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Model-Ich (German Edition)

Model-Ich (German Edition)

Titel: Model-Ich (German Edition)
Autoren: Eva Padberg
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hatte. Ich hatte mein neues Zu Hause gefunden.
    Es dauerte zwar noch einige Jahre, bis ich wirklich nach Berlin zog. Doch nach dieser Nacht war mir klar, dass es so kommen musste. Die Stadt versammelt das Beste aus allen Großstädten, in denen ich vorher gelebt hatte. Wenn ich nachts im Kiosk schnell noch einen Becher Ben & Jerry’s kaufe oder an einem Freitagnachmittag auf der Friedrichstraße im Getümmel untergehe bin ich gefühlt in New York. Beim Austernessen bei unserem Nachbarschaftsfranzosen ist es fast, als sei ich in Paris. Überhaupt haben Berlins Speisekarten alles zu bieten, worauf man gerade Lust hat. Was auch daran liegt, dass hier alle fünf Sekunden irgendein neues Restaurant eröffnet.
    Obwohl sich die Stadt immer weiterentwickelt, bleibt sie unverwechselbar sie selbst. Jung und laut und angenehm ruppig. Egal, wie lange ich zwischendurch mal weg bin, sobald ich wieder in Berlin lande, bin ich daheim. Wie bei einem alten Freund, mit dem man sich immer vertraut fühlen wird.
    Wenn ich beim Arbeiten im Ausland erzähle, wo ich lebe, werde ich oft um meine Wahlheimat beneidet. Es macht mich schon ein bisschen stolz, dass in meine Stadt Menschen aus der ganzen Welt kommen, ob um ein ganzes Wochenende lang in den besten Clubs der Welt zu feiern oder um für immer zu bleiben.
    Seit einigen Jahren hat die deutsche Hauptstadt eine eigene Fashion Week und dass ich bei den ersten drei Veranstaltungen das Gesicht dieser Modewoche sein durfte, hat mich unglaublich gefreut. Weniger gefreut hat mich die Einstellung vieler Kritiker,
die anscheinend nicht glauben konnten, dass Berlin eine ebenso lebendige wie legitime Modeszene hat wie andere Metropolen. Man schien verblüfft, dass keine internationalen Größen ihre Kollektionen hier präsentierten, stempelte die Fashion Week als nicht einflussreich genug ab und erklärte die Veranstaltung als gescheitert.
    Leute! Was habt ihr denn erwartet? Dass die ganze Welt sofort nach Berlin pilgern würde und sich Modeunternehmen hier von einem Tag auf den nächsten ansiedeln würden? Statt so viel Kleinmut hätte es ein bisschen Zuspruch gebraucht. So schnelllebig das Modegeschäft auch ist, es dauert einfach, bis eine Stadt zur Modestadt aufsteigt. Ich habe die Entwicklungen in New York, Paris und Mailand nicht persönlich miterlebt, aber ich bin so kühn, zu behaupten: Da hat auch nicht gleich alles reibungslos funktioniert. Und Berlin ist auf dem besten Weg. Mit eigenen Designern, die für den Stil der Stadt stehen, und jedes Jahr mit mehr Besuchern, mehr Schauen, mehr Ausstellern.
    Zumindest einige der Schwarzseher haben inzwischen eingesehen, dass man aus Berlin keine andere Stadt machen kann und auch gar nicht muss. Jeder, der hier lebt, weiß: Sie ist einzigartig. Ich habe in ihr den Ort gefunden, an dem ich zu Hause bin und mich gleichzeitig wie eine Weltreisende fühle.

BODENSTÄNDIG
    DEN MEDIEN ZUFOLGE stehen zwei Dinge über mich fest. Erstens: Ich habe kein Problem mit Nacktfotos. Zweitens: Ich bin sehr bodenständig. Oder müsste es heißen: Erstaunlich bodenständig? Denn über Ersteres scheint sich keiner so sehr zu wundern wie über Zweites. Nacktsein passt offenbar besser zum Profil eines Models als Nettsein. Darüber, wie gerne ich mich wirklich für Fotos ausziehe, später mehr. Erst mal zu meinem Ruf als bodenständiges Mädchen von nebenan.
    Das bin ich gar nicht. Zumindest nicht mehr. Ich habe eine Putzfrau, die einmal in der Woche kommt, ein Zimmer nur für Klamotten und seitdem ich zum ersten Mal Business-Class geflogen bin, kommt mir Economy wirklich vor wie die Holzklasse. Allein das dürfte mich für die Kategorisierung disqualifizieren. Aber ich mag die einfachen Dinge in meinem Leben. Gutes Essen, gute Freunde, gute Musik – nicht zwingend in dieser Reihenfolge.
    Während ich um die Welt gejettet bin, habe ich mich oft nach Hause gesehnt. Für mich kam gar nichts anderes infrage, als zwischen New York und Erfurt zu pendeln. Unsere erste Wohnung in Erfurt teilten Niklas (damals mein Freund, heute mein Mann) und ich uns mit zwei seiner Kommilitonen und sie war, wie es sich für eine echte Studentenbude gehört, in einem üblen Zustand. Bevor wir einziehen konnten, mussten wir wochenlang die Böden abschleifen, tapezieren und aus einem Raum, der ursprünglich Bad und Küche in einem war (wer denkt sich nur so was aus?), irgendwie ein halbwegs vernünftiges Badezimmer machen. Es war in der Wohnung andauernd kalt, die Einrichtung bestand aus
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