Er bezweifelte Janets Worte nicht. Colonel Jim oder Sexton kamen, wahrscheinlich mit Unterstützung, und es gab keine Möglichkeit, von der Straße wegzukommen
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